Amtsgericht Dachau:Betrunkener schlägt auf Sanitäter ein

Doppelter Knockout: Zwei Männer liegen bewusstlos auf der Straße als die Rettungskräfte eintreffen. Doch plötzlich müssen sich die Helfer selber helfen. Für diesen Angriff und wegen Beleidigung verurteilt der Amtsrichter den polizeibekannten 25-Jährigen zu einer hohen Geldstrafe.

Matthias Pöls

"Wir sind dahin gekommen, um zu helfen und nicht, um Prügel zu kassieren", sagte ein Sanitäter vor dem Dachauer Amtsgericht. In der Verhandlung war ein 25-Jähriger wegen Körperverletzung angeklagt - begangen im August 2011. Nachdem er damals zwei Sanitäter geschlagen hatte, beschimpfte er auch noch ein paar Polizisten. Richter Lars Hohlstein verurteilte den jungen Mann jetzt zu einer Geldstrafe von 6500 Euro, wegen Körperverletzung und auch gleich noch wegen Beleidigung.

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 Als die Rettungskräfte in Petershausen eintreffen finden sie die beiden Streithähne bewusstlos vor. Wie es dazu kam, weiß keiner mehr. Doch dann eskaliert die Situation.

(Foto: DPA-SZ)

Es ist der Nachmittag des 8. August 2011: Zuerst schreien sich zwei Männer an, dann fliegen die Fäuste. Als die Rettungssanitäter in Petershausen eintreffen, finden sie Beide ohnmächtig vor. Wie das passieren konnte, weiß keiner mehr. Ein Notarzt und dessen Assistent behandeln bereits den einen Mann. Die zwei eingetroffenen Helfer kümmern sich sofort um den 25-Jährigen, schnallen ihn auf die Trage und transportieren ihn in den Rettungswagen. "Als ich die Blutmanschette anlegen wollte, wurde der Mann langsam wach. Da war schon eine gewisse Aggressivität zu spüren", sagte der 51-jährige Sanitäter. Und dann: Klack, klack, klack, waren die Gurte auf. "So etwas habe ich in 30 Jahren noch nicht erlebt."

Der gerade noch ohnmächtige Mann springt aus dem Wagen und setzt sich mitten auf die Straße, mit den Worten: "Ich geh hier nicht weg, das ist meine Straße. Ich bin hier aufgewachsen." Auch nicht nach freundlichem Bitten durch die Helfer. Stattdessen steht der 25-Jährige auf und kommt mit seinem Gesicht bis auf wenige Zentimeter an das des 51-Jährigen heran. "Da hab ich ihn weggeschubst", so der Bedrängte.

Kurz danach eskaliert die Situation. Der Angeklagte drängt immer wieder auf den Sanitäter zu, bis der mit dem Rücken am Rettungswagen steht und ruft: "Hilf mir." Der Kollege steht noch im Wagen. Vor dem Amtsgericht schilderte der 44-Jährige: "Die Stimme ist mir durch den ganzen Körper gegangen." Er tritt den Angreifer von seinem Kollegen weg. Doch dann legt der 25-Jährige richtig los. Mit beiden Fäusten feuert er ein paar Schlagsalven auf den 51-jährigen Sanitäter ab, trifft ihn mehrfach im Gesicht, verpasst ihm Prellungen, Schürfungen und Platzwunden - bis der Kollege dem Helfer helfen kann. Er hält seinen linken Arm dazwischen und verhindert schlimmeres. "Ich hab ziemlich viel Angst gehabt", sagte der 44-Jährige. Er zerrt sich dabei die linke Schulter und prellt sich den Unterarm. Inzwischen ist der Notarzt herbeigeeilt und springt auf den Rücken des Angreifers. Der 25-Jährige kann gemeinsam überwältigt werden.

Als wir eintrafen, war der Mann schon am Boden fixiert", sagte ein 31-jähriger Polizist vor dem Amtsgericht. Doch damit nicht genug: Auf dem Weg zur Polizeiinspektion Dachau beschimpfte der Angeklagte die Beamten wüst. Da sich der 25-Jährige damals weigerte ins Dachauer Krankenhaus zu gehen, wurde er nach der Vernehmung nach Haar geliefert. Dort stellten die Ärzte 2,11 Promille fest. "Er ist aggressiv, wenn er alkoholisiert ist. Das ist bekannt." Im Januar diesen Jahres fand die Polizei den Angeklagten einmal bei minus 19 Grad - draußen, schlafend und auch mit über zwei Promille im Blut. Die Beschimpfungen seien wegen des generellen Hasses gegen die Polizei gefallen.

Denn der Angeklagte fiel der Polizei und dem Amtsgericht schon mehrfach auf. "Sie können von Glück reden, dass der Strafbefehl erst eine Woche nach der Tat zugestellt wurde", erklärte Richter Hohlstein bei der Urteilsverkündung. Der kam für eine Körperverletzung, die der 25-Jährige im Juni 2010 beging. "Sonst hätte man massiv über eine Freiheitsstrafe nachdenken müssen." So bekam er eine Geldstrafe von 50 Euro auf 130 Tagessätze. Zudem erteilte der Richter dem Angeklagten einen letzten Warnschuss. Denn der müsse nun wissen, dass er unter Alkohol aggressiv werde. "Beim nächsten Mal gibt es dafür keine Strafminderung mehr." Der Angeklagte selbst konnte zu seiner Tat gegen die beiden Rettungsassistenten nichts sagen, außer: "Es tut mir sehr leid. Aber ich kann mich an nichts erinnern. Ich hatte einen Black-out." Wohl durch den Alkohol.

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