Ausnahmefälle:Die Selbstlosen

Zum 50. Mal zeichnet die Stadt Dachau engagierte Bürger aus. "Sie sind in unserer an Leistung und Gegenleistung orientierten Gesellschaft immer mehr die Ausnahme", sagt OB Florian Hartmann

Von Tom Hackbarth, Dachau

Bürgerehrung

Im Alten Sitzungssaal des Dachauer Rathauses verfolgen Stadträtinnen, Stadträte und die Geehrten die Laudationes des OB.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Weil Kollege Sigi Heigl noch im Stau steht, legt Robert Gasteiger ohne Begleitung zur Eröffnung der Dachauer Bürgerehrung auf seiner Zither los. "Das geht auch alleine", sagt er noch zu Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), der Gasteigers musikalischen Partner im Alten Sitzungssaal vergeblich sucht, bevor er den Abend dann einleitet. Die Stadträtinnen und Stadträte haben sich am Internationalen Tag des Ehrenamts im Dachauer Rathaus versammelt, um Menschen zu würdigen, "die sich in besonderer Weise um das Gemeinwohl der Stadt verdient gemacht haben", so der OB. Er betont dabei besonders die Selbstlosigkeit, die "in unserer an Leistung und Gegenleistung orientierten Gesellschaft immer mehr die Ausnahme und aller Ehren Wert", sei. Diese Selbstlosigkeit, die an diesem Abend zum 50. Mal in der Stadt Dachau gewürdigt wird, ist die Grundlage für die von Alt-Oberbürgermeister und Ehrenbürger Lorenz Reitmeier ins Leben gerufene Silberne Bürgermedaille. Denn geehrt werden seit jeher die, die ihre Freizeit opfern, und ohne persönliche und finanzielle Vorteile ein Ehrenamt ausüben. In diesem Jahr sind das insgesamt zehn Persönlichkeiten aus unterschiedlichsten Bereichen.

Bürgerehrung

Nach der Verleihung posieren Laudator Florian Hartmann und die zehn Geehrten mit ihren Silbernen Bürgermedaillen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Heinz Dietz

Die erste Auszeichnung des Abends zeigt gleich die Vielfältigkeit des Ehrenamts. Sie geht nämlich nicht an ein soziales Projekt, einen Sportler oder einen Tierschützer, sondern an einen Laienschauspieler. Heinz Dietz ist Abteilungsleiter des "Theaters am Stadtwald" im ASV Dachau. Seit Jahrzehnten setzt er sich vor allem für die Förderung der Kinder- und Jugendbühne des Theaters ein. Mit etwa 1200 Arbeitsstunden im Ehrenamt alleine im Jahr 2017, steckt er nicht nur viel Zeit, sondern auch sehr viel Herzblut in die Kunst auf der Bühne. Damit sei das Theater am Stadtwald mit seinen 16 Aufführungen pro Jahr "eine der tragenden Säulen des Amateur-Theaters in der gesamten Region", sagt der OB. Und Heinz Dietz ist der Stadt Dachau vor allem für ihr "Auge auf das Ehrenamt" dankbar.

Karolina Ettenberger

Wer seit 55 Jahren bereits ehrenamtlich in einem Verein tätig ist, hat sich eine Silberne Bürgermedaille verdient. Dieser Meinung sind die Stadträtinnen und Stadträte Dachaus, und somit wird auch Karolina Ettenberger ausgezeichnet. Als jahrzehntelange Schriftführerin ist sie "die Seele und das Gedächtnis des Schützenvereins Frohsinn Udlding", heißt es in der Laudatio. In ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit hält sie aber nicht nur das gesamte Vereinsleben schriftlich fest, sondern ist auch für die Partnerschaft mit den Klagenfurter Schützen und den intensiven Kontakt der Vereine verantwortlich. Die Bürgermedaille für ihr jahrelanges Engagement bestaunt auch ihr Mann Josef stolz nach der Verleihung.

