Amtsgericht Dachau:Vater würgt 16-jährigen Sohn

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Schwer depressiver Mann kommt trotz heftiger Übergriffe auf Frau und Kind mit Bewährungsstrafe davon.

Matthias Pöls

Am Ende der Verhandlung im Amtsgericht Dachau bricht der 46-jährige Angeklagte in Tränen aus. "Es ist nicht einfach, und es tut mir leid", sagt er mit leiser Stimme. Leid tut ihm, was er seiner Familie angetan hat: Der 46-Jährige bedrohte seine Frau mehrmals, warf Gegenstände nach ihr und, als der Ehekrieg eskalierte, schlug er sie und würgte seinen eigenen Sohn. Seitdem ist ihm jeder Kontakt zu den beiden Kindern und der Frau verboten. Der Täter befindet sich in psychologischer Behandlung und ist schwer krank und depressiv. Amtsrichterin Petra Nolte verurteilt den Mann jetzt zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung von einem Jahr und vier Monaten wegen vierfacher gefährlicher und zweimaliger vorsätzlicher Körperverletzung.

Häusliche Gewalt ist immer wieder ein Problem in Familien. Der 46-jährige Angeklagte habe im Affekt gehandelt. Heute bereut er seine Tat, aber der Kontakt zur Familie ist erstmal verboten. (Symbolfoto) (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Angeklagte und seine Frau befanden sich schon in der Phase der Scheidung, aber die anhaltenden Streitereien mündeten in schwere Übergriffe. Der 46-Jährige warf Raumduftflaschen, an einem Tag sogar schweres Werkzeug, nach seinem Opfer und traf es auch. Ende Mai diesen Jahres schließlich griff er seine Frau direkt an: Er stieß sie gegen die Wand und schlug ihr ins Gesicht. Sie erlitt mehrere Hämatome und ihre Lippe platzte auf.

Am 26. Juni bricht wieder Streit zwischen den Eheleuten aus, und diesmal gibt es fast ein Todesopfer. Der 46-Jährige fordert die Autoschlüssel, doch seine Frau gibt sie ihm nicht. Er drückt sie gegen die Wand und schlägt auf sie ein, ihre Lippe blutet stark. Als das völlig verschreckte Opfer die Polizei rufen will, holt der Ehemann ein Messer und droht ihr, sie zu töten. In diesem Moment kommt der 16-jährige Sohn nach Hause. Der Junge will dazwischen gehen. Aber der Vater lässt sich nicht besänftigen. Als der 16-Jährige selbst die Polizei verständigen will, schneidet ihm der Vater mit dem Messer in einen Finger. Mutter und Sohn wollen aus der Wohnung fliehen. Doch der Vater packt sein eigenes Kind am Hals und drückt es gegen die Wand. Er würgt den Jungen solange, bis er fast bewusstlos ist. Das sei lebensgefährlich gewesen, hält ihm der Staatsanwalt vor. Das dürfe auch in einer emotionalen Ausnahmesituation nicht passieren.

Nach einem kurzen Rechtsgespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit gibt der Angeklagte alles zu. Der Frau und den beiden Kindern bleibt so eine Aussage erspart. Die Opfer müssen die ganze schreckliche Geschichte, unter der sie nach wie vor leiden, nicht vor Gericht aufrollen. Zur Urteilsverkündung wird die Familie nicht bleiben. "Was ist in Ihnen vorgegangen", fragt Richterin Nolte den Angeklagten. "Ich habe zu Hause Familienprobleme", lautet seine knappe Antwort. Der 46-Jährige befindet sich seit einem Jahr in ambulanter psychologischer Behandlung. Seit Anfang Juni kann er nicht mehr zur Arbeit gehen. Die Liste der ärztlich bestätigten Beschwerden ist lang: Asthma, Rheuma, Knieprobleme und Tinnitus. Zudem leidet er unter einer schweren Depression. Zurzeit läuft ein Antrag des Angeklagten auf einen Schwerbehindertenausweis. Außerdem wartet der 46-Jährige auf einen freien Platz für eine stationäre psychologische Behandlung

Die Verteidigerin sagt, ihrem Mandanten sei es besonders wichtig, dass der Kontakt zu seinen Kindern nicht abbreche. Er sei bis auf diesen einen Fall immer ein fürsorglicher Vater gewesen. Damals sei der 46-Jährige mit der Situation nicht zurecht gekommen, sagt die Anwältin. Für den Angeklagten spreche, dass er keine Vorstrafen hat. Unter der Auflage, die psychologische Behandlung sowohl ambulant als auch stationär fortzuführen, urteilt Richterin Nolte milde. "Denn Sie wollen das Ganze wieder ins Lot bringen", sagt sie.

© SZ vom 08.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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