Das Jahr begann schon mit einer schlechten Nachricht. Im Januar veranlasste die Stadt Dachau die Schließung des Café Gramsci wegen baulicher Mängel. Der Wirt, Christian Salvermoser, und Matilda, sein wehmütig verstimmtes Klavier, mussten binnen weniger Wochen das Feld räumen. Im Nebengebäude, der Kleinen Altstadtgalerie, bangten seitdem die Kulturschaffenden des jetzt e.V. und des Vereins Schere Stein Papier, wie es für sie weitergehen würde. Sicherheitsbegehungen hatten gezeigt, dass der Brandschutz, die Statik, möglicherweise auch Teile der Elektrik auch ihres Domizils nicht mehr den Standards entsprechen.
Doch nun, neun Monate später, ist die Zitterpartie zu Ende, der Erhalt der Kleinen Altstadtgalerie gilt als gesichert, zumindest für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Der Finanzausschuss des Stadtrats hat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, die notwendigen Mittel einzustellen, um die wichtigsten Brandschutzmaßnahmen vorzunehmen. Die Investitionssumme von insgesamt 22 500 Euro wurde laut Kulturamtsleiter Tobias Schneider ohne Diskussion bewilligt, Gegenstimmen habe es keine gegeben. "Es freut mich, dass die Entscheidung so gefallen ist", sagt er. Dachau bleibt damit ein Teil seiner kleinen, aber für die Identität der Stadt wichtigen, Nische für Subkultur am Alten Metzgerhof erhalten.
Entsprechend groß ist die Freude am Tag danach. "Wir sind euphorisch", sagt die Vereinsvorsitzende des jetzt e.V., Sabine Seeholzer. "Wir brauchen die Räume dringend, vor