Josef, Christian und Sebastian Hartmann

Nach der Sportlerehrung vergangene Wochen darf das Trio Hartmann gleich die nächste Würdigung der Stadt mit nach Hause nehmen. "Der FC Bayern des Wurftaubenschießens" wird der WTC Dachau scherzhaft von Oberbürgermeister Hartmann genannt, aber die sportlichen Erfolge und gesammelten Titel der drei Geehrten zeigen, dass der Vergleich, auch wenn sie selbst schmunzeln müssen, gar nicht so weit her geholt ist. Gewürdigt werden Vater, Sohn und Enkel als die "bis heute treibende Kraft im Verein." Nicht zuletzt, weil sie als gemeinsame Familienmannschaft im vergangenen Jahr sogar einen noch nie dagewesenen Erfolg feiern konnten: Josef, Christian und Sebastian Hartmann gewannen sowohl die Bayerische, als auch die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft.

Erika und Bernd Jokisch

"Für ihren ehrenamtlichen Einsatz für die Naturfreunde und damit für die Natur insgesamt" erhielten auch die Eheleute Erika und Bern Jokisch die Silberne Bürgermedaille vom Dachauer Oberbürgermeister überreicht. Seit 2002 sind sie als Hüttenreferenten für das Naturfreundehaus in Günding zuständig und kümmern sich um die Übernachtungen und sonstigen Hausbelegungen mit "Einsatzbereitschaft und großer Hingabe." Nahezu wöchentlich fahren die zwei in ihrer Freizeit mit dem Fahrrad von Karlsfeld nach Günding um das Naturfreundehaus am laufen zu halten.

Frank Menauer

Eine weitere Ehrungen geht an diesem Abend an eine Person, die, so Hartmann, ihren Beruf als Arzt, mit der Berufung, Kindern zu helfen, in bewundernswerter Weise verknüpfe. Die Rede ist vom Gründer des Vereins Löwenkinder Dachau, Frank Menauer. "Mittlerweile kommen viele gar nicht mehr in meine Praxis, weil sie Angst haben noch eine Spende machen zu müssen", scherzt der Arzt, doch spenden sei natürlich keine Pflicht und "das Geld geht nicht nach Garmisch, Innsbruck oder Zagreb, sondern bleibt in Dachau." Er unterstützt seelisch und körperlich misshandelte Kinder aus der Region und fördert Einrichtungen, die sich dieser Schicksale annehmen. Das macht er innerhalb des Vereins aber nicht allein, und deshalb übernimmt er die Auszeichnung "stellvertretend für alle, die mich unterstützen."

Irmgard Reichl

Als Kirchenmusikpflegerin und Dekanatsmusikpflegern, Leiterin des Kirchenchors, Rhythmuschors, Jungen Chors, der Männerschola, Bläsergruppe, des Flötenkreises und des Instrumentalkreis der Pfarrei Heilig Kreuz über knapp 30 Jahre hinweg wird auch Irmgard Reichl geehrt. Mit der investierten Zeit, Geduld und Leidenschaft, verschmelze sie Beruf und Ehrenamt zu ihrer Berufung, so der OB. "Ich allein kann keine Kirchenmusik machen", sagt sie und bedankt sich deshalb auch bei all den vielen Dachauerinnen und Dachauern, deren Begeisterung für Musik und Gesang sie wecken konnte: "Für all die nehme ich den Preis entgegen."

Helga Schirmann

Helga Schirmann ist "nicht nur eine unverzichtbare Hilfe für Einzelne, sondern ein strahlendes Vorbild, was nachbarschaftliche Achtsamkeit, Hilfsbereitschaft und aktiv gelebte Nächstenliebe betrifft", so begrüßt der Dachauer Oberbürgermeister die letzte Person, die an diesem Abend mit der Silbernen Bürgermedaille ausgezeichnet wird. Unverzichtbar ist sie vor allem für eine Frau, die ohne Schirmanns Hilfe nicht weiterhin zuhause wohnen könnte, oder auch für die zahlreichen älteren Menschen des Diakoniekreises, die sie unterstützt und betreut. Ihr Engagement in der Gnadenkirche Dachau besteht seit mehr als 30 Jahren - das wird an diesem Abend natürlich nicht vergessen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: