Aufstellungsbeschluss:"Eine sehr interessante Firma"

Der Karlsfelder Gemeinderat plant am Ludl-Grundstück um, damit ein medizintechnisches Unternehmen den gewünschten Platz erhält. Wohnungen sollen stattdessen direkt am Heizkraftwerk entstehen

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Die Planungen für das etwa 40 000 Quadratmeter großen Ludl-Areal an der Münchner Straße in Karlsfeld werden konkreter. Seit Herbst hat eine Medizintechnikfirma Interesse signalisiert. Sie will ihren Sitz und die Produktion an die Münchner Straße verlagern. Welches Unternehmen es genau ist, darüber schweigen die Kommunalpolitiker noch, aber eins ist klar: Man will den Betrieb unbedingt in Karlsfeld haben. "Es ist eine sehr interessante Firma", erklärt die stellvertretende Bauamtsleiterin Simone Hotzan der Süddeutschen Zeitung. "Die Produktion nach außen wird nicht wahrnehmbar sein. Sie ist innovativ und bringt relativ wenig Verkehr mit sich, dafür aber Gewerbesteuer." Und die braucht der Ort dringend für seine vielen Bauprojekte.

Ursprünglich sollte die Firma in ein lang gestrecktes Gebäude am südöstlichen Rand des Ludl-Areals ziehen. Doch nun favorisiert sie die Fläche hinter Mc Donalds bis zur Nibelungenstraße. Dort hat der Investor ein breiteres Gebäude vorgesehen. "Das erste ist ihnen viel zu schmal", erklärt Hotzan. Außerdem könnten sie im Erdgeschoss keine Lücken lassen wegen der Produktionsstraßen. Die Gemeinde legt Wert darauf, Fuß- und Radwegeverbindungen zu dem Gelände anzulegen. Alternativen zum Autoverkehr sollen geschaffen werden. Insofern war man bei den Vorbesprechungen im Rathaus von einem Tausch begeistert, berichtet Hotzan.

Aufstellungsbeschluss: Grundstückstausch am Ludl-Areal. Die Wohnungen sollen Richtung Heizkraftwerk verschoben werden, die Firma an die Münchner Straße.

Grundstückstausch am Ludl-Areal. Die Wohnungen sollen Richtung Heizkraftwerk verschoben werden, die Firma an die Münchner Straße.

(Foto: Google Earth)

Der Tausch sei akzeptabel, befanden auch die Gemeinderäte am Donnerstagabend unisono. Uneins waren sie jedoch, ob die Sozialwohnungen, die auf dem Grund errichtet werden sollten, den jetzt die Medizintechniker haben wollen, in das ursprünglich für die Firma vorgesehene Gebäude ziehen sollten. Vor allem das Bündnis für Karlsfeld und Holger Linde (CSU) waren dagegen. Sie plädierten dafür, die Wohnungen auf dem Gelände zu planen, wo jetzt Lidl und der dazugehörige Getränkemarkt ist. "An der Allacher Straße bieten sich Wohnungen an. Da ist ein Altenheim daneben, ein Ärztehaus in der Nähe. Das ist sinnvoller", sagte Bernd Rath (Bündnis). "Die Wohnqualität ist deutlich besser als im Ludl-Gebiet", gab auch Beate Full (SPD) zu. Dort grenzt sofort der Betriebshof des Heizkraftwerks an die Gebäude. "Das sind große Lärmquellen, wenn die Lkws auf den Hof fahren, wenden oder ihre Container ausschütten", argumentierte Holger Linde (CSU). Abgesehen vom unschönen Ausblick sei auch noch eine Gaststätte auf dem Ludl-Gelände geplant, die die Nerven der Anwohner ebenfalls strapazieren könne. Einige Gemeinderäte zweifelten daran, dass gesundes Wohnen an dieser Stelle überhaupt möglich ist. Linde fürchtete, dass die Gemeinde irgendwann "für teures Geld" eine Lärmschutzwand einziehen müsse, weil die Anwohner klagten. Plane man gleich anders, könne man sich sogar das Lärmgutachten sparen. Die stellvertretende Bauamtsleiterin versicherte, dass der Gutachter, den die Gemeinde konsultiert hatte, keine Probleme im Wohnen am Heizkraftwerk sehe. Gewisse Anforderungen seien beim Bau freilich zu berücksichtigen. "Lärm gibt es eigentlich an jeder Stelle in Karlsfeld", sagte Hotzan.

"Qualität vor Schnellschnell", forderte der CSU-Gemeinderat. Auch Mechthild Hofner (Bündnis) plädierte für eine Bedenkzeit bevor man eine endgültige Entscheidung fälle. Die Kommunalpolitiker hatten offenbar erst am Abend vor der Gemeinderatssitzung von der Idee erfahren. "Bei einem zukunftsweisenden Projekt dieser Größenordnung und Bedeutung für Karlsfeld sollten wir uns die Planungshoheit nicht aus der Hand nehmen lassen und lieber fundiert, als schnell entscheiden", forderte Hofner. Doch die Mehrheit aus CSU und SPD lehnte einen Aufschub ab. Vor allem Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) drängte zur Eile. "Wir müssen jetzt mit dieser Skizze ins Verfahren gehen, um zu sehen, wo die Knackpunkte sind", sagte er. Stefan Theil (CSU) dauerte schon die gut einstündige Diskussion zu lang.

Aufstellungsbeschluss: Vom Platz bleibt ein Plätzchen, klagt Mechthild Hofner.

Vom Platz bleibt ein Plätzchen, klagt Mechthild Hofner.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Befürworter des Grundstückstausches fürchteten, dass ohne Sozialwohnungen die Mischung nicht passe, um ein urbanes Gebiet auszuweisen. Insgesamt waren mehr als 26 000 Quadratmeter Wohnen vorgesehen. Der geförderte Wohnungsbau sollte davon etwa 8000 Quadratmeter ausmachen, das wären etwa 80 Wohnungen. Wie hoch der Anteil sein muss, schreibt das Gesetz nicht vor.

Einige Gemeinderäte fürchteten, dass der geplante Platz auf dem Ludl-Gelände so leblos werden könnte wie die Neue Mitte, wenn im nördlichen Teil nur Gewerbe sei. Andere widersprachen: Im mittleren Gebäude seien 4000 Quadratmeter Wohnen vorgesehen. Hofner beklagte, von dem großen Platz, den die Investoren bei der Bürgerbeteiligung vorgestellt hatten, sei "nur ein Plätzchen übrig geblieben". Die zweite Bürgerbeteiligung kommt nach den Osterferien.

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