Amtsgericht Dachau:Mit Füßen und Fäusten das Opfer traktiert

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Jugendschöffengericht verurteilt zwei Männer zu Dauerarrest, die einen 25-Jährigen in einer Karlsfelder Bar zusammengeschlagen haben.

Matthias Pöls

Eine weiße Weste haben die beiden jungen Männer schon lange nicht mehr, auch wenn sie vor dem Dachauer Amtsgericht gut gekleidet versuchten, diesen Eindruck zu erwecken. Es stand viel auf dem Spiel: Laut Anklage schlugen der 20-Jährige und der 17-Jährige ihr Opfer im März 2011 in einer Karlsfelder Bar brutal zusammen. Der Jüngere zog danach im Rausch weiter, trat mehrmals gegen ein parkendes Auto. Als die Polizei kam, bedrohte und beleidigte er sie auch noch. Das Jugendschöffengericht verurteilte beide zu mehrwöchigen Haftstrafen.

Ein 18-Jähriger gerät in kriminelle Kreise und wird selbst straffällig. (Foto: dpa)

Die Nacht im vergangenen März ist dem Opfer noch gut in Erinnerung: "Den ganzen Abend schon habe der 20-Jährige "komisch rübergeschaut und uns beleidigt", sagt der 25-Jährige als Zeuge aus. Sein Kumpel und er ignorierten es zunächst. Dann aber forderte der 25-Jährige seinen späteren Peiniger auf, nicht so viel zu trinken, wenn er es nicht vertrage. Daraufhin sprang der 20-Jährige auf, stürmte auf den 25-Jährigen zu und verpasste ihm eine Kopfnuss.

Das verdutzte Opfer versuchte mit zwei reflexartigen Faustschlägen, den Angreifer abzuwehren. Doch das brachte den 20-Jährigen erst richtig in Rage: Er holte einen Kumpel, den 17-jährigen Mitangeklagten. Dieser brachte gleich einen Barhocker mit. Nur durch das Hochreißen des linken Armes vor den Kopf, verhinderte das Opfer schlimmere Verletzungen. Anschließend trommelten beide Angeklagte mit Füßen und Fäusten auf ihr Opfer ein. Gegen Ende konnte der 25-Jährige hinter die Bar flüchten, wobei der jüngere Täter noch zwei Glasflaschen hinterherwarf.

Der 17-Jährige ging dann aus der Bar und trat aus Frust gegen ein Auto. Als die Polizei ihn kurze Zeit später festnahm, beschimpfte der Angeklagte die Beamten massiv. Er spuckte auf das Fahrzeug und drohte "Ich bringe euch um", berichtet der 40-jährige Polizist vor dem Schöffengericht: "Während der Fahrt hat er uns dauernd weiter beleidigt." Auf der Polizeiinspektion Dachau ging es weiter. Auch die herbeigerufene Mutter konnte den 17-jährigen Sohn nicht beruhigen. In der Verhandlung entschuldigt sich der Jugendliche bei dem Polizisten. "Ich wusste selbst nicht, was ich getan habe, bis ich die Akten gelesen habe." Er vermutet, ihm habe jemand etwas ins Glas getan.

Dabei ist der 17-Jährige in Sachen Drogen kein Unbekannter. Erst vor vier Monaten verurteilte ihn das Dachauer Amtsgericht wegen Handels mit Marihuana. Die Polizei hatte in einer groß angelegten Ermittlungsaktion von Dezember 2010 bis Februar 2011 die Mobiltelefone mehrerer Jugendlicher überwacht. Alle Beteiligten landeten vor dem Dachauer Amtsgericht. Der Angeklagte hat die alte Haftstrafe noch nicht abgesessen. Daher wird sie bei der erneuten Verurteilung mit berücksichtigt und hinzugerechnet.

Auch der 20-jährige Angeklagte ist strafrechtlich kein unbeschriebenes Blatt. Er ist bereits mehrfach wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraft. Doch in der Nacht im März habe er gar keine Schläge ausgeführt. "Ich wollte nur schlichten", und Provokationen seien gar nicht seine Art.

Da sich die Aussagen des Opfers und der Angeklagten widersprachen, wollte Vorsitzender Richter Dorner das Verfahren aussetzen. Es fehlten zwei entscheidende Zeugen: Barkeeper und Barbesitzer. Der 17-jährige Angeklagte hatte zuvor ausgesagt: "Ich hätte mich in der Bar gar nicht aufhalten dürfen. Ich war damals noch 16 Jahre alt." Es gebe nicht so viele Stellen, wo er hochprozentigen Alkohol bekomme.

Mit rund 25 anderen feierten die beiden Angeklagten in der Bar. So standen viele Zeugen zur Verfügung. Als aber ein Kumpel der Angeklagten in seiner Aussage herumdruckste und den Vorfall sehr einseitig schilderte, wurde die Sitzung für ein Rechtsgespräch unterbrochen. Im Anschluss legten die beiden Täter ein umfassendes Geständnis ab. Das Jugendschöffengericht verurteilte beide wegen vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung - den 20-Jährigen zu einer Woche und den 17-Jährigen zu vier Wochen Dauerarrest, denn er hatte noch die Polizisten bedroht und beleidigt sowie ein Auto beschädigt.

© SZ vom 08.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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