Anerkennung :Der Pionier

Energiespeicher; Energiespeicher Peter Drechsler

Peter Drechsler an seinem Gartenteich in Dachau: In der Anlage verbirgt sich ein Naturwärmespeicher, den der 59-Jährige als einer der ersten in Bayern einbauen ließ. Während viele dieser innovativen Anlage skeptisch gegenüberstanden, ging Peter Drechsler einen neuen Weg zur Energiegewinnung.

(Foto: Niels P. Jörgensen)

Sein schöner Gartenteich ist das große Hobby und der ganze Stolz des 59-jährigen Dachauers Peter Drechsler. Stadt und Landkreis zeichnen ihn jetzt für seinen innovativen Naturwärmespeicher aus

Von Christiane Bracht, Dachau

Die Überraschung ist gelungen: Ein Preis für seinen Gartenteich - Peter Drechsler war begeistert. Seit Jahren hegt und pflegt er seine Anlage. Kleine Karpfen drehen ihre Runden darin, Schleien, Goldfische und Blaubandbärblinge jagen einander. Am Ufer wächst normalerweise üppiges Schilf, jetzt ist es schon geschnitten. Damit die Fische auch im Winter genug Licht bekommen. Im Frühjahr setzen Sumpfdotterblumen kräftige, gelbe Akzente und im Sommer schwimmen Seerosen auf der Wasseroberfläche. Sogar einen Bachlauf mit kleinen Gumpen hat Drechsler angelegt. Der Teich ist sein großes Hobby, sein ganzer Stolz. Um so mehr freute den 59-Jährigen die Einladung der Stadt Dachau zur Preisverleihung für den diesjährigen Blumen- und Gartenschätze-Wettbewerb.

Mit großen Erwartungen kam er ins Rathaus. Doch die Stimmung sank, als die ersten Preise an andere Leute vergeben wurden. Selbst bei den guten Leistungen fiel sein Name nicht. Drechsler war irritiert und auch schon ein wenig enttäuscht. Doch dann der Sonderpreis: Er habe "keinen klassischen Gartenteich", hieß es. Drechsler stutzte. Die Jury lobte seine innovative Anlage zur Energiegewinnung, den Naturwärmespeicher, den jeder sofort sehen kann, wenn er einen Blick auf das Grundstück wirft. Ein Brunnen mit etwa 2,20 Meter Durchmesser, der knapp unter der Wasseroberfläche durch konzentrische Metallplatten abgedeckt ist, damit niemand hineinfallen kann. Oben plätschern Springbrunnen und entwerfen ein lebendiges Wasserspiel. Darüber thronen zwei scherenschnittartige Angler. Sie lenken von dem Ventilator in der Mitte ab. In der Nacht kann der Teich, der eigentlich ein Brunnen ist, auch beleuchtet werden. Drechslers Schmuckstück, den liebevoll angelegten Tümpel mit Wasserlauf, hatte die Jury bei ihrem Rundgang gar nicht gesehen. Er ist im hinteren Teil des Grundstücks ein wenig verdeckt. Drechsler lacht über das Missverständnis.

Der Erfolg bei der Stadt hat ihn aber angespornt. Und so bewarb sich Drechsler kurz nach der Ehrung im Rathaus auch für den Energiepreis des Landkreises. Der Naturwärmespeicher erregte bei der Jury der Kreisbehörde ebenfalls Aufsehen. Zur Verleihung des Preises Mitte Dezember ist der Dachauer schon eingeladen. "Er wird bedacht", heißt es aus dem Landratsamt. Welchen Preis Drechsler genau bekommt, das will man jetzt lieber noch nicht verraten. Schließlich soll die Überraschung erhalten bleiben.

Der Naturwärmespeicher ist ein Pilotprojekt und Drechsler ist der erste Kunde, der sich solch eine Heizung hat einbauen lassen. Noch wird das Gerät von der Ulmer Firma immer wieder neu justiert, getestet und programmiert. Der Dachauer wundert sich dann, warum mal wieder das Licht verrückt spielt, der Springbrunnen aussetzt oder die Pumpe nicht mehr arbeitet. Aber er hat Vertrauen. Zweifel, ob der Kauf das Richtige war, oder daran, dass die Heizung im Winter womöglich nicht warm genug wird oder, dass sie gar ausfallen könnte, hat der Pionier nicht. "Ich habe mir das angeschaut. Die Technik ist gut", sagt Drechsler überzeugt. Und er weiß, wovon er spricht: Der Dachauer ist technischer Zeichner und Konstrukteur. Noch dazu hat er sich lange mit Heizungsbau beschäftigt - nicht nur aus privatem Interesse.

