Aus Sicht der Opposition:"Der Groko fehlt der Mut"

Wahl LRA

Seit nunmehr sieben Jahren ist Beate Walter-Rosenheimer Bundestagsabgeordnete der Grünen. Sie hält der jetzigen Regierung vor, kein Gesamtkonzept für den Klimaschutz zu haben und hätte gerne mitregiert.

(Foto: Günther Reger)

Grünen-Abgeordnete Beate Walter-Rosenheimer zieht Bilanz

Interview von Peter Bierl, Germering

Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) zog im Januar 2012 erstmals als Nachrückerin in den Bundestag ein. Davor hatte sie sich jahrelang in der Kommunalpolitik engagiert. Die Diplompsychologin aus Germering ist in der Fraktion zuständig für Aus- und Weiterbildung und Jugend und Obfrau der Enquete-Kommission Berufliche Bildung. Sie zieht aus Sicht der Opposition eine Zwischenbilanz.

SZ: Sind Sie froh, dass es nicht zur Jamaika-Koalition mit Union und FDP kam?

Beate Walter-Rosenheimer: Nein, ich hätte mich gefreut, wenn wir hätten mitregieren können. Dann wäre mehr passiert.

Wirklich? Wo Ihre Partei mitregiert, sieht es nicht besser aus. In Hessen unterstützen die Grünen den Ausbau des Frankfurter Flughafens und Stuttgart hat mit die größte Feinstaubbelastung.

Das finde ich auch nicht berauschend und man muss nicht alles gut finden, was Ministerpräsident Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg tut. Aber wir in Berlin würden es anders machen, auch wenn klar ist, dass wir als Juniorpartner bei Jamaika nicht alles zu 100 Prozent durchgebracht hätten.

Und wie ist es nun als kleinste Oppositionspartei im Bundestag?

Vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadebatte und des Zuspruchs, den wir Grünen derzeit haben, fühlt es sich seltsam an. Die Groko lehnt in der Regel jeden Antrag, jede Initiative von uns ab. Und das entspricht oft nicht dem, was die Menschen wollen.

Sie mussten sich auch darauf einstellen, dass die Grünen seit 2017 neben AfD, FDP und Linken nur noch eine von vier Oppositionsparteien sind.

Ja, es ist schwieriger geworden. Der Umgangston ist anders geworden, durch die neue Fraktion dieser rechtsextremen Partei. Am Anfang war die AfD oft wenig vorbereitet, das hat sich geändert. Inzwischen verfolgen sie im Plenum oft eine Verzögerungstaktik und die Masken sind gefallen. Im Ausschuss habe ich einmal erlebt, wie eine Abgeordnete aufgestanden ist und Gäste niedergebrüllt hat. So was gab es bislang nicht.

Aus Ihrer Sicht bringt die Groko nichts voran bei Umwelt- und Klimaschutz?

Ich will nicht alles in Bausch und Bogen verdammen, weil es von den anderen ist. Es ist nicht alles schlecht, aber es ist zu kleinteilig, ein Sammelsurium. Aber es fehlt das Gesamtkonzept, die Kooperation mit der Wirtschaft, die Leitlinien für eine wirtschaftliche Transformation, eine sozial gerechte CO₂-Steuer. Der Groko fehlt einfach der Mut.

Wie würde denn eine grüne CO₂-Steuer aussehen?

Bisher entsprechen die Preise nicht der ökologischen Wahrheit: Alternativen wie die Bahn, Dämmmaßnahmen oder erneuerbare Energien sind oft teurer als Auto, Flugzeug oder Ölheizung. Diese Fehlanreize müssen korrigiert werden. Die Bepreisung wollen wir aufkommensneutral durchführen, der Staat erhält keine neuen Einnahmen, sondern die Mittel fließen wieder an die Menschen und die Wirtschaft zurück. Wer klimafreundlich lebt, soll entlastet werden und wer einen großen CO₂-Fußabdruck hat, muss dafür den richtigen Preis bezahlen.

Sie sitzen im Bildungs- und Familienausschuss. Wie sieht da Ihre Bilanz aus?

Negativ. Bei der Gleichstellung von beruflicher und akademischer Ausbildung geht nichts voran. Wir müssten etwas für Jugendliche tun, die zwischen Schule und Beruf hängen, wir brauchen eine Ausbildung in Modulen. Von Armut ist jeder vierte zwischen 18 und 25 Jahren betroffen, es gibt eine große Wohnungslosigkeit, es fehlt an Räumen. Aber Jugend kommt im Familienministerium, geführt von Franziska Giffey (SPD), praktisch nicht vor.

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