Süddeutsche Zeitung

Amtsgericht Dachau:Faule Gutscheine

Produkte testen und dafür 1750 Euro im Monat einstreichen. Das klang auch für einen Dachauer sehr verlockend. Vor dem Amtsgericht Dachau muss er sich nun wegen "leichtfertiger Geldwäsche" verantworten.

Walter Gierlich

Mit Geldwäsche muss sich das Amtsgericht Dachau nicht alle Tage beschäftigen. Schließlich denkt man dabei zunächst an die Mafia, nicht aber an einen Dachauer Hausmann. Der 52-jährige Vater von drei Kindern stand jetzt zum zweiten Mal wegen "leichtfertiger Geldwäsche" vor Gericht, nachdem in der ersten Verhandlung vor vier Wochen der wichtigste Zeuge, der ermittelnde Kriminalbeamte, gefehlt hatte. Jetzt war der Zeuge da, zudem kam der Angeklagte, der elf Einträge im Strafregister hat, diesmal mit einem Verteidiger zum Prozess.

Der Angeklagte hatte im Internet nach einem Nebenverdienst gesucht und war auf ein dubioses Angebot aus Estland eingegangen. Die Staatsanwaltschaft hielt ihm vor, dass er hätte merken müssen, dass da etwas faul war. Er sollte Produkte testen und dafür 1750 Euro im Monat erhalten. Auf seinem Konto gingen denn auch tatsächlich 6100 Euro ein, die er in Form von Gutscheinen eines Bezahl-Onlineportals weiterschieben sollte. Tatsächlich war das Geld vom Konto eines Holländers, das die Arbeitgeber des Angeklagten ausgespäht hatten, auf dessen Konto überwiesen worden. Er gab nur Gutscheine im Wert von 2000 Euro weiter und behielt 4100 für sich. Nach Meinung der Staatsanwaltschaft hätte sich dem Angeklagten angesichts der dubiosen Umstände die kriminelle Herkunft des Geldes aufdrängen müssen.

Auch Richter Lukas Neubeck betonte gleich zu Beginn, dass der Angeklagte hätte erkennen müssen, "dass da ein krummes Ding läuft". Der Verteidiger wies darauf hin, dass sein Mandant das durchaus gemerkt und gehandelt habe. "Er hat innerhalb einer Woche die Notbremse gezogen und Anzeige erstattet." Zudem seien andere Verfahren, in denen dubiose Betrüger mit derselben Masche gearbeitet hätten, eingestellt worden. Der Kriminalbeamte bestätigte das. Daher sollte nach Ansicht des Verteidigers auch das Verfahren gegen seinen Mandanten eingestellt werden, zumal der bereit sei, die noch vorhandenen 4100 Euro an den Geschädigten in Holland zurückzuzahlen.

Auch Richter Neubeck sprach sich für die Einstellung aus. Sie kam nur noch nicht zustande, weil die Staatsanwältin die Zustimmung ihrer Behörde während der Sitzung nicht einholen konnte. Das werde er auf dem Büroweg nachholen, kündigte Neubeck an.

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Quelle:
SZ vom 26.05.2012
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