Auftakt der Dialektwochen:Rettung für den Breznsoizer

Zum Auftakt der Dialektwochen beim Kulturkreis Haimhausen stellt Johann Rottmeir Preziosen des bairischen Wortschatzes vor und ruft zur aktiven Sprachpflege auf. Die Schönbrunner Sänger singen dazu - natürlich auf bairisch

Von Renate Zauscher, Haimhausen

Was kaum jemand wissen dürfte: Seit zehn Jahren steht das Bairische auf der Liste der gefährdeten Sprachen der Unesco. Denn so wie derzeit ein Massensterben der natürlich Arten stattfindet, verschwinden auch viele Sprachen. Dazu gehört auch das auf Grund seiner besonderen grammatikalischen Struktur als eigenständige Sprache und nicht nur als Dialekt eingestufte Bairisch, das oft nur noch in einer verwässerten, überregional gesprochenen süddeutschen Form ohne seine ursprünglichen Besonderheiten überlebt.

Einer, der bewahren will, was er selbst noch von den Eltern gehört hat, ist Johann Rottmeir aus Oberndorf in der Gemeinde Haimhausen. Am Samstag eröffnete er zusammen mit den Schönbrunner Sängern und der Schönbrunner Stubnmusi die Dialektwochen des Haimhauser Kulturkreises.

"Sprecht Bairisch mit euren Kindern und Enkeln", rät Rottmeier allen, die diese Sprache selber noch beherrschen. Nicht nur, weil das Sprechen eines Dialekts neben der Hochsprache die Intelligenz fördert, sondern auch weil das Bairische eine Fülle von kraftvollen Ausdrücken und Redewendungen voller Sprachwitz kennt. Rottmeirs Interesse an der bairischen Sprache hat viel mit seinem Elternhaus zu tun: Von Vater und Mutter hat er noch sehr viele Ausdrücke und Sprichwörter gelernt, die heute vergessen oder einfach nicht mehr gebräuchlich sind. Die mittlerweile verstorbenen Eltern wurden deshalb auch per Video in Rottmeirs Vortrag "zugeschaltet": Die Zuhörer in der Kulturkneipe konnten sich so vom originalen Tonfall eines einst zwischen Allershausen und Hohenkammer gesprochenen Bairisch überzeugen.

Auftakt der Dialektwochen: Johann Rottmeir sammelt Beispiele für die sprachliche Kraft des Bairischen.

Johann Rottmeir sammelt Beispiele für die sprachliche Kraft des Bairischen.

(Foto: Toni Heigl)

All das, was Johann Rottmeir noch aus der Kindheit kennt oder auch in anderen altbairischen Gegenden gehört hat, hat er in drei Büchern zusammengetragen. 2014 erschien der erste Band unter dem Titel "A Hund bist fei scho", ein Jahr später der Titel "Jetz gherst da Katz!" und zuletzt "Bazi, Blunzn, Breznsoizer". Rottmeir, früher ein hochrangiger Beamter in der Münchner Staatskanzlei, hat darin wunderbare Beispiele für die sprachliche Kraft des Bairischen zusammengetragen, darunter auch Redewendungen mit örtlichem Bezug. So gibt es über die Weichser den schönen Satz: "Weichs, scheichs, hat der Teifi gsagt und is üba Asboch hoam". Die Rauflust nämlich, für die die Weichser bekannt waren, war selbst dem Teufel nicht geheuer. Ob Ausdrücke wie die "Bissgurkn" (ein böses Weib), die "Schelln" (Ohrfeige) oder der Breznsoizer", den man außer zum Brezensalzen zu nichts gebrauchen kann: Rottmeir weiß, wo sie herkommen und übersetzt sie in seinen Büchern für den des Bairischen nicht ganz mächtigen Leser auch ins Hochdeutsche.

Mindestens ebenso eindrucksvoll wie Johann Rottmeirs Diskurs über die bairische Sprache war auch der musikalische Teil des Abends. Die Schönbrunner Sänger Karl Müller, Hans Schertl, Hans Mayr und Hans Schemainda, letzterer vor allem als "Jimmy" bekannt, sangen zur Begleitung der Schönbrunner Stubenmusi passend zu den Texten ausgesuchte Lieder. An der Zither musizierte Anni Schuhladen, am Hackbrett Elfriede Schwarzbach und an der Gitarre Gertraud Berger.

Auftakt der Dialektwochen: Die Schönbrunner Sänger mit Stubenmusi.

Die Schönbrunner Sänger mit Stubenmusi.

(Foto: Toni Heigl)

Das stimmlich sehr schön miteinander harmonierende Männerquartett tritt seit 35 Jahren gemeinsam auf: sehr viel in München, oft aber auch an anderen Orte "südlich der Donau und nördlich von Rom", wie es Hans Schertl formuliert. Schertl ist übrigens auch der Autor einer Zusammenstellung aller Kirchen und Kapellen im Dachauer Land, einer für alle einschlägig Interessierten wichtigen Seite im Internet.

Wie ausgeprägt die Lust des Bayern am sprachlichen Witz ist und wie direkt er die Dinge oft humorvoll-hintersinnig auf den Punkt bringt, das zeigte auch die Liedauswahl der Schönbrunner Sänger an diesem Abend. Da wurde etwa vom versuchten Fensterln gesungen, das schon mal am bösen Hund des Bauern scheitern kann, vom "Teifi" höchstpersönlich und möglichen Methoden ihn einzufangen, oder von der "Wasserschnoizn", andernorts als "Brennsuppn" bekannt, einem sprichwörtlich gewordenen Arme-Leute-Essen.

Bairisch gibt es im Rahmen der Haimhauser Dialektwochen auch am Samstag, 9. Februar, wieder. Dann nämlich kommt das Ensemble Schariwari mit Folkrock und Songs in der eigenen Sprache nach Haimhausen. "Hopfensamba, Mondlandler und andere Traumtänze" sind eine Woche später, am Samstag, 16. Februar, die Spezialität von Pitu Pati: eine Band, die Lieder aus brasilianischen Bars, französischen Bistros, Sinti-Wohnwägen oder Wiener Kaffeehäusern und auch heimische Klänge aus der Alpenregion mitbringt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: