Amtsgericht Dachau:"Paparazzo" ausgebremst

19-Jähriger fotografiert Mitschülerin durchs Wohnzimmerfenster - und wird dafür strafrechtlich belangt.

Von Petra Schafflik

Der Paragraf "201 a" ist erst vor wenigen Jahren neu ins Strafgesetzbuch aufgenommen worden, um Spannern und Paparazzi das Leben schwer zu machen. Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr kann nun bestraft werden, "wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt".

Jetzt musste sich ein 19-jähriger Schüler aus dem Landkreis vor dem Amtsgericht Dachau verantworten, weil er gegen dieses relativ neue Gesetz verstoßen hat. Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautete auf "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen". Vom Gehweg aus hatte der junge Mann eine Mitschülerin ohne deren Wissen in ihrem Wohnzimmer beim Fernsehschauen fotografiert. Vor dem Amtsgericht landete der Fall, weil die Mutter des Mädchens Anzeige gegen den 19-Jährigen erstattet hatte.

Gemeinsam mit einer Bekannten sei er damals unterwegs gewesen, erzählt der Angeklagte im Gerichtssaal. Als sie zufällig die Mitschülerin gesehen hätten, die im Wohnzimmer vor dem TV-Gerät saß, habe er mit seinem Handy ein Foto geschossen. "Warum macht man so was?", fragt Amtsrichter Daniel Dorner den jungen Mann. "Das war wohl so eine Dummheitsaktion", sagt der Angeklagte leise. "Wir hatten nichts Böses im Sinn." Gleich am nächsten Tag habe er in der Schule dem abgelichteten Mädchen das Foto gezeigt und das Bild dann vor deren Augen sofort gelöscht. "Ich habe es nicht weitergeschickt oder ins Netz gestellt."

Allerdings habe er gewusst, dass die betroffene Mitschülerin in der Schule gemobbt wurde. "Da gab es so Gerüchte." Zwar war dem jungen Mann offenbar nicht klar, dass es verboten ist, Fotos in Privathäuser hinein zu schießen. Doch im Gespräch mit dem Amtsrichter muss er dann zugestehen: Wenn ihn selbst jemand von der Straße aus in seiner Wohnung fotografieren würde, "das fände ich schon komisch". Vor allem "wenn ich weiß, dass jemand gemobbt wird", ergänzt der Amtsrichter. Gerade der gedankenlose Umgang mit den neuen Medien sei ein deutlich jugendspezifisches Verhalten, erklärte der Vertreter der Jugendgerichtshilfe. Das spreche für die Anwendung von Jugendstrafrecht wie auch die Tatsache, dass der Start ins Berufsleben für den 19-Jährigen nicht reibungslos verlaufen ist. Eine erste Ausbildung hat er abgebrochen, im September will er einen zweiten Anlauf machen.

Die Entscheidung des Gerichts fiel dann moderat aus. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärte sich mit einer Einstellung des Verfahrens einverstanden mit der Auflage, dass der Angeklagte zwei Tage soziale Hilfsdienste leistet. Diese Zeit soll der junge Mann nutzen, um noch einmal über seine sinnlose Aktion nachzudenken, riet der Amtsrichter. "Und denken Sie in Zukunft immer vorher gut darüber nach, was sie tun", gab er dem jungen Mann noch mit auf den Weg.

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