Ausstellung in Karlsfeld:"Grün hat die Gruppe verlassen"

Ausstellung in Karlsfeld: Carin Szostecki stellt in der Galerie-Kunstwerkstatt Karlsfeld Werke aus, die sie liebevoll Groupies nennt

Carin Szostecki stellt in der Galerie-Kunstwerkstatt Karlsfeld Werke aus, die sie liebevoll Groupies nennt

(Foto: Toni Heigl)

Die Ausstellung "Groupies" enttarnt die Brüchigkeit sozialer Beziehungen in der Gesellschaft

Von David Holzapfel, Karlsfeld

Es ist ein Spiel mit Formen, Farben, Gegensätzen. Mal filigran und sanft, mal rustikal und pragmatisch. "Groupies" heißt die aktuelle Ausstellung in der Karlsfelder Galerie-Kunstwerkstatt. Groupies, so nennt Carin Szostecki liebevoll ihre kleinformatigen Arbeiten aus Holzkörpern, die immer nur zu mehreren auftreten. Gemeinschaft, Beziehung, was gehört zusammen, was trennt sich? Diese Frage beschäftigt Carin Szostecki. So sehr, dass sie ihr gleich mehrere Arbeiten gewidmet hat. Die Künstlerin deutet auf eine bunte Installation. Sie trägt den Namen "Grün hat die Gruppe verlassen". Dutzende Holzkörper hängen da, in einer Einheit angeordnet. Ein grüner Holzkubus aber hängt abseits der anderen. Die Installation lädt zum Spielen ein. Der Betrachter soll zum Akteur werden, die Körper verschieben, eine neue Ordnung schaffen, die roten, weißen, gelben, grünen Formen in neue Beziehungen setzen. Mit Mut zur Lücke.

So entstehen immer wieder neue Werke mit wechselndem Ausdruck von Zusammengehörigkeit, Verbundenheit, Randexistenz oder Ausgrenzung. Ist es der Drang nach Interaktion, nach Veränderung, der dem Werk zugrunde liegt? "Ich bin in einem Alter der bewussten wie unbewussten Veränderung", sagt Szostecki. Bald wird die Künstlerin 60 Jahre alt. Eine Zäsur, wie sie selbst sagt. "Freunde, auch Familienangehörige verschwinden, andere werden wichtiger." Sie erlebe gerade einiges. Dieses mitunter brüchige soziale Gefüge hat Szostecki in den drei Werken "family, friends and followers" festgehalten. Dafür verwendete sie japanisches Kōzo-Papier. Das Gewebe wird aus der Pflanze hergestellt, es ist so dünn, dass Licht problemlos hindurch scheint, aber so fest, dass es leicht zu verarbeiten ist. "Family" besticht durch ein enges Gefüge an blauen, ammonitartigen Formen, so eng verschlungen, dass sie wirken wie eine homogene Masse. Im krassen Kontrast dazu steht "followers". Die Formen autark, jede für sich stehend und bunt. Nebeneinander platziert wirken die Werke wie eine Enttarnung moderner Beziehungslosigkeit, der zunehmenden Vereinsamung durch soziale Medien. Aber: kein erhobener Zeigefinger, die Werke sollen zur Reflexion anregen.

Szostecki hat große Freude an der Arbeit mit unterschiedlichem Material, mit Leinwand, Wachs, Papier und Holz. "Kreativität ist für mich ein Grundbedürfnis", sagt sie. Ihre Neugier hat Szostecki sich aus ihrem Vorleben als Naturwissenschaftlerin bewahrt, wie sie sagt. Warum sie damals den Entschluss fasste, aus dem Labor und an die Leinwand zu treten? "Als Wissenschaftler siehst du oft nicht, was du machst". Sie hängte den Laborkittel an den Nagel. Seit nunmehr 20 Jahren ist Szostecki künstlerisch tätig.

Ganz loslassen will die Künstlerin nicht von ihrer wissenschaftlichen Vergangenheit. Das zeigt ein in der Zusammenschau großflächiges Bild aus "Groupies" in Schwarzweiß mit dem Titel "world in progress". Es ist eine Collage wissenschaftlicher Symboliken, kombiniert mit Motiven aus Natur und Technik. Das Bild ist im Wandel begriffen, wird langfristig kontinuierlich erweitert werden. Auch während der Ausstellung wird Carin Szostecki daran arbeiten - die Besucher bekommen zwischen Vernissage und Ausstellungsende unterschiedliche Werke im Sinne eines "work-in-progress" zu sehen.

Vernissage am Freitag, 11. Oktober, um 19 Uhr in der Galerie-Kunstwerkstatt Karlsfeld. Die Ausstellung ist geöffnet an den Wochenenden 12./13. und 19./20. Oktober jeweils von 14 bis 18 Uhr und am Donnerstag, 17. Oktober, von 18 bis 21 Uhr.

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