Amtsgericht Dachau:Das Schweigen der Misshandelten

40-Jähriger schlägt seine Ehefrau und droht ihr, sie zu ermorden, als sie ihn verlassen will. Jetzt landete der Fall vor dem Dachauer Amtsgericht.

Matthias Pöls

Die junge Frau wollte vor dem Amtsgericht Dachau nicht gegen ihren Mann aussagen. Dabei hatte sie den 40-Jährigen wegen Morddrohungen und vorsätzlicher Körperverletzung selbst angezeigt. Weil sie und ihr Mann vor Gericht nicht aussagten, müssen weitere Zeugen gehört werden. Die Verhandlung dauert an.

Häusliche Gewalt, 2010

Seit zehn Jahren gilt das Gewaltschutzgesetz, das Kontaktverbote für prügelnde Ehemänner ermöglicht.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft lässt erahnen, was die 30-Jährige seit Anfang Januar durchstehen musste.

Als sie ihren Ehemann verlassen und bei einem anderen Mann Zuflucht suchen wollte, hatte der Ehemann sie festgehalten und mit einem Messer bedroht. Dem Protokoll zufolge, das die Polizei von der Aussage der Frau gemacht hatte, war Folgendes geschehen: Der Mann schlägt ihr zweimal mit der Faust ins Gesicht. Die Frau blutet aus der Nase und dem Ohr. "Ich bringe dich um, wenn du schreist oder die Polizei rufst.", droht er ihr. Er werde sie beschneiden, wie die Frauen in Afrika, sollte sie nicht treu sein. Schließlich schneidet der Mann seiner Frau, die sich in seinem Griff nicht rühren kann, die vorderen Haare ab, droht ein weiteres Mal: Er werde sie umbringen, sollte sie nicht bei ihm bleiben. Wiederholt betonte die Staatsanwältin beim Verlesen der Anklage, dass der Angeklagte in vollem Bewusstsein gehandelt habe und auch wusste, dass seine Frau die Drohungen ernst nahm.

Heute wohnt die Frau noch immer bei ihrem Ehemann, von dem sie Anfang des Jahres einfach nur weg wollte. Damals hatte sie Zuflucht bei einem anderen Mann, einem Taxifahrer, gesucht. "Wir wollten zusammenkommen", sagte der 34-jährige Taxifahrer. Sie würde ihren Mann nicht mehr lieben, habe sie ihm gesagt. Er hatte sie Mitte 2010 bei der Arbeit kennengelernt. "Sie fuhr häufiger mit mir." An einem Tag im Januar sei die verzweifelte Frau zu ihm gekommen und habe bei ihm übernachtet. Am nächsten Tag, als er die Sachen der Frau holen will, begegnet er dem Ehemann. "Lass die Finger von meiner Frau, sonst knall' ich dich ab", soll der Angeklagte gesagt haben. Das habe der Taxifahrer "natürlich" ernst genommen. Der 34-Jährige holt die Koffer und bekommt nichts von dem weiteren Geschehen mit. Er sei eingeschüchtert gewesen, habe Angst gehabt.

Für die Frau ist es noch nicht vorbei. Der Ehemann will im eigenen Heim wissen, was zwischen seiner Frau und dem Taxifahrer sei. "Mir kommt es so vor, als ob ich in einen Beziehungsstreit hineingezogen wurde", sagte der Taxifahrer fast entschuldigend und mit roten Ohren. Er antwortete nur stockend. Auf die Frage des Verteidigers, ob seine Aussage vom Angeklagten oder dessen Frau beeinflusst worden seien, sagte er: "Nein." Ob andere ihm gedroht haben, blieb offen. Seit jenem Tag habe der 34-Jährige nichts mehr von der Frau gehört. Sie sei nicht mehr ans Telefon gegangen.

Richter Lukas Neubeck vertagte die Verhandlung; es sollen weitere Zeugen angehört werden.

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