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Ausgrabungen:Fund am Rössleranwesen

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In der Altstadt entdecken Archäologen Reste einer Gerberei. Die Keramik- und Eisenfunde werden jetzt untersucht

Es ist kein Sensationsfund wie in der italienischen Hauptstadt, wo gerade unter einem Parkplatz das Privathaus von Kaiser Trajan (53-117) entdeckt wurde - aber Dachau ist auch nicht Rom. Und bemerkenswert ist allemal, was auf dem ehemaligen Rössler-Anwesen in der Dachauer Altstadt zum Vorschein kam: die Überreste eines großen Holzfasses mit zwei Metern Durchmesser haben Archäologen einer Grabungsfirma aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck freigelegt. Das Fass stammt vermutlich aus dem 17. oder 18. Jahrhundert und gehörte zu einer Gerberei, die sich seinerzeit auf dem Anwesen befand.

Die Mitarbeiter der Grabungsfirma "3Archäologen" sind bereits seit zwei Wochen auf dem Anwesen zugange. 99 Prozent ihrer Funde sind Küchenkeramik oder vereinzelt mal ein Stück Eisen oder eine schlecht erhaltene Münze, die erst noch genauer untersucht werden muss. Einiges wohl noch älter als das Fass: "Die Befunde stammen aus der Frühen Neuzeit, eventuell aus dem Spätmittelalter", sagt der Grabungsleiter Stefan Sandbichler. Im Erdreich sind die Archäologen auf zwei Räume gestoßen, die früher wohl mit Holzwänden gebaute Kellerräume gewesen sind. Um die Funktion des Holzfasses genauer festzustellen, wurden Bodenproben genommen. Die Theorie, dass es sich um ein Gerberfass handeln könnte, würde etwa gestützt durch Urinspuren im Erdreich rund um das Fass. Das Leder wurde vor der Weiterverarbeitung mit Urin behandelt.

Außerdem stießen die Experten bei ihren Grabungen auf sogenannte Pfostengruben, in die, wie der Name schon sagt, Pfosten eingelassen waren, die Rückschlüsse auf die damalige Architektur der Häuser zulassen. "Es war eine spätmittelalterliche Bebauung, in der Handwerker tätig waren", sagt Sandbichler. Zudem ließen sich im Erdreich eindeutige Hinweise finden, dass es vor einigen Hundert Jahren auf dem Rössler-Anwesen gebrannt haben muss. Die Archäologen haben alle Befunden dokumentiert und werden einen Bericht darüber schreiben. Die Keramik- und Eisenfunde werden noch untersucht und kommen anschließend ins Landesamt für Denkmalpflege am Hofgraben in München. Auf dem Rössler-Anwesen sollen Eigentumswohnungen mit Tiefgaragen und Ladenflächen entstehen. Es war eines der ältesten Gebäude in der Dachauer Altstadt, einige Teile waren Jahrhunderte alt. Allerdings wurde es als nicht erhaltungsfähig eingestuft und abgerissen. Die Grabungen auf dem Anwesen werden von den Archäologen weiter begleitet. Es ist zu vermuten, dass noch mehr Zeugnisse aus der Vergangenheit zutage treten werden.

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SZ vom 08.12.2017 / emo
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