Ausstellung:Wiedersehen mit Guilio

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Viele Vernissage-Gäste erleben die Eröffnung der Beda-Ausstellung in der Sparkassen-Zentrale als erneute Begegnung mit dem Künstler. Der Maler war im Stadtbild der fünfziger Jahre eine markante Erscheinung und in Dachau sehr populär

Von Robert Stocker, Dachau

Es sind diese stimmungsvollen Ansichten von Dachau und seiner Umgebung, die typisch für die Maler der ehemaligen Künstlerkolonie sind. Eine Besucherin der Ausstellung in der Schalterhalle betrachtet ein großformatiges Gemälde mit dem Titel "Blick auf die Pollnstraße". Damals, um 1920 herum, lag diese Straße fast noch in freier Natur. Guilio Beda, der diese Ansicht geschaffen hat, wohnte hier, bis er 1954 in Dachau starb. Für viele Dachauer, die mittlerweile in die Jahre gekommen sind, ist der leidenschaftliche Landschaftsmaler ein Begriff. "Mein Mann hat ihn noch persönlich gekannt", sagt die Betrachterin des Gemäldes. "Im Sommer ist er oft im Pollnbach zum Baden gegangen, das war ein ganz uriger und humoriger Mann." Der Künstler, dem die Sparkasse jetzt erstmals seit 1929 eine große Ausstellung widmet, pflegte mit den Menschen einen unkomplizierten und herzlichen Umgang. Er war eine Größe der damaligen Dachauer Künstlerszene, die keine Berührungsängste mit Menschen hatte.

Wenn die beiden wichtigsten Dachauer Geldinstitute Sparkasse und Volksbank Raiffeisenbank zu Ausstellungen in ihren Räumen bitten, ist die Resonanz bei den Kunstinteressierten meist enorm. Viele bedeutende Vertreter der Dachauer Schule, die einst Alt-Oberbürgermeister Lorenz Reitmeier wiederentdeckte, erhielten auf diese Weise eine großes Forum. Auch die Beda-Schau reiht sich in diese großen Ausstellungen ein. An die 300 Besucher lockt die Vernissage am Donnerstagabend an, Gäste aus Kunst und Kultur, aus Politik und Wirtschaft strömen in die große Schalterhalle am Sparkassenplatz. Selbstredend lassen es sich auch Reitmeier und Alt-Landrat Hansjörg Christmann nicht nehmen, bei der Eröffnung der Ausstellung dabei zu sein. Mittlerweile ist es die dritte Schau, die die Sparkasse zum 30. Jubiläum ihres Neubaus auf der Scheierlwiese organisierte. "Die Sparkasse versteht sich als Förderin der Kunst", sagt Vorstandsvorsitzender Hermann Krenn bei der Eröffnung. "Die Schau reiht sich ein in unsere Tradition, der Kunst in Dachau eine Bühne zu bieten."

Den Anstoß zur großen Beda-Retrospektive gab Peter Stadler, der Vorsitzende des Dachauer Museumsvereins. Die Ausstellung bot auch die Gelegenheit, den Menschen Guilio Beda vorzustellen. Kunsthistorikerin Bettina Best, die zur Ausstellung ein Buch verfasste, zeichnete den Künstler auch als Dachauer Original, der gern eine Krachlederne bis zu den Knien und einen spitzen Filzhut trug, so wie er als Spaß-Accessoire häufig auf der Wiesn zu sehen ist. Best skizzierte Bedas Schaffen und Lebensweg, der 1879 in Triest geboren wurde und die Kunstakademie in Venedig besuchte. Nach dem plötzlichen Tod seines Vaters Francesco, der bei der Arbeit in seinem Atelier starb, ging er nach München, wo er die renommierte Malschule von Heinrich Knirr absolvierte. 1907 ließ sich Beda in Dachau nieder und bezog ein Haus in der Pollnstraße. Dort wurde er zu einer der markantesten Künstlerpersönlichkeiten und einer der wichtigsten Chronisten des Dachauer Landes. In einigen Geschäften hängen noch Beda-Gemälde, die der mittellose, aber dennoch humorvolle Künstler als Zahlungsmittel für Waren eintauschte. Beda hielt fast jeden malerischen Winkel in der Stadt und ihrer Umgebung fest. In den zwanziger Jahren war er auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Der Literat Georg Hirschfeld nennt ihn 1926 einen "absoluten Maler", der dem "Schaffensrätsel" der Natur nachspürt. Entfesselte Farben, große Formate mit hohen Himmeln und ein skizzenhafter Pinselduktus lösen die Strenge seines Frühwerks ab. In Venedig entstehen Ansichten der Lagunenstadt, die von Licht und Farbe sprühen. Nur dieser einfühlsame Umgang mit Licht und Farbe schafft es nach Ansicht der Kunsthistorikerin, die unterschiedlichen Stimmungen in der Natur festzuhalten.

Eine indirekte Kritik an der abstrakten Kunst, die dem Vernissagebesucher Christian Maria Huber "runtergegangen ist wie Öl". "Natur kann man nicht abstrahieren", unterstreicht der Dachauer Maler, der eine naturalistische Darstellung bevorzugt. Schließlich habe schon Dürer gesagt, dass die Kunst in der Natur liege. Hubers Großvater Richard Huber, ein bekannter Dachauer Künstler, war mit Beda übrigens gut bekannt und wusste so manche Anekdote von ihm zu erzählen. Im Zieglerkeller berichtete ihm Beda von dem Besuch eines Künstlerkollegen bei ihm zu Hause. "Der ist bei meiner Frau gesessen und hat den ganzen Abend nur von Kunst geredet", spottete der italienische Maler mit Schweizer Wurzeln, der 1928 deutscher Staatsbürger wurde. Der ehemalige Sparkassendirektor Lederer wollte in seinem Chefbüro ein Beda-Werk an die Wand hängen. Doch das Gemälde war zu groß. Der Sparkassenchef bestellte den Künstler ein und fragte ihn, ob man das Bild mit dem riesigen Himmel nicht abschneiden könne. Der Maler schaute ungläubig und rief dann entrüstet: "Einen Beda schneidet man nicht ab." Für Erdwegs früheren Bürgermeister Michael Reindl käme das wohl auch nicht in Frage: "Einige Bilder sind sehr schön."

© SZ vom 18.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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