Süddeutsche Zeitung

Amtsgericht Dachau:Teure Gefälligkeit

Ein pensionierter Kaminkehrer steht vor Gericht: Er soll einen Ofen nicht fachgerecht angeschlossen und damit einen Großbrand in Haimhausen verursacht haben. Doch die Beweisaufnahme ist schwierig.

Petra Schafflik

Ein gut gemeinter Freundschaftsdienst könnte einen pensionierten Kaminkehrer aus dem Landkreis jetzt teuer zu stehen kommen und sogar seine Existenz gefährden. Gegen einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Brandstiftung hat der 65-Jährige Einspruch erhoben, deshalb wurde nun vor dem Amtsgericht verhandelt. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Im Stüberl eines Pferdestalls bei Haimhausen, der im September 2010 völlig niederbrannte, soll der Mann einen Holzofen nicht fachgerecht angeschlossen haben. Der Brand, bei dem weder Personen noch Tiere verletzt wurden, aber ein Sachschaden in Höhe von 150 000 Euro entstand, sei vom Holzofen im "Reiterstüberl" ausgegangen. Das haben die Ermittlungen laut Anklageschrift ergeben. Das Heizgerät samt Kamin hatte der Kaminkehrer 2007 dem Pächterehepaar aus seinen Lagerbeständen überlassen, da er sich zur Ruhe setzen wollte. Aus Nachbarschaftshilfe packte er selbst an und installierte mit einem jüngeren Berufskollegen den Ofen an einem Samstag im Sommer 2007. Gut drei Jahre lang funktionierte das Gerät offenbar problemlos, doch im September 2010 überhitzte laut Anklageschrift eine Bretterwand. Brandursächlich sei ein zu geringer Sicherheitsabstand zwischen Ofenrohr und hölzerner Außenwand gewesen. Allerdings bestreitet der Angeklagte, den Ofen betriebsbereit aufgestellt zu haben. Nur provisorisch sei eine Öffnung ins Freie für das Abluftrohr hergestellt worden. Die Pächterin habe er darauf hingewiesen, dass das Loch noch isoliert, die Brennstelle von einem Berufskollegen abgenommen werden müsse. Die Frau erinnert sich anders: "Ich darf sofort heizen", habe ihr der Fachmann gesagt. Wer tatsächlich die zu knappe Aussparung für das Ofenrohr in die Holzwand gesägt hat, warum nicht gleich alles korrekt montiert wurde, blieb im Verlauf der Beweisaufnahme unklar. Fest steht, dass später der Eigentümer des Anwesens die tatsächlich noch offene Rohrdurchführung mit hitzebeständigem Material isoliert und verkleidet hat. Das bestätigt der Mann als Zeuge dem Gericht. In den Folgejahren rügten dann die beiden Kaminkehrer-Nachfolger des Angeklagten im Stüberl Mängel am Holzofen, erinnert sich die Pächterin. Zuletzt im Sommer 2010 habe der zuständige Schornsteinfeger geraten, das Loch sollte bis zur nächsten Heizperiode weiter ausgeschnitten werden. Gemacht hat die Pächterin nichts. "Sollte, nicht musste," betont die Frau vor Gericht, "außerdem beginnt die Heizperiode erst im November". Doch bis dahin war der Stall abgebrannt. Erzwingen könne er Nachbesserungen in derartigen Fällen nicht, erklärt der aktuell zuständige Kaminkehrer als Zeuge dem Gericht. "Wenn von außen keine Mängel erkennbar sind, gibt es dafür keine Rechtsgrundlage." Der Angeklagte bezweifelt, dass der Brand überhaupt vom Ofenrohr ausgegangen ist. Ein Fachgutachten soll diese entscheidende Frage klären, die nicht nur strafrechtlich relevant ist. Denn im Fall einer Verurteilung muss der 65-Jährige mit Schadenersatzforderungen der Brandversicherung in Höhe der Schadenssumme von bis zu 150 000 Euro rechnen.

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Quelle:
SZ vom 20.07.2011
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