Auftakt der Weihnachtskonzertreihe:Besinnlich, farbenreich und anspruchsvoll

Chorkonzert

Etwas enttäuscht war manch ein Zuhörer darüber, dass Chor und Solisten sich auf die Empore drängten, das Publikum sie also nicht sehen konnte. Doch die Musik entfaltete ihre Wirkung auch so.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Mit dem Oratorio de Noël gelingt der Liedertafel eine herzerwärmende Einstimmung auf Weihnachten

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Dachau ist eine Stadt der Chöre. Erst im März dieses Jahres haben Liedertafel, Chorgemeinschaft und der Kinderchor von St. Peter eine überwältigende Matthäus-Passion des großen Johann Sebastian Bach aufgeführt. Der Kammerchor brillierte im November mit Wolfgang Amadeus Mozarts Requiem. Da könnte man meinen, nun sei für die Sängerinnen und Sänger stade Zeit. Doch weit gefehlt. Alle drei Chöre haben "Jauchzen und Frohlocken" auf dem Weihnachtsprogramm. Den Anfang machte am Samstag die Liedertafel mit dem "Oratorio de Noël" von Camille Saint-Saëns in der voll besetzten Gnadenkirche. Das war eine wunderbar besinnliche, herzerwärmende Einstimmung auf den Geist der Weihnacht.

Glühwein-geschwängerte Christkindlmärkte, und Einkaufsrausch waren endlich ganz weit weg. Denn mit seinem "Oratorio de Noël" hat Saint-Saëns ein klang- und farbenreiches Werk von schlichter und dennoch anspruchsvoller Schönheit geschaffen. Seine kontemplative Wirkung entfaltet dieses Weihnachtsoratorium nicht zuletzt durch die lateinischen Texte aus dem Alten Testament und den Evangelien. Diese hat der seinerzeit 23-Jährige wohl selbst zusammengestellt, als er das Oratorio de Noël in nur zwölf Tagen, vom 4. bis 15. Dezember 1858, komponierte. Es wurde am 25. Dezember des gleichen Jahres in der Pariser Église de la Madeleine uraufgeführt, an der Saint-Saëns als Kirchenmusiker tätig war. Während in Frankreich dieses Weihnachtsoratorium seit seiner Uraufführung zum Kanon der Festmusiken gehört, wurde es hierzulande lange als "Kitsch" abgetan. Sehr zu Unrecht, wie die vielen Aufführungen der vergangenen Jahre zeigen, unter anderem 2017 in St. Peter. Das liegt womöglich auch daran, dass dieses zehnteilige Werk so harmonisch ist - und mit einer Aufführungsdauer von gerade mal einer Dreiviertelstunde irgendwie in eine auf die Minute durchgetaktete Zeit passt.

Dirigent und Chorleiter Tobias Hermanutz hatte für die Aufführung in der Gnadenkirche eine Fassung für Soli, Chor und Orgel gewählt. Chor und Solisten drängten sich auf der Orgelempore, was einige Zuhörer anfangs etwas enttäuscht zur Kenntnis nahmen. Doch schon beim "Präludium im Stil Johann Sebastian Bachs" entfaltete sich eine ruhige, friedvolle Stimmung im Kirchenraum. Ana Winkler-Nam, Kirchenmusikerin in Petershausen, gefragte Kammermusikerin und Liedbegleiterin, beeindruckte mit ihrem empathischen, aber niemals gefühlsduseligen Spiel. Wie schon bei vielen anderen Auftritten, wie etwa kürzlich als Pianistin in der Norma-Inszenierung des Lyrischen Opernensembles, lotete sie auch an der Orgel alle Facetten ihres Instruments aus, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Das galt auch für die Solisten: Sopranistin Stephanie Bogendörfer, Mezzosopranistin Hana Katsenes, Altistin Ute Elena Hamm, Tenor Berthold Schindler und Bariton Florian Dengler. Schon beim "Et pastores erant in regione eadem - Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde" bestaunten Sopran, Alt, Tenor und Bariton schön aufeinander abgestimmt die Erscheinung der Engel, der Chor sang ein inniges Gloria, bei dem niemand das sonst obligate Trompetenschmettern vermisste. Der dramatisch-verzweifelte Ausbruch "Quare fremuerunt gentes et populi meditati sunt inania - Warum toben die Völker, warum machen die Nationen vergebliche Pläne?", gefolgt von dem umso tröstlicheren "Gloria" war zweifellos einer der Chor-Höhepunkte. Sopran, Tenor und Bariton strahlten mit einem himmlischen "Tecum principium - Mit Dir ist dein Volk", Ana Winkler-Nam zauberte perlende, luzide Orgelklänge. Spätestens beim Quintett "Consurge Filia Sion - Steh auf, Tochter Zion" und dem feierlichen "Alleluia" des Chors hätte man sich dringend gewünscht, Saint-Saëns hätte seinem viel zu kurzen "Oratorio de Noël" noch ein paar weitere Teile angefügt. Doch es blieb die pure Freude an einem gelungenen Auftakt einer Weihnachtskonzertreihe, den die Zuhörer mit Standing Ovations belohnten.

Der Dachauer Kammerchor singt am Samstag, 29. Dezember, um 19 Uhr in Mariä Himmelfahrt ein Weihnachtskonzert. Es spielt das Bläserensemble "Consorzio Brassivo". Die Chorgemeinschaft Dachau gestaltet am Sonntag, 6. Januar, um 17 Uhr in St. Jakob ein Konzert mit dem Magnificat von Antonio Vivaldi (RV 610) und dem Weihnachtsteil aus Georg Friedrich Händels Messias. Solisten sind Helena Schneider (Sopran), Birgit Rolla (Alt), Bernhard Schneider (Tenor) und Timo Janzen (Bass).

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