Vor 13 Jahren hat er sich von der fossilen Heiztechnik verabschiedet. Seine Frau und er waren sich einig, dass sie unabhängig von Gas und Öl sein wollten. Damals ging es den beiden wohl weniger um den Umweltgedanken und die ökologische Vorbildfunktion, als vielmehr darum, von den stark schwankenden Preise wegzukommen und auch beruhigt die Sicherheitsbedenken wegen des Öltanks im Vorgarten ad acta legen zu können. Drechsler informierte sich damals überall, wog verschiedene Alternativen gegeneinander ab und entschied sich schließlich für eine Luftwärmepumpe. Auch damals war er schon Pionier. Seine Nachbarn beäugten die "Ökoheizung" mit großer Skepsis. Doch Drechsler triumphierte. Das System arbeitete gut und er konnte im Vergleich zu seinen konventionellen Nachbarn jede Menge Geld sparen. Während er etwa 900 Euro Strom pro Jahr zahlte, verlangten die Stadtwerke von seinem Nachbarn jedes Jahr 3500 Euro für Gas, erzählt Drechsler. Die Häuser sind mit etwa 100 Quadratmeter Wohnfläche vergleichbar groß. "An sehr kalten Wintertagen musste ich mit meinem Pelletofen einheizen", gibt er zu.

In den vergangenen zwei Jahren ging die Rechnung aber plötzlich nicht mehr auf. Der Stromverbrauch stieg rapide - bis zu 20 Prozent mehr als in den Jahren zuvor musste das Paar auf einmal zahlen, die Wohnung aber blieb kalt. Drechsler ging der Sache auf den Grund und entdeckte schon nach kurzer Zeit, dass der Verdampfer korrodiert war. Ein Austausch wäre kompliziert und teuer geworden, erklärt der Dachauer. "Und wir wären danach wieder auf einer Technik von vor 13 Jahren gewesen." Das Paar entschied sich für eine neue Heizung, ein anderes System.

Das alte System hatte ein Manko: "Eine Leistungsregelung war nicht möglich", erklärt der Preisträger. Die Anlage lief 365 Tage im Jahr auf gleicher Stärke. Mit dem neuen Naturwärmespeicher ist das anders: Bei einer Außentemperatur von zehn Grad läuft die Heizung zum Beispiel nur mit zwei Kilowatt pro Stunde, bei minus zehn Grad dagegen braucht sie sechs Kilowatt pro Stunde. Für den technikbegeisterten Drechsler ist das ein großer Pluspunkt. Laut Firma können auch lang anhaltende Frostperioden der Wärmeleistung nichts anhaben. Der Pelletofen ist demnach künftig überflüssig, denn ein Zuheizen ist nicht mehr nötig.

Der Härtetest im Januar und Februar steht aber noch aus. Anders als bei dem vorherigen Heizsystem wird die Wärme beim Naturwärmespeicher nicht mehr nur aus der Luft gesogen, sondern auch aus dem Wasser, denn das speichert sie länger. Außerdem wird viel Energie freigesetzt, wenn Wasser seinen Aggregatzustand von flüssig in fest beziehungsweise umgekehrt ändert. "So viel wie bei der Erwärmung von Wasser auf 80 Grad", erklärt Josefine Dukar von der Ulmer Firma Naturspeicher GmbH, die das neuartige System entworfen hat. Bei so vielen Auszeichnungen mag sie natürlich nicht fehlen, wenn die Presse sich für das Vorzeigeprodukt interessiert. 50 Kunden habe man schon, sagt Dukar. Derzeit sei man damit beschäftigt die Anlagen auszuliefern. Drechsler hat bereits Anfang des Jahres den etwa zwei Meter tiefen Brunnen vor seinem Haus ausgehoben. Seither läuft das System.

"Etliche schauen über den Gartenzaun und fragen nach, wie das funktionieren soll", erzählt Drechsler. Inzwischen hat er ein Kästchen mit Broschüren darin an seinem Gartenzaun angebracht, damit sich jeder informieren kann. Und die Leute greifen zu. Viele sind interessiert, andere skeptisch. Nicht alle sind eben Pioniere.

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