Aus für Wirtshaus:Ende einer Institution

Lesezeit: 2 min

Es war einmal...: das Gasthaus "Waldfrieden" mit Biergarten in Hebertshausen. (Foto: Toni Heigl)

Das Restaurant Waldfrieden in Hebertshausen macht Ende September dicht, weil die Pächter in den Ruhestand gehen. Somit geht wieder ein bayerisches Wirtshaus im Landkreis Dachau verloren

Von Andreas Förster, Hebertshausen

Etwa 70 Jahre nach seiner Eröffnung im Jahr 1949 schließt das Restaurant Waldfrieden seine Pforten. Die Gemeinde Hebertshausen, nein, der ganze Landkreis Dachau verliert mit der Traditionsgaststätte im Ortsteil Deutenhofen ein Aushängeschild für die immer seltener werdende bayerische Wirtshauskultur. Das Lokal reiht sich damit in viele andere bayerisch geführte Gaststätten im Landkreis ein, die in den vergangenen Jahren geschlossen wurden. Ein kleiner Trost: Die Gaststube des Restaurants wird als Reiterstüberl überleben, zumindest zwei Jahre, denn so lange läuft noch der Vertrag mit der Brauerei.

Eigentürmer der idyllisch zwischen Amper und Würmkanal gelegenen Anlage mit Restaurant, Hotel, Tanzlokal, Reitschule und Pferdehof ist Herbert Reischl Senior. Er hatte die Wirtschaft Ende der 1960er-Jahre von seinen Eltern übernommen und sie mit einer fünf Hektar großen Reitanlage ergänzt, die inzwischen sein Sohn Florian verantwortet. Anfang 1989 verpachtete Reischl Senior die Gaststätte an Hans Merkl und seine Frau Birgit Malik. Dem Wirtepaar war die Camping-Anlage in München-Ludwigsfeld als einzige Einnahmequelle zu unsicher geworden, es suchte ein zweites Standbein. Auch wenn der befürchtete wirtschaftliche Kollaps des Campingplatzes nie eintrat, verlängerten Hans und Birgit Merkl-Malik immer wieder den Pachtvertrag. Vor allem mit den traditionellen Fox-Tanzpartys inklusive Live-Musik, die jeden Sonntag von 15 bis 20 Uhr gut besucht sind, dem preiswerten bayerischen Büffet und der "Entenjagd", die regelmäßig Wild-Liebhaber in Scharen anlockt, setzten die Gastronomen das gemütliche Restaurant als "bayerisches Schmankerlparadies" gekonnt in Szene und machten es im Münchner Umland bekannt. "Wir waren glücklich, so gute Pächter zu haben", betont Herbert Reischl, der die beiden nur ungern ziehen lässt. An eine Nachfolge habe er schon gedacht, versichert Reischl. Aber er fand keinen Wirt mit bayerischer Küche, der für zwei Jahre unterschreiben wollte. Und Wirte mit mediterraner Küche gebe es ja schon genug. Aus Reischls Worten klingt schon an: Das Wirtshaussterben im bayerisch-ländlichen Raum geht unaufhaltsam weiter. Rund 600 Kommunen in Bayern haben laut einem Bericht des Bayerischen Rundfunks vom vergangenen Jahr kein eigenes Dorfwirtshaus mehr. Auch der Landkreis Dachau ist davon nicht ausgenommen. So muss die Gemeinde Westerholzhausen bei Markt Indersdorf seit Dezember auf ihr Dorfwirtshaus Dafelmaier verzichten. Aus Altersgründen musste der 87-jährige Gastwirt schließen, einen Nachfolger fand er nicht. Das Jahr davor machte das Wirtshaus in Ainhofen dicht. Jetzt stehen dort Doppelhaushälften. Indersdorf selbst hat mit dem Gasthof Funk nur noch ein einziges bayerisches Wirtshaus, abgesehen vom Gasthof Doll in Ried mehrere Kilometer außerhalb. Die sanierte Klostergaststätte soll wieder ein bayerisches Wirtshaus werden - ob es klappt, steht in den Sternen. Der Rest ist fest in griechischer und italienischer Hand.

Im Waldfrieden wird auch das Hotel mit den gemütlich rustikal im altbayerischen Stil eingerichteten Zimmern, zumindest in der jetzigen Form, nicht mehr weiterbetrieben. "Wir werden hier wohl eine Ferienanlage für Reiturlauber anbieten", erklärt Reischl, aber da sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Wird es im Waldfrieden noch eine Abschiedsfeier geben? Merkl winkt ab. "Für uns heißt es jetzt aus is', wir haben fertig", sagt der 72-Jährige ohne Wehmut in der Stimme. "Wir haben fast 30 Jahre lang alles für unsere Gäste gegeben", fügt er hinzu, und immer wieder auch Feste gemacht, zu denen sie ihre Stammgäste eingeladen haben. "Deshalb sagen wir jetzt einfach leise Servus!" So ganz aufs Altenteil zurückziehen wolle er sich aber nicht, betont Merkl. "Es gibt ja noch den Camping-Platz Nord-West in Ludwigsfeld, da heißt es jetzt halt zurück zu den Wurzeln", schmunzelt der Gastronom. Die Anlage laufe zwar mehr oder weniger von allein, aber er werde sich schon noch nützlich machen können. Für alle Nicht-Camper gilt: Wer sich von Hans und Birgit Merkl-Malik und von ihrem Restaurant Waldfrieden verabschieden will, hat noch bis 30. September Zeit.

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: