Der Zweite Weltkrieg lag gerade mal ein Jahr zurück, als Maria Detloff in Bad Kötzting, einer Kleinstadt im Bayerischen Wald, das Licht der Welt erblickte. Dass sie Malerin werden würde, stand für sie früh fest. "Ich komme aus einer Künstlerfamilie", erzählt sie, ihr Vater war ein Maler des Expressionismus, die kleine Maria eiferte ihm nach, so gehörte die Kunst schon früh und "ganz selbstverständlich" zu ihrem Lebensweg, auf dem sie nun schon eine ganze Strecke zurückgelegt hat. Das klingt auch im Titel ihrer Ausstellung an, die an diesem Donnerstag, 19. Mai, in der Galerie der Künstlervereinigung Dachau (KVD) eröffnet wird: "Farbige Wege".
"Wenn ich zurückblicke, dann ist mein ganzes Leben ein Aneinanderknüpfen von unterschiedlichen, meist sehr bewegten, aufregenden, komplizierten, weniger komplizierten, mal langweilig anstrengenden, mal kurzweilig leichten Wegen, oft verbunden mit schnellen Veränderungen oder auch langwierigen Entscheidungen, die einiges über den Haufen werfen sollten", schreibt die in Altomünster lebende und arbeitende Künstlerin. Sie hat geheiratet, sie hat sich scheiden lassen, die Unabhängigkeit war ihr wichtig, wie sie sagt, aber die Malerei, die hat sie zeitlebens begleitet.
Man darf sich die Kunst bei ihr nicht als vergeistigte, lebensfremde Parallelwelt vorstellen. Die "Farben der Natur, die Farben des Lichts, des Himmels, die Farben der Tages- und Jahreszeiten, besondere Farben von Gegenständen, Farben, die Menschen ausstrahlen" hält sie in ihren Bildern fest. Insofern kann man durchaus sagen, dass "Farbige Wege" eine sehr persönliche Ausstellung ist. "Es scheint, als sei ich mein ganzes Leben auf farbigen Wegen gegangen, sie waren mal kräftiger, mal schwächer, mal leuchtender, mal blasser, auch expressiver oder verhaltener."
Früher hat Maria Detloff oft Menschen gemalt, in den 1980er Jahren experimentierte sie auch mit Selbstbildnissen, in denen sie sich maskierte, als Kahlköpfige porträtierte oder als sich verwandelnde Nymphe Daphne malte.
In ihrer aktuellen Ausstellung findet sich nur ein einziges "figürliches" Bild, aus der Reihe "Frauenleben" von 1994. Die anderen Arbeiten zeigen allesamt Landschaften, gemalt in den letzten paar Jahren, besser gesagt, Ausschnitte von Landschaften, manchmal fühlt man sich als Betrachter wie ein krabbelnder Käfer in einem Urwald aus Blättern, Halmen und farbig strahlenden Blüten. "Das nahe Hinsehen ist das, was mir Freude macht", sagt die Malerin.
"Nur noch Natur" lautet ihre Devise
So verschlungen die Wege des Lebens oft sind, manchmal entscheidet man sich auch bewusst für eine Abzweigung, so muss es auch bei Maria Detloff gewesen sein. Ihren Kurswechsel kann man relativ genau datieren: 2011 stellte sie ihre Retrospektive in der KVD-Galerie unter den Titel "Nur noch Natur", seitdem ist dieser Titel Programm in ihrer Malerei. Oft nutzt Detloff Fotos als Vorlage, von diesen löst sie sich aber auch wieder und entwickelt daraus ganz eigene Bildkonzepte. Was dabei am Ende herauskommt, ist für sie selbst nicht immer vorhersehbar. Das macht den künstlerischen Prozess ja auch so spannend.
Ihre Landschaftsbilder legt Maria Detloff in einem breiten Spektrum von Farben an, von transparenten blauen und rosa Pastelltönen ("Glasberge") über schwarz starrende Wald-Silhouetten vor einem schwefelgelben Himmel ("Saharastaub") bis hin zu Blumenwiesen, die ob ihrer kräftigen kontrastreichen Farben vor dem Auge zu flirren beginnen. Die ungewöhnlichen Bildschnitte entwickeln eine regelrechte Sogwirkung auf den Betrachter. "Birkenwald" zeigt nur die Spaliere marmorierter weißer Stämme vor einem milchig stahlblauen Himmel - ohne die Baumkronen; in "Durchblick" ist das Blätterwerk nur ein Zierrahmen für den sternenprangenden petrolblauen Himmel und seine unbegreifliche Weite.
Viele dieser Bilder, gerade die lichtdurchwirkten Panoramen, könnte man als Sehnsuchtsbilder bezeichnen, hätte die gebürtige Oberpfälzerin nicht eine Aversion gegen das Wort "Sehnsucht". "Sehnsucht habe ich, wenn ich ein Eis essen gehen will", sagt sie. Bei ihr daheim sagte man: "Ich hab Zeitlang." Für SZ-Kolumnist Hans Kratzer gehört "Zeitlang" übrigens zu den "schönsten Wörtern des deutschen Sprachraums überhaupt". Es stecke mehr Poesie darin "als in hundert Schmalzromanen zusammen". Leider kennen ihn heute nur noch die wenigstens, doch wer sich auf Maria Detloffs Landschaftsbilder einlässt, wird begreifen, was das bedeutet, Zeitlang zu haben.
Farbige Wege: Ausstellung von Maria Detloff in der KVD-Galerie Dachau. Vernissage am Donnerstag, 19. Mai, um 19.30 Uhr. Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag 16 bis 19 Uhr, Sonntag 14 bis 18 Uhr.