Amtsgericht Dachau:Ausnahmen für DDR-Mopeds

Das Amtsgericht Dachau muss einem 19-Jährigen erlauben, sein Oldtimer-Kraftrad zu fahren - obwohl er keine Motorrad-Lizenz hat. Grund dafür ist eine Ausnahmeregelung im Vertrag zur deutschen Einheit.

D. Gorgs

Es passiert selten, dass eine Verhandlung unterbrochen wird, weil sich das Gericht noch schnell über eine Sache informieren muss. Doch diesmal eilt Richterin Petra Nolte mit dem Staatsanwalt hinaus, um etwas nachzulesen - und zwar eine Regelung im Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR. Es geht um die Allgemeinen Betriebserlaubnisse für DDR-Kleinkrafträder. Nolte reagiert prompt, als sie wieder zurückkehrt: Sie stellt das Verfahren ein.

Amtsgericht Dachau: Das Amtsgericht Dachau muss das Verfahren gegen einen 19-Jährigen einstellen: Für Oldtimer-Motorräder aus der ehemaligen DDR gibt es eine Sonderregelung.

Das Amtsgericht Dachau muss das Verfahren gegen einen 19-Jährigen einstellen: Für Oldtimer-Motorräder aus der ehemaligen DDR gibt es eine Sonderregelung.

(Foto: dapd)

Angeklagt ist ein 19-jähriger Schüler, der mit dem Kleinkraftrad seines Vaters von der Polizei aufgehalten worden war. Der junge Mann wurde im vergangenen Mai auf der Dachauer Straße mit 61 Stundenkilometern geblitzt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Fahren ohne Fahrerlaubnis vor. Zwar habe der 19-Jährige zum Zeitpunkt der Kontrolle einen Autoführerschein gehabt. Dies jedoch habe ihn nicht berechtigt, ein Kraftrad zu führen, das mehr als 45 Stundenkilometer fährt.

Der Angeklagte ist anderer Ansicht. Zunächst erklärt er, dass sein eigenes Moped defekt gewesen sei, weswegen er den Roller des Vaters ausgeliehen habe. Beides seien Oldtimer-Mopeds, für die es, wie der 19-Jährige erläutert, eine Sonderregelung gibt. Wie die Überprüfung zeigt, scheint der Angeklagte Recht zu haben. Gemäß dem Einigungsvertrag sind Kleinkrafträder im Sinne der bisherigen Vorschriften der DDR mit nicht mehr als 50 Kubikmetern Hubraum und nicht mehr als 60 Stundenkilometern zulassungsrechtlich den Kleinkrafträdern gleichgestellt, wenn sie bis Ende Februar 1992 erstmals in den Verkehr genommen worden sind. Wegen dieser Gleichstellung dürfen diese Mopeds mit einer Höchstgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern mit der Fahrerlaubnis B, dem Autoführerschein, gefahren werden. Eben dies vom Landratsamt bestätigt zu bekommen, macht das Gericht dem Angeklagten nun zur Auflage.

Anschließend stellt Richterin Nolte auch das Verfahren gegen den Vater ein, mit dessen Moped der Sohn unterwegs gewesen war. Noch einmal wird der Vater dem 19-Jährigen ohnehin nicht erlauben können, mit seinem Moped zu fahren: Die alte Zündapp sei längst verschrottet, berichtet der Vater.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: