Kunst in Altomünster:Nicht männermordend, sondern mutig

Kunst in Altomünster: Die Gemälde von Christiane Herold und die Bronzeskulpturen von Nando Kallweit ergänzen sich stimmungsvoll im Klostermuseum Altomünster.

Die Gemälde von Christiane Herold und die Bronzeskulpturen von Nando Kallweit ergänzen sich stimmungsvoll im Klostermuseum Altomünster.

(Foto: Toni Heigl)

In einer Ausstellung über die Kraft der Emotion zeigen Malerin Christiane Herold und Bildhauer Nando Kalweit sagenumwobene Amazonen im Kloster Altomünster.

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Eine Bilder- und Skulpturenschau von großer Anziehungskraft ist die jüngste Ausstellung im Klostermuseum Altomünster unter dem Titel "Amazonen - Magnitudo Animi - Kraft der Emotion". Man muss allerdings ein bisschen suchen, um eine Verbindung zwischen den sagenumwobenen Amazonen und den in strenger Klausur lebenden Frauen des Birgittenordens zu finden. Dabei war Ordensgründerin Birgitta von Schweden im übertragenen Sinne durchaus eine Amazone. Selbstredend keine, die dem immer noch gängigen Klischee des kühnen, männerverachtenden Reiterinnenvolks entsprach, eher eine selbstbewusste, wagemutige Frau, die gegenüber geistlicher und weltlicher Obrigkeit durchaus kämpferisch auftrat. Und: Eine Ausstellung im Klostermuseum mit dem Thema "Amazonen" wäre nicht vollständig, hätten nicht Kuratorin Susanne Allers und Historiker Wilhelm Liebhart ein passendes Zitat in den schriftlichen Hinterlassenschaften des aufgelösten Birgittenklosters gefunden: 1708 nannte ein Festprediger drei Nonnen anlässlich ihres Ordensjubiläums "drey stark Amazonische Weiber". So weit die Historie.

Aktuell haben sich in dieser klar strukturierten Ausstellung Malerin Christiane Herold und Bildhauer Nando Kalweit gemeinsam des Themas Amazonen angenommen; sie haben die ihnen zugeschriebene Seelenstärke (magnitudo animi), ihren Mut, aber auch ihre Gefühlswelt lebendig gemacht. Dabei hat sich jeder auf sein Werkmaterial konzentriert. Entstanden sind rotglühende Farbkompositionen, die mit den dunklen, geschmeidigen, überlebensgroßen oder winzig kleinen Frauengestalten eine symbiotische Einheit bilden.

Man spaziert mit genüsslichem Schaudern durch die Ausstellung

Es bedarf keiner großen Fantasie, um sich das Ganze als adäquate Kulisse für Heinrich von Kleists "Penthesilea" oder gar - der Berseker Achill lässt grüßen - aus Homers Ilias vorzustellen. Nimmt man den Katalog zur Hand und liest Christiane Herolds Texte zu etlichen ihrer Bildwerke, schaut sich ihre kraftvolle Umsetzung des Themas und die grazilen Gestalten Kallweits genauer an, drängt sich einem auf, was ein kluger Mensch vor längerer Zeit über die Beziehung Penthesilea - Achill in Kleist's Drama - geschrieben hat: "Penthesilea ist Achill, Achill ist Penthesilea". Mag sein, dass da schon Diversität im Kopf war, obwohl im 19. Jahrhundert nicht einmal das Konzept dahinter erfunden war. Beide sind starke Persönlichkeiten, beide sind in der Mythologie und im Drama den Zwängen der Konvention unterworfen, beide wollen sich daraus lösen - und schaffen es nicht. So mutieren in Kallweits Figurenkosmos beispielsweise die überschlanken, Giacometti-ähnlichen Frauen mit den schönen Namen Nathalie und Evi - die eine mit einem Nofretete-Kopfputz, die andere mit einer Andeutung von Frisur - zu Frieda-Emilia, zu Fleur-Charlotte und Fae-Victoria. Das sind drei außerordentlich beeindruckende Wesen mit filigranen Flügeln statt Armen. Sie könnten tanzen, sich verneigen, die Arme ausbreiten zum Flug in die Wolken, könnten Phoenix aus der Asche aufsteigend sein oder eine der grässlichen Harpyien aus der griechischen Sagenwelt, obwohl sie für die letztgenannte Inkarnation eigentlich viel zu wenig angriffslustig daherkommen. Könnte aber auch sein, dass Göttermutter Hera - mit einem schützenden Schild ausgerüstet - irgendwie in die Gestalt des Ikarus geschlüpft ist, der gerade seine Flügel zum Start in seinen Untergang erhebt.

So wandert der Blick hin und her: von den 20 bis 40 Zentimeter großen Bronzegestalten auf ihren Stelen zur sich modelmäßig auf einem Podest räkelnden Rina, zu "Tanz mit dem Gegner" an der Wand. Letzteres ist kein vergnüglicher Ringelreigen zweier Liebender, es ist eher eine brutale, erschreckende Kampfangsage. So kann man in der Tat mit genüsslichem Schaudern durch diese Ausstellung spazieren, darüber nachsinnen, was sich seit den Zeiten der real nicht existierenden Amazonen der hellenischen Welt oder in der südamerikanischen Mythologie im Verhältnis von Frauen und Männern geändert hat oder ob die als grausam und buchstäblich männermordend beschriebenen Frauen nicht doch mutige Kämpferinnen waren, nicht mit Messer und Speer, sondern mit den Waffen des Wortes und des Verstandes, und die mit ihrer Lebensphilosophie und Lebensweise einfach nicht in die in die Männerdomäne Antike gepasst haben.

Die Ausstellung "Amazonen" im Klostermuseum Altomünster ist bis Sonntag, 11. Dezember, geöffnet, immer donnerstags bis samstags von 13 bis 16 Uhr sowie sonntags 13 bis 17 Uhr.

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