Amtsgericht Dachau:Eine Schlägerei in vier Versionen

Fest steht, dass das Opfer in einer Schlägerei nach dem Volksfest schwer verletzt wurde. Der genaue Tathergang blieb jedoch unklar - das Amtsgericht Dachau vertagte.

Gregor Schiegl

Gehirnerschütterung, gebrochenes Joch- und Nasenbein: Vier Tage hatte der Lagerist im Mai 2009 im Kreiskrankenhaus gelegen. Die Führerscheinprüfung hatte der 18-Jährige damals verschieben müssen, nach den Schlägen sah er alles doppelt, die Ärzte verboten ihm das Autofahren für drei Monate. Am Montag kam der Fall vors Dachauer Amtsgericht. Mit einem Urteil ist erst in drei Wochen zu rechnen; die Verhandlung wurde unterbrochen.

Amtsgericht Dachau: Die 19 und 24 Jahre alten Männer verletzten ihr Opfer schwer - ein Urteil steht noch aus.

Die 19 und 24 Jahre alten Männer verletzten ihr Opfer schwer - ein Urteil steht noch aus.

(Foto: dapd)

Richter Daniel Dorner wird es nicht leicht haben aufzuklären, warum der junge Mann nach dem Besuch des Volksfests am S-Bahnhof Indersdorf so brutal attackiert wurde. Zwei Dachauer Handwerker - einer 19, einer 24 - sitzen auf der Anklagebank. Mit dem Opfer haben sie nach übereinstimmender Aussage persönlich nichts zu tun. "Wir kannten uns eigentlich nicht richtig", sagt der 19-Jährige. Freimütig gibt er zu, dem Opfer von hinten mit der Faust auf den Kopf geschlagen zu haben. Aber die Schläge, die der 18-Jährige kurz danach ins Gesicht bekam, die seien nicht von ihm gekommen. Der Staatsanwalt hat den älteren Mitangeklagten als Täter in Verdacht.

Gab es Streit, eine Provokation, will der Richter wissen. Der 19-jährige Schläger verneint. Warum er dann überhaupt auf den anderen losgegangen ist? "Aus Übermut oder weiß nicht was", meint der etwas ratlos. Auf den Alkohol kann er es schwerlich schieben. Er hat eineinhalb Maß getrunken. Im Blut wird um kurz vor drei Uhr morgens, drei Stunden nach dem Übergriff, ein Wert von 0,31 Promille festgestellt. Der ältere Angeklagte hatte vier Maß intus, 1,24 Promille werden ermittelt.Aber mit dem Angriff, so beteuert er auf Bairisch, habe er nichts zu tun. "Ich bin grundsätzlich kein aggressiver Mensch nicht." Den jüngeren Mitangeklagten kenne er nur als Nachbarn. Beide wohnen in der selben Straße, das ist angeblich alles.

Die Beweisaufnahme gestaltet sich schwierig. Die Aussagen sind lückenhaft und widersprüchlich. So beteuern das Opfer und sein Freund unisono, der Ältere habe den ersten Schlag geführt, der Jüngere den zweiten. Das steht aber nicht nur im Widerspruch zum Geständnis des 19-Jährigen. Nach der Tat hatten es das Opfer und sein Freund der Polizei auch genau andersherum zu Protokoll gegeben. Und nach der Beschreibung des Täters hätte dieser eigentlich auch einen beigen Pulli tragen müssen. Aber der 24-Jährige trug Tracht. "Einen Pulli würde ich nie zur Tracht anziehen", sagt er entrüstet. "Dazu bin ich zu sehr Bayer."

Ein Sicherheitsbeamter der Bahn bezeugt dagegen, er habe genau gesehen, wie der Mann - 1,89 Meter groß in Tracht und mit Gipsarm - über die Köpfe der Menge auf jemanden eingeschlagen habe. Auf Nachfragen muss er passen. "Wir haben fast täglich solche Auseinandersetzungen." Ein anderer Zeuge, der erst noch gehört werden muss, soll einen anderen als den 24-Jährigen als Täter identifiziert haben. Dieser soll in der S-Bahn geprahlt haben: "Die haben mich nicht erwischt." In drei Wochen geht die Verhandlung weiter. "Dann hören wir uns die fünfte Version an", sagt der Richter.

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