Ausstellung:Filigran, leicht, ausdrucksstark

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Martin Off, Wolfgang Feik und Susanne Grimm präsentieren von diesem Donnerstag an ihre Werke in der KVD-Galerie. Die Besucher können sich auf Charakterköpfe, tiefe Emotionen und ein zartes Spiel aus Wasser und Licht freuen

Von Christiane Bracht, Dachau

Die drei Neuen stellen sich vor: Susanne Grimm, Martin Off und Wolfgang Feik haben den Austausch mit anderen Künstlern in Dachau gesucht und präsentieren nun ihre Werke in der Galerie der Künstlervereinigung KVD. Ihre Arbeiten könnten kaum unterschiedlicher sein: Off ist Grafikdesigner und mag scharfe Kontraste und feine Linien, nicht nur in seinen schnell dahingeworfenen Zeichnungen, sondern vor allem auch in den filigranen Scherenschnitten, die bis Ende des Monats zu sehen sind. Kameramann Feik hat sich indes der Fotografie verschrieben, aber nicht nur im herkömmlichen Sinn. Er experimentiert seit einiger Zeit mit Unschärfen und Reduktionen, wie sie eher in der Malerei oder bei Kohlezeichnungen zu finden sind. Susanne Grimm liebt dagegen die Farben. "Die Welt ist farbig, das will ich aufgreifen und gestalterisch umsetzen", sagt sie. Auch wenn Linien in ihren Werken nicht fehlen dürfen.

Filigrane Scherenschnitte begeistern das Publikum in der KVD-Galerie. (Foto: Toni Heigl)

Die Gemeinsamkeiten in den Werken der drei Künstler zu finden, war sicher nicht einfach, aber es ist gut gelungen dem Besucher unter dem Titel "Zusammen-hang" eine spannende Ausstellung zu bieten. Anders als sonst üblich hat nicht jeder Künstler seine Ecke. "Das wäre langweilig gewesen", sagen Grimm und Off. Die Werke hängen verteilt im Raum, mal so, dass die Gemeinsamkeiten sichtbar werden, wie bei der Ellipse im Architekturportrait "Oscar" von Wolfgang Feik, das ein Museum in Brasilien zeigt, gestaltet von dem berühmten Architekten Oscar Niemeyer. Das Gebäude wirkt wie ein großes Auge auf einem Sockel. Diese Form findet in einem großen Scherenschnitt von Off seine Entsprechung. Darin hat er eine düpiert und etwas hochnäsig dreinblickende Dame mit großem Hut karikiert. Off gab ihr den Titel "schön schlicht". Der Betrachter schmunzelt.

Auch halbabstrakte Bilder gibt es in der KVD-Galerie zu sehen. (Foto: Toni Heigl)

Ein anderes Mal werden eher die Kontraste in den Werken betont. So hängt die großformatige düster wirkende Serie von Feik mit den "Innenportraits", in denen es um schwere Emotionen geht, neben den leichten und hellen Malereien von Grimm. Insgesamt ist es wohl eher eine Ausstellung der Gegensätze. Ein gemeinsames Thema gibt es nämlich auch nicht. Jeder der drei Künstler beschäftigt sich auf seine Weise mit unterschiedlichen Dingen. Gemeinsam haben sie nur, dass sie die Grenze zu einer anderen Darstellungsform suchen, ja fast schon überschreiten.

Grafiker Martin Off beobachtet auf Märkten oder belebten Plätzen gern Menschen, gelegentlich zückt er Block und Stift, um sie in Windeseile zu zeichnen - nicht naturgetreu, eher so, dass das Charakteristische herauskommt. Von diesen Skizzen hat er einige in Scherenschnitte verwandelt, aber nicht plakativ vereinfachend, wie in diesem Genre üblich, sondern haarfein. Mit einem Skalpell schneidet er jede einzelne Linie nach, dicke und dünne, sodass am Ende kunstvoll ausgeschnittene Zeichnungen entstehen, denen man sogar ansieht, ob sie mit Bleistift oder mit Kugelschreiber aufs Papier geworfen wurden. Dem Betrachter stechen sie sofort ins Auge. Amüsiert und fasziniert schaut man sich die verschiedenen Charakterköpfe an, jung und alt, mit langem Rauschebart, hoch toupierten Locken oder einfach mit Glatze. Der eine schaut nachdenklich, der andere aggressiv oder lasziv beziehungsweise genervt. Alles ist zu finden. "Ich steh auf Frisuren, lange Nasen, markante Gesichtszüge und stelle gern Gemütslagen dar", bekennt Off.

Susanne Grimms Werke nehmen sich gegenüber denen ihrer Kollegen fast etwas zurück. Es ist die Farbe, die den Blick auf sie lenkt. Die Dachauer Malerin hat im vergangenen Sommer das Wasser als Motiv für sich entdeckt. Vom Waldschweigsee bis zum Ammersee hat sie Bewegung, Lichtspiegelungen, Schatten und Reflexe auf den Oberflächen studiert und in ihren Arbeiten umgesetzt. Gefesselt hat sie vor allem das Verzerrte. Ihre Bilder sind aber nicht fotografisch, sondern eher abstrakt mit einigen figürlichen Elementen, die allerdings nicht immer zweifelsfrei erkennbar sind. Der eine interpretiert ein Seemonster hinein, der andere einen Fischer, ein dritter sieht ein Pferd oder einen Hasen. Alle Assoziationen sind möglich. Grimm begeistert das. "Ich bin eine Grenzgängerin", sagt sie. "Wo hört Realität auf und wo fängt Fantasie an? Das ist spannend." Und sie probiert, "wie weit kann ich gehen, bis das Werk losgelöst ist, von dem, wo es herkam". Auf einigen Bildern ist nur noch die Verzerrung, Bewegung oder auch die Spiegelung geblieben, von Wasser keine Spur mehr. Teils sind die Flächen in ihren Bildern weiß geblieben. Das transportiert Leichtigkeit, gute Stimmung. Genau das ist ihr wichtig. "Die Welt ist schwer genug, das muss man nicht auch noch zeigen", sagt Grimm. "Die schönen Dinge sollte man im Blick behalten."

Wolfgang Feiks "Innenporträts" sind dagegen in schwarz gehalten. Man erkennt im dunkelgrauen Schimmer verschwommen eine Person und ihre Gemütslage: Mal ist es Angst, mal Verzweiflung, dann Wut. Die Emotionen wirken sehr direkt, man fühlt fast den Abgrund, in dem der Porträtierte steckt. In dieser Serie, die noch immer wächst, hat er für einen Fotografen etwas Einmaliges versucht: Er verzichtet auf Schärfe. Die Bilder wirken wie riesige Kohlezeichnungen. "Ich will weg von der Oberfläche, den Details, den Blick nach innen richten", erklärt Feik, und das ist ihm gelungen. Aber er kann auch anders: Völlig scharf und unglaublich raumgreifend ist das Porträt eines blinden Mannes aus Tunesien, der in sich ruht und Zufriedenheit ausstrahlt, obwohl er gerade bettelt. "Das Bild liegt mir am Herzen", sagt Feik. Er zeigt es gern. Aber auch hier ist die Farbe extrem zurückgenommen. Die Vernissage der Ausstellung ist an diesem Donnerstag um 19.30 Uhr.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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