Amtsgericht Dachau:Unfallfahrer muss ins Gefängnis

Mit fast 1,5 Promille stieg ein Dachauer in sein Auto und fuhr los. Bei einem Unfall tötete er eine Frau. Dafür muss er jetzt 19 Monate ins Gefängnis.

Daniela Gorgs

Er trinkt ein paar Bier am Nachmittag, setzt sich ins Auto, um einen halben Kilometer zum Lottospielen und Zigaretten holen zu fahren - und fährt dabei eine Frau zu Tode. Das Amtsgericht Dachau hat den 51-jährigen Mann am Montag wegen fahrlässiger Tötung, Gefährdung des Straßenverkehrs sowie Unfallflucht zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Amtsgericht Dachau: Der 51-Jährige hatte fast 1,5 Promille im Blut, als er eine Frau überfuhr und tötete.

Der 51-Jährige hatte fast 1,5 Promille im Blut, als er eine Frau überfuhr und tötete.

(Foto: dapd)

Vorsitzender Richter Lukas Neubeck spricht von einer "beträchtlichen Schuld", die der sichtlich gezeichnete 51-Jährige auf sich geladen habe.

Es ist der 8. Dezember 2009 um kurz vor 18Uhr, als eine 70-jährige Fußgängerin zusammen mit ihrem Mann und zwei weiteren Personen die Krankenhausstraße in Dachau überquert. Die 70-Jährige ist die letzte in der Reihe.

Sie wird vom Auto des damals 49-Jährigen erfasst, prallt auf die Motorhaube, fliegt durch die Luft, knallt auf den Asphalt - und stirbt noch an der Unfallstelle an einem Genickbruch und inneren Verletzungen. Statt sich um die am Boden liegende Frau zu kümmern, läuft der Unfallverursacher heim, um von dort Rettung zu rufen, wie er vor Gericht erklärt.

Mit gefalteten Händen sitzt der 51-Jährige auf der Anklagebank. Immer wieder hält er sich die Hände vors Gesicht, reibt sich die Augen, sucht Blickkontakt zu dem Sohn der Frau, die er getötet hat. Der Sohn aber, der mit einem Nebenklägervertreter auf der Zuschauerbank sitzt, weicht seinem Blick aus und verschränkt abwehrend die Arme, als der Verteidiger einen Täter-Opfer-Ausgleich vorschlägt und dem Sohn sowie dem Ehemann des Opfers je 2000 Euro Schmerzensgeld anbietet.

Auch der Witwer lässt über seinen Anwalt ausrichten, dass er weder Geld noch Entschuldigung annehmen wolle. Zu tief sitzt der Schmerz, als dass auch die Zeilen, die der 51-Jährige in einem Beileidsschreiben nach dem Vorfall an die Familie des Opfers richtete, Gehör finden.

Der Verteidiger berichtet, dass sein Mandant seit dem Unfall in psychotherapeutischer Behandlung ist. Nach dem Vorfall sei der 51-Jährige in einem "extremen Schockzustand" nach Hause gelaufen. Für die Hinterbliebenen unverständlich, da sich der Unfall in unmittelbarer Nähe des Krankenhauses ereignet hat. Von dort haben Mitarbeiter den Vorfall beobachtet und sofort Erste Hilfe eingeleitet, die erfolglos bleibt.

Der 51-Jährige wird von einem Bekannten zur Unfallstelle zurückgebracht, der seinen Freund völlig aufgelöst ("Er drohte, sich das Leben zu nehmen") vor dessen Haus unweit des Tatorts vorfindet. Nach Ansicht eines Verkehrsgutachters wäre der Unfall vermeidbar gewesen. Die Straße sei übersichtlich, breit und ausgeleuchtet gewesen. Es hätten keine Autos am Rand geparkt. Laut einer Rechtsmedizinerin hatte der 51-Jährige zum Tatzeitpunkt mindestens 1,47 Promille Alkohol im Blut.

Die Staatsanwältin fordert eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, sieben Monaten. Sie spricht von einer "absolut unnützen Fahrt". Wegen einer ungünstigen Sozialprognose könne die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Das sieht der Verteidiger anders. Für ungerechtfertigt hält er auch eine Verurteilung wegen Unfallflucht, da sich sein Mandant in einem Schockzustand befunden habe.

Doch Richter Neubeck urteilt: "Er hätte sich kümmern müssen." Das Opfer habe keine Chance gehabt, was das hohe Maß an Verantwortungslosigkeit zeige. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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