Amperkliniken:"So Hauruck geht dieser Deal gar nicht"

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Der Kreistag lotet seine Verhandlungsposition gegenüber der Helios GmbH aus, welche die Anteile von 94,9 Prozent an der Amperkliniken AG erwerben will.

Von Wolfgang Eitler

Die Dachauer Kreisräte beobachten den geplanten Verkauf der Mehrheitsanteile der Amper Kliniken AG durch die Rhönklinikum AG an die Helios GmbH mit Argwohn und Sorge. Denn dem Klinikbetreiber Helios, einer Tochter des europaweit agierenden Gesundheitskonzerns Fresenius SE&Co.KGaA, geht ein Ruf wie ein Donnerhall voraus. Deshalb sucht die Kreispolitik den Schulterschluss von Vorstand, Betriebsrat und Kreistag, um mit einer gemeinsamen Strategie auftreten zu können. Dabei rückt die Minderheitsbeteiligung des Landkreises an der Amper Kliniken AG von 5,1 Prozent in den Mittepunkt. Sie ist zurzeit mit einem Vertrag verbunden, der dem Landkreis nach übereinstimmender Ansicht des gesamten Kreistags ein großes Mitspracherecht zusichert: So benötigt Helios rechtlich die Zustimmung des Landkreises Dachau für den Erwerb der Rhönklinikum-Anteile.

In einem Gespräch mit der SZ hatte der Betriebsrat des Unternehmens die Kreispolitik aufgefordert, einem eventuellen Kaufangebot durch Helios zu widerstehen. CSU-Fraktionssprecher Wolfgang Offenbeck sagt der SZ jetzt: "Mit diesem Wunsch rennt der Betriebsrat bei uns offene Türen ein." SPD-Sprecherin Marianne Klaffki verspricht: "Wir werden ohne Wenn und Aber daran festhalten." Gleicher Ansicht ist der Sprecher aller Dachauer Bürgermeister und Kreisrat der Freien Wähler, Konrad Wagner aus Altomünster: "Wenn wir die Anteile aus der Hand gäben, könnten wir nichts mehr für die Beschäftigten tun." Alle drei beschleicht "ein ungutes Gefühl" (Wagner), das durch den Ruf der Helios GmbH bedingt ist. Wolfgang Offenbeck rechnet damit, dass "dieser Konzern seine Rationalisierungschancen nutzen will". SPD-Kreisrätin Klaffki verfolgt die Debatten um das Unternehmen in Foren im Internet. Sie sagt: "Ich bin sehr, sehr kritisch, was die Orientierung von Helios angeht." Damit meint sie "die Tendenz zu weniger Personal und zur ständigen Ausgliederungen in Untergesellschaften".

FDP-Kreisrat Jürgen Seidl bezeichnet sich selbst zwar als Wirtschaftsliberaler. Aber auch er stellt sich bei dem geplanten Verkauf der Mehrheitsanteile von 94,9 Prozent der Amperkliniken auf die Seite der Belegschaft. Er hält es für richtig, "die Beteiligung des Landkreises zu halten". Zwar sei er der Ansicht, dass kommunale Aufgaben privatisiert werden sollten, "nicht aber Bereiche der Daseinsfürsorge". Das Gesundheitswesen rechnet er im Gegensatz zu Wasser und Strom nicht unbedingt dazu; allerdings möchte er den Einfluss des Landkreises Dachau gesichert sehen. Am vergangenen Wochenende hatte sich der Betriebsrat über ein Interview mit der SZ an die Kreispolitik gewandt und gefordert, endlich mit ihm über die Zukunft der Amperkliniken AG zu sprechen. Bis dahin blieb ein Brief des Vorsitzenden Claus-Dieter Möbs unbeantwortet. Wie es jetzt heißt, sei das Schreiben mit Datum vom 27. September bedauerlicherweise nicht von Rechtsanwalt Ernst Burgmair an den Dachauer Landrat Hansjörg Christmann (CSU) weiter geleitet worden.

Burgmair ist Vorstand der Fördergesellschaft Landkreis Dachau AG, welche die Erlöse aus dem Verkauf der Anteile des Landkreises an den Kliniken in Dachau und Markt Indersdorf von zunächst 74,9 Prozent im Jahr 2005 und schließlich von 94,9 Prozent im Jahr 2011 an die Rhönklinikum AG stellvertretend für den Landkreis verwaltet. An ihn hatte der Betriebsrat geschrieben, weil die Fördergesellschaft sein unmittelbarer Ansprechpartner sei. Die Amperkliniken waren eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, solange der Landkreis der alleinige Besitzer war. Erlöse aus gemeinnützigen Gesellschaften dürfen aber nicht direkt in den Kreisetat übernommen werden. Jetzt verkauft der Rhönkonzern 43 seiner Kliniken an Helios.

Und jetzt sieht die Kreispolitik Probleme auf sich zukommen, mit denen sie nicht gerechnet hatte. CSU-Sprecher Wolfgang Offenbeck möchte die Sonderstellung der Amperkliniken gewahrt wissen, die sie im Rhönkonzern als Aktiengesellschaft in einer Aktiengesellschaft einnehme. Im Jahr 2005 propagierten Landkreis und Rhönkonzern das Dachauer Unternehmenskonstrukt als Modell für eine künftige Zusammenarbeit von privaten Gesundheitskonzernen mit Kommunen. Die Rhönklinikum AG präsentierte sich damals als lukrativer und konzilianter Partner von Kommunen.

Offenbeck gibt das Ziel für die Verhandlungen des Landkreises mit der Helios GmbH vor: "Wir müssen die Position unserer hoch qualifizierten Klinik auf Universitätsniveau halten." Er befürchtet, dass Helios dieses Modell "zugunsten von mehr Profit" aufgeben könnte. Deshalb fordert er "eine einvernehmliche Gestaltung der Zukunft der Amperkliniken mit dem Betriebsrat". Deshalb teilt er auch die Ansicht von Landrat Hansjörg Christmann (CSU), sich vom Verhandlungspartner nicht unter Zeitdruck setzen zu lassen: "So Hauruck geht dieser Deal gar nicht." SPD-Sprecherin Klaffki wünscht sich "eine zeitnahe Entscheidung des Kreistags" noch vor Weihnachten. "Ich möchte eine Hängepartie für die Belegschaft vermeiden."

© SZ vom 23.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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