Auf der Straße:Mehr Rechte für Radler

Karlsfeld und Dachau heben an verschiedenen Straßen die Benutzungspflicht von Radwegen auf. Nicht alle Kommunalpolitiker sehen darin einen Beitrag zu mehr Sicherheit im Verkehr.

Gregor Schiegl und Walter Gierlich

Münster

Für Radfahrer ist immer Hauptverkehrszeit. Mehr als ein Drittel aller Wege legen die Münsteraner in ihrer Stadt mit dem Fahrrad zurück.

(Foto: Presseamt Münster / Angelika Klauser)

Es soll ein Schritt auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung im Verkehr werden, den Dachau schon getan hat und den Karlsfeld nun tun will. Radler dürfen in Zukunft auch auf der Fahrbahn der Allacher Straße und der Alten Münchner Straße in der Rothschwaige fahren. Der Karlsfelder Bauausschuss beschloss, die Benutzungspflicht für die Radwege an den beiden großen innerörtlichen Straßen aufzuheben. "Die Autofahrer dürfen den Radfahrer jetzt nicht mehr mit der Hupe von der Straße wegdrücken", sagte Verkehrsreferent Bernd Wanka (CSU). "Man muss jetzt ganz anders auf ihn achten." Bereits vor einigen Wochen hatte Dachau mehrere Straßen für Radler freigegeben, etwa ein Teilstück der Freisinger Straße.

Die Aufhebung der Benutzungspflicht ist einerseits die Folge von Änderungen in der Straßenverkehrsordnung. Sie ist aber auch politisch gewollt: Im innerörtlichen Straßenverkehr soll die Vorrangstellung des Autofahrers zurückgedrängt werden. "Das stellt die Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer dar", sagte Bündnis-Rat Marco Brandstetter. Und die ist nach den Erkenntnissen der Verkehrsforschung im innerörtlichen Beriech auch durchaus sinnvoll, wie der Verkehrsreferent sagte: "Die Separation der Verkehrswege ist nicht mehr das Mittel der Wahl."

Weil die alte Allee durch die Rothschwaige allerdings recht schmal ist und auch von Linienbussen und landwirtschaftlichen Fahrzeugen benutzt wird, soll es für die Radler einen 1,5 Meter breiten Schutzstreifen auf der Fahrbahn geben wie ihn die Stadt Dachau auch an der Münchner Straße im Bereich der Kreuzung mit Bahnhof- und Schillerstraße angelegt hat.

Die nicht mehr zwingend benötigten Radwege an der Allacher Straße und der Alten Münchner Straße durch Karlsfeld werden zu Gehwegen umgewidmet, sie dürfen aber weiterhin von Radlern befahren werden. "Die Unsicheren können nach wie vor den Radweg benutzen", betonte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). Bündnis-Sprecherin Mechthild Hofner, deren Fraktion die Initiative für die Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht ergriffen hatte, begrüßte die neuen Regelungen. Für die Sicherheit insbesondere radelnder Kinder seien sie "nur positiv".

Die SPD sah das allerdings ganz anders. "Ich bin erstaunt, dass die Polizei so etwas befürwortet", sagte Hiltraud Schmidt-Kroll. Sie sehe die Kinder dadurch "eher gefährdet". Ihr eigener Enkel nehme wie viele andere Schulkinder auch den Radweg an der Münchner Straße durch die Rothschwaige. "Ich würde den Kindern auch weiter raten, diesen Radweg zu nutzen."

Dem schlossen sich im Grundsatz zwar alle an. Bündnis-Rat Marco Brandstetter erinnerte daran, dass viele Jungen trotzdem auf der Straße radelten, sein eigener Sohn sei da leider keine Ausnahme. Und dann da sei es doch besser, die radelnden Kinder seien auf einem Schutzstreifen unterwegs als mitten auf der Fahrbahn. Bürgermeister Kolbe schlug in dieselbe Kerbe: "Wir regeln nur etwas, das sowieso schon passiert." Überzeugen konnte er den SPD-Block damit nicht. Die vier Genossen stimmten geschlossen mit Nein.

Ein absolutes Novum für den Radverkehr im Landkreis wird es in der Pfarrer-Mühlhauser-Straße geben, der neuen Stichstraße von der Münchner Straße am Einkaufszentrum "Karlsfelder Meile" zur geplanten Neuen Mitte. Neben Abbiegespuren für die Autos wird es eigene Abbiegespuren für Radfahrer geben. Vor der Haltelinie der Autospur bekommen sie einen eigenen Aufstellplatz.

"Das ist für die Radler komfortabler zu fahren", erklärte der Leiter der Karlsfelder Verkehrsbehörde Günther Rustler. Die eigenen Abbiegespuren hätten sich in größeren bayerischen Kommunen wie beispielsweise in der Stadt Landshut bewährt. Verkehrsreferent Bernd Wanka sprach von einem "innerörtlich sinnvollen Konzept" und regte an zu prüfen, ob es sich nicht auch auf anderen Kreuzungen im Gemeindegebiet anwenden lasse. CSU-Gemeinderat Dag Hogh-Binder freute sich über die Vielzahl neuer Ideen: "Wir werden eine sehr fahrradfreundliche Gemeinde."

Das behauptet man in Dachau auch, spätestens seit dem Besuch in der Fahrradstadt Münster im Jahr 2011. Doch außer der Widmung einer ersten Fahrradstraße - als solche wurde im vergangenen Jahr die Anliegerstraße parallel zu Schleißheimer Straße gewidmet - ist nicht viel passiert. Zwar hob die Stadtverwaltung aufgrund der geänderten Rechtslage Ende März die Benutzungspflicht auf verschiedenen Radwegen auf. Doch bleiben die gravierendsten Probleme für Radfahrer weiterhin ungelöst: Das Befahren der inneren Münchner Straße, der Bahnhofstraße oder der Mittermayerstraße ist weiterhin ein äußerst gefährliches Unterfangen. Kein Wunder, dass hier viele Radler verbotenerweise den Gehsteig benutzen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: