Tobias Strobl hat seinem Bild den Titel „Hoffnung aus Tränen geboren“ gegeben. Zu sehen ist eine blaue Chrysantheme, die sich in einer Pfütze spiegelt. Für ihn, so Strobl, stelle diese Blume einen Schimmer der Hoffnung dar, inmitten des Leides und der tristen Landschaft der Dachauer KZ-Gedenkstätte. Fotografiert hat der Jugendliche die Blume, die er in der Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers gefunden hat, auf den Grundrissen der einstigen Baracken.
Entstanden ist dieses Foto, wie viele andere im Rahmen eines Seminars, an dem polnische und deutsche Schülerinnen und Schüler teilgenommen haben. Im vergangenen Jahr waren bereits Jugendliche aus Dachau nach Oświęcim gereist und hatten dort gemeinsam mit polnischen Jugendlichen an der KZ-Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau fotografiert, nun haben polnische Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit Teilnehmenden vom Indersdorfer Gymnasium die KZ-Gedenkstätte Dachau fotografiert. Den Organisatoren geht es dabei zum einen um gelebte Völkerverständigung, zum anderen um junge Perspektiven auf die Erinnerungsarbeit. Knapp eine Woche Zeit hatten die Jugendlichen für ihre Bilder, die nun im Max-Mannheimer-Studienzentrum zu sehen sind. Unterstützt wurden die Teilnehmenden des Seminars von Ullrich Schmidt von der Akademie der bildenden Künste.
„Was sehen und beobachten junge Menschen heute an einem Gedenkort wie Dachau?“
Magdalena Geier, pädagogische Mitarbeiterin des Max-Mannheimer-Studienzentrums, und Landrat Stefan Löwl (CSU) betonen bei der Ausstellungseröffnung, wie wichtig junge Perspektiven und neue Arten der Erinnerungsarbeit sind. Deutschland brauche gerade in diesen Zeiten die europäische Zusammenarbeit, so Löwl: „Bleiben wir zusammen. Lassen wir ‚Nie wieder!‘ unsere gemeinsame Aufgabe sein.“



„Was sehen und beobachten junge Menschen heute an einem Gedenkort wie Dachau?“, will der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) wissen. Es ist eine Frage, die ihm gleich mehrere der Seminarteilnehmenden bei der Vernissage beantworten: Malika Berisha nennt ihr Bild „Silentio Culpae“, die Stille der Schuld. Zu sehen ist das ehemalige Lagergefängnis. Den lateinischen Namen habe sie, erzählt sie, gewählt, um das Bild zeitlos und distanziert zu beschreiben. Es sei ihr darum gegangen, die bedrückende Atmosphäre des Orts, den sie damals „Bunker“ nannten, zu beschreiben.
Oleksandra Ukonowa hat eine kaputte Scheibe auf dem Gelände des „Kräutergartens“ fotografiert. Sie wolle damit, so sagt sie, die Situation der Menschen beleuchten, die während der Zeit des Nationalsozialismus in Dachau gelebt haben. Viele hätten, so Ukonowa, nicht genau gewusst, was auf der sogenannten Plantage, auf der viele KZ-Häftlinge unter grausamen Bedingungen Zwangsarbeit leisten mussten, vor sich gegangen sei. Erst nach Kriegsende sei das Ausmaß des Schreckens sichtbar geworden. Dafür stehe ihr Bild, so die Schülerin. Ukonowa ist vor drei Jahren aus der Ukraine nach Polen geflüchtet. Das Augenmerk auf die Erinnerung an die Kriegsverbrechen zu legen, liegt der Jugendlichen deshalb besonders am Herzen.
Allen ausgestellten Arbeiten gemeinsam - ob nun an der Gedenkstätte in Dachau oder Auschwitz-Birkenau aufgenommen - ist die junge Perspektive auf Erinnerungsarbeit. Etwas, das anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung beider Konzentrationslager und den weniger werdenden Zeitzeugen immer wichtiger wird.
Die Ausstellung „Bilder der Erinnerung“ ist noch bis in die zweite Augustwoche zu sehen – immer dann, wenn das Max-Mannheimer-Studienzentrum geöffnet ist.