Amtsgericht Dachau:Richter zeigt Milde

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Ein 31-Jähriger aus dem Landkreis lud sich kinderpornografische Bilder und Videos aus dem Internet - und wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Gregor Schiegl

Die Beweislast ist erdrückend. 591 kinderpornographische Bilddateien hat die Polizei auf dem Rechner eines 31-jährigen aus dem Landkreis sichergestellt, außerdem 81 Videos, Laufzeit mehr als zehn Stunden.

Ein 31-Jähriger wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er sich im Internet pornographische Bilder und Videos mit Kindern heruntergeladen hat. (Foto: dpa)

Der Angeklagte wird rot im Gesicht, als der Staatsanwalt nüchtern beschreibt, welche sexuellen Handlungen an Minderjährigen die Bilder zeigen. Ein Mädchen schätzt der Staatsanwalt gerade mal auf zwölf, das andere auf acht Jahre. Auch ein sechs Monate altes Baby ist dabei. Das Urteil des Amtsgerichts: Zehn Monate auf Bewährung. Bewährungsdauer: drei Jahre. Außerdem muss der Angeklagte 3750 Euro ans Frauenhaus Dachau zahlen.

Für das "Verschaffen kinderpornografischer Schriften" sieht der Gesetzgeber einen Strafrahmen von drei Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe vor. Aus gutem Grund: "Dadurch, dass Sie sich diese Bilder anschauen, fördern Sie mittelbar den Kindsmissbrauch", hält der Staatsanwalt dem Angeklagten vor. Denn: Wo Nachfrage sei, gebe es auch einen Markt. Er fordert eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren.

Richter Lukas Neubeck urteilt milder - was weniger mit der Tat zu tun hat als mit dem einsichtigen Täter. "Ich habe einen gewichtigen Fehler begangen, es tut mir leid", sagt der Mann. Und beteuert: "Ich sehe mich nicht als Pädophilen an." Dass er ein Problem hat, das wisse er.

Als die Sache mit den Kinderpornos aufflog, habe er sich gleich in Behandlung eines Psychotherapeuten begeben, eines namhaften Spezialisten. Er praktiziert nur privat, das ist teuer. 2000 Euro haben die ersten Gespräche gekostet. Aber das sei es ihm wert, sagt der Angeklagte. Auch die Entfernung bis zu dessen Praxis würde er weiterhin in Kauf nehmen. Es sind fast 500 Kilometer von Dachau.

Von dem Psychotherapeuten stammt auch das Gutachten, das ihm bescheinigt, ein "situationsbedingter Pädokrimineller" zu sein. Was das genau heißt, kommt in der Verhandlung nur vage zur Sprache: Der Angeklagte berichtet, er habe "keine sehr gute Kindheit" gehabt. Eine Freundin hatte er in den zurückliegenden Jahre auch nie, im Umgang mit Frauen sei er gehemmt.

Dafür ist er im Beruf erfolgreich; er ist Programmierer. Nach der Arbeit sei er oft noch online unterwegs. Durch seinen Job wisse er genau, wie das Internet aufgebaut sei und wie es funktioniere. "Es war nicht schwer, an so eine Seite heranzukommen."

Geschnappt wurde er, weil er vier kinderpornografischer Bilder von der Website einer Firma heruntergeladen hatte; der Firmeninhaber informierte die Polizei. Wie und warum die Bilder auf der Seite eines Unternehmens abrufbar waren, bleibt indes unklar.

"Vielleicht wurde die Seite gehackt", mein der Angeklagte. Die Polizei durchsuchte im August 2010 seine Wohnung. Sie stellte neben USB-Sticks und drei Laptops auch den PC mit den illegalen Dateien sicher.

Dass sich der bislang nicht vorbestrafte Mann gleich um eine Therapie bemüht hat und dafür auch erhebliche Summen einsetzte, ist für Richter Lukas Neubeck mit ausschlaggebend gewesen, die Strafe relativ niedrig anzusetzen.

Vorsorglich warnte ihn aber, dass das Landeskriminalamt eine eigene Abteilung gegen Kinderpornografie unterhalte. Diese könne überprüfen, ob er im Internet noch einmal auf Kinderpornografie zugreife. Sollte dies geschehen, bedeute das unweigerlich Gefängnis. "Dann ist alles dahin", sagte Neubeck. "Auch Ihr Job."

© SZ vom 03.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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