Vor Gericht:Bewährungsstrafe für das Posten von SA-Parole

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Unter seinem Klarnamen hat der Angeklagte aus dem Landkreis Dachau die verbotene SA-Parole gleich mehrmals gepostet. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Insgesamt 19 Mal hat ein Mann aus Pfaffenhofen an der Glonn die verbotene Losung „Alles für Deutschland“ über seinem X-Account geteilt. Nun muss sich der 61-Jährige dafür vor dem Dachauer Amtsgericht verantworten.

Von Jacqueline Lang, Dachau

Gut einen Monat vor der Verurteilung des Thüringer AfD-Fraktionschefs Björn Höckes im Mai postet ein Angeklagter aus dem Landkreis Dachau die Parole „Alles für Deutschland“ auf seinem Profil bei der Plattform X. Etwa zur selben Zeit, als der rechtsextreme Politiker wegen dieses Nazi-Satzes abermals verurteilt wird, veröffentlicht auch der Mann aus Pfaffenhofen an der Glonn ihn wieder: Insgesamt 19 Mal schreibt der 61-Jährige die verbotene Parole der Sturmabteilung (SA) unter seinem Klarnamen ins Netz, in Großbuchstaben, dazu blaue Herzen- und Deutschlandfahnen-Emojis. Nun wurde der Lagerist in Altersteilzeit am Dachauer Amtsgericht für das Verwenden verfassungswidriger Kennzeichen zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung.

Der Pfaffenhofener, der ohne einen Verteidiger auf der Anklagebank sitzt, gibt vor, nicht gewusst zu haben, dass es sich bei der von ihm verwendeten Parole um eine verbotene SA-Losung handelt. Er beruft sich auf Aussagen Höckes, wonach dieser ja sogar als Geschichtslehrer davon bis zu seiner Verurteilung nichts gewusst haben will. Außerdem, so sagt es der Angeklagte, hätten auch Franz Beckenbauer und König Ludwig II. von Bayern diese Formulierung schon mal verwendet. Das wiederum veranlasst Richter Lorenz zu einem kleinen geschichtlichen Exkurs.

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Ein 24-jähriger Dachauer setzt auf der Plattform X rassistische und antisemitische Kommentare ab. Jetzt ist er vor dem Amtsgericht verurteilt worden. Sein Anwalt sagt, dem Angeklagten sei bewusst, dass er einen „wahnsinnigen Hass“ in sich trage.

Von Jacqueline Lang

„Wann hat König Ludwig II. denn gelebt?“, will er von dem Angeklagten wissen. Der weiß die Antwortet, es war im 19. Jahrhundert – und damit lange vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Auch den Hinweis auf Beckenbauer und andere Personen, die die Parole angeblich verwendet haben sollen, will Richter Lorenz nicht gelten lassen. Nur weil jemand anderes sie in der Vergangenheit schon mal verwendet habe, bedeute das nicht, dass der Angeklagte sie straflos nutzen dürfe.

Und dass die Verwendung der SA-Parole justiziabel sei, müsse dem Angeklagten spätestens mit der ersten Verurteilung Höckes im Jahr 2024 bewusst gewesen sein, davon ist Richter Lorenz überzeugt. Immerhin hatte er vor der Europawahl im Juni in mehreren Posts vor den „Altparteienverbrecherbanden“ gewarnt, die „zum Teufel gejagt“ gehörten. Dazu hatte er mehrmals Reden von AfD-Politikern wie Tino Chrupalla verlinkt. Eine Sympathie für die Partei, der auch der Rechtsextremist Höcke angehört, liegt also nahe – auch wenn der Angeklagte leugnet, dass die blauen Herz-Emojis genau dies zum Ausdruck bringen sollen.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Angeklagte vor Gericht steht

Es ist nicht das erste Mal, dass der Pfaffenhofener mit seinen Äußerungen straffällig in Erscheinung getreten ist: Bereits 2023 wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann öffentlich beleidigt hatte. Dazu sagt der 61-Jährige vor dem Dachauer Amtsgericht: „Das tut mir leid, das war eine Kurzschlussreaktion.“

Seine Meinung äußern dürfe er, erklärt Richter Lorenz dem Angeklagten, aber „bestimmte Äußerungen sind zu unterlassen“. Andernfalls bestehe die Gefahr, erneut mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten – und dann bleibe es womöglich nicht mehr bei einer Bewährungsstrafe.

Das Urteil ist bereits rechtskräftig

Verstößt der Angeklagte nämlich in den kommenden drei Jahren gegen seine Bewährungsauflagen, droht ihm Gefängnis. Will er das umgehen, muss er es nicht nur unterlassen, Nazi-Parolen zu posten und Politikerinnen zu beleidigen, er muss auch 3000 Euro an den Verein Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) überweisen. ASF organisiert laut eigener Homepage weltweit Freiwilligendienste, mit dem Ziel von Frieden und Verständigung in den Ländern, „die in besonderem Maße unter den Gräueln des Nationalsozialismus zu leiden hatten“.

Das Urteil gegen den 61-Jährigen ist bereits rechtskräftig. Anders als Björn Höcke hat der Mann aus Pfaffenhofen an der Glonn sich nämlich schon im Gerichtssaal dagegen entschieden, Revision einzulegen.

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