Amtsgericht Dachau:Mit Karacho an die Wand

Mit bis zu 85 Kilometer pro Stunde raste ein 19-Jähriger nachts durch Dachau. An einer Baustelle verlor er die Kontrolle über sein Auto - und den Führerschein.

Petra Schafflik

- Zu später Stunde drücken wohl einige Autofahrer mehr aufs Gaspedal als erlaubt. Das zeigt das Ergebnis nächtlicher Polizeikontrollen, wo etwa im September an der Theodor-Heuss-Straße in nur zwei Stunden 20 Raser erwischt wurden. In aller Regel bleiben Temposünder unentdeckt - außer sie verlieren durch ihren rasanten Fahrstil die Kontrolle und verursachen einen Unfall. Genau das ist im Januar diesen Jahres einem 19-Jährigen passiert: Der junge Angestellte konnte die Kollision mit einem anderen Fahrzeug gerade noch vermeiden, prallte dann aber mit seinem Auto an die Hauswand einer Gaststätte in der Mittermayerstraße. Verletzt wurde bei der Karambolage niemand, doch der Kleinwagen des Rasers war nur noch Schrott. Wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs musste sich der junge Mann am Mittwoch vor dem Dachauer Amtsgericht verantworten.

Warum er in jener Januarnacht gegen Mitternacht viel zu schnell in der Stadt unterwegs war, das vermag der junge Mann nicht mehr zu sagen. "Auf jeden Fall tut mir leid, was passiert ist", sagt er mit leiser Stimme. Zu schnell gefahren ist der Angeklagte in jener Nacht wohl auf dem gesamten Weg, auf dem er von Dachau-Ost in Richtung Hallenbad unterwegs war. Denn schon vor dem Crash in der Mittermayerstraße ist der junge Fahrer einer Polizeistreife aufgefallen, die in der Erich-Ollenhauer-Straße ein anderes Fahrzeug kontrollierte. "Relativ zügig und deutlich zu schnell" sei der Kleinwagen am Kontrollposten vorbeigefahren, erinnert sich einer der beiden Beamten als Zeuge vor Gericht, der das Tempo des Fahrzeugs auf rund 70 Stundenkilometer schätzt. In der Mittermayerstraße wurde dem jungen Raser dann eine Baustelle zum Verhängnis. Ein Kran belegte vor der Einmündung der Von-Hohenhausen-Straße fast die gesamte Fahrspur, behinderte so den Blick auf die Einmündung. Zu spät erkannte der Angeklagte deshalb ein Fahrzeug, das gerade aus der Nebenstraße in die gegenüberlegende Herbststraße querte. "Ich habe sofort voll gebremst und versucht, nach rechts auszuweichen", schildert der 19-Jährige.

Doch das Ausweichmanöver erwies sich als fatal: Das Fahrzeug prallte mit solcher Wucht in die Gaststätte, dass am Auto Totalschaden entstand und die Schäden am Gebäude unübersehbar waren. Ob sich, wie in der Anklageschrift ausgeführt, tatsächlich Passanten durch einen Sprung in Sicherheit bringen mussten, konnte das Verfahren nicht klären, denn diese Zeugen erschienen nicht vor Gericht. Unstrittig war, dass der junge Mann zu schnell unterwegs war. Auf 65 Stundenkilometer schätzt der Angeklagte selbst sein Tempo, doch das Gutachten des Sachverständigen errechnet mindestens 75 bis 85 Stundenkilometer. Und die überhöhte Geschwindigkeit ist allein ausschlaggebend, denn mit Tempo 50 wäre gar nichts passiert. "Ein wenig Gas wegnehmen hätte genügt, selbst wenn sich das querende Fahrzeug in Schrittgeschwindigkeit bewegt hätte", so der Gutachter. Durch seine Raserei hat sich der junge Mann somit einer fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung schuldig gemacht.

Intensiv beschäftigte das Gericht die Frage, ob der 19-Jährige noch nach Jugendstrafrecht zu verurteilen sei. Zwar hat der junge Mann eine Ausbildung abgeschlossen und verdient selbst Geld. Doch zum Zeitpunkt des Unfalls war er kurz ohne Arbeit. Auch lebt er wieder bei den Eltern, nachdem er mit einem eigenen Haushalt gescheitert ist. "Lieber verlasse ich 20 Frauen als meine Mutter", erklärte der Angeklagte dem Gericht die Rückkehr in den Schoß der Familie. Aus diesem Gesamtbild erkannte Amtsrichter Daniel Dorner noch gewisse Reifeverzögerungen und verurteilte den 19-Jährigen nach Jugendstrafrecht zu einer Geldstrafe in Höhe eines Monatsverdienstes von 1200 Euro, die der Kreisverkehrswacht zufließen soll. Schwerer wiegt für den Angeklagten vermutlich der Verlust seines Führerscheins für acht Monate. Dass er in einem technischen Betrieb im Bereitschaftsdienst rund um die Uhr einsatzbereit sein muss, stimmte das Gericht nicht um. "Auf den Führerschein beruflich angewiesen sind fast alle Berufstätigen", erklärte Amtsrichter Dorner, der noch unter der Forderung der Staatsanwaltschaft blieb, die Führerscheinentzug für 13 Monate beantragt hatte. "Acht Monate sind für einen jungen Mann ein empfindlicher Einschnitt," begründete er das Strafmaß.

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