Angeklagter zeigt keine Reue:Notorischer Betrüger

26-Jähriger verkauft im Internet Smartphones, die er nicht hat - das Amtsgericht zieht ihn jetzt aus dem Verkehr

Von Benjamin Emonts, Dachau

Am Ende wirkt selbst der Anwalt des Angeklagten vor dem Amtsgericht ratlos. Aber was soll er auch sagen? Sein Mandant, ein 26-jähriger Altomünsterer, ist offensichtlich ein hoffnungsloser Fall. Seit Jahren verkauft er im Internet Smartphones, die er gar nicht besitzt. Er kommt mit Leuten ins Gespräch, gewinnt ihr Vertrauen und erschleicht sich ihr Geld, ohne jemals etwas zu liefern. Wird er dabei erwischt, macht er einfach seelenruhig weiter. Der Staatsanwalt nennt den Mann einen "notorischen, amtsbekannten Betrüger".

Für den Dachauer Amtsrichter Lukas Neubeck, der den Prozess leitet, ist der 26-Jährige bereits ein alter Bekannter. Im vergangenen Jahr verurteilte er ihn zwei Mal wegen Betrugs zu Freiheitsstrafen von sechs und sieben Monaten. Auch damals hatte der 26-Jährige unter offener einschlägiger Bewährung Smartphones, die es gar nicht gab, über Facebook und Ebay vertickt. Da dem Mann die verhängten Freiheitsstrafen jedoch zu hoch erschienen, legte er Revision ein. Die Urteile sind somit noch nicht rechtskräftig.

Ohnehin haben die Gerichtsprozesse und Strafanzeigen den Altomünsterer nie sonderlich beunruhigt. Er machte einfach weiter wie immer, setzte sich an seinen Computer und zockte andere Leute ab. Im Netz gab er dafür stets den Saubermann, den freundlichen Verkäufer, der das persönliche Gespräch suchte und allerlei über sich preis gab. An seine "Kunden" verschickte er Kopien seines Personalausweises oder schrieb sie direkt über seinen persönlichen Facebook-Account an, auf dem auch sein Gesicht zu sehen war. Das Geld ließ er sich auf sein eigenes Girokonto überweisen. So dumm kann doch eigentlich keiner sein, dachten sich seine Gläubiger und schenkten ihm Vertrauen. In Chat-Gesprächen hatte der 26-Jährige die Kunden immer wieder sogar vor Internet-Betrügern gewarnt.

Vor dem Dachauer Schöffengericht wird er dieses Mal für 16 tatmehrheitliche Fälle des Betrugs schuldig gesprochen. Der Vorsitzende Richter Lukas Neubeck und die Schöffen entsprechen dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilen den Mann zu zwei Jahren und acht Monaten Haft. Trotz seiner laufenden Revision und einschlägiger Bewährung hatte der Altomünsterer wieder etliche Smartphones verkauft, die es nicht gab. Er bekam dafür Summen zwischen 100 und 700 Euro. Seine Gläubiger haben davon bislang keinen Cent zurückbekommen. Der Gesamtschaden liegt bei mehr als 3000 Euro.

Mit dem erschlichenen Geld, das er zusätzlich zu seinem Vollzeitjob als Security-Mitarbeiter verdiente, "lebte er auf größerem Fuß, als er sich leisten konnte", sagt der Staatsanwalt. Allein für seinen täglichen Marihuana-Konsum, der wohl bei mehr als zwei Gramm lag, muss der Mann einige Hundert Euro im Monat ausgegeben haben. Gleichzeitig aber schiebt der Mann wohl seit mehreren Jahren einen 15 000 Euro großen Schuldenberg vor sich her. Sein Anwalt sagt: "Er gehört sicherlich nicht zu den Gewinnern des Lebens."

Das mag auch an seinem Verhalten liegen. Wann immer der Angeklagte sich vor Gericht verantworten musste, stellte er sich dumm und ließ sich jedes Wort aus der Nase ziehen. Auch jetzt wirkt er wieder gleichgültig und gelangweilt. Den Betrug hat er zwar eingeräumt, doch kommt er nicht auf die Idee, etwas über sein Motiv zu sagen. "Man wundert sich", sagt Amtsrichter Neubeck. "So wie Sie sich hier darstellen, nimmt man ihnen nicht ab, dass sie das in Zukunft nicht mehr machen werden." Der Angeklagte nimmt das alles regungslos zur Kenntnis. "Er hat es schwer mit sich. So kommen die ganzen Fehler zustande", verteidigt ihn sein Anwalt. Auch er ist überzeugt: "Er wird mehrere Jahre weg vom Fenster sein. Man muss sehen, dass man ihm den Weg zurück ins Leben nicht ganz abschneidet."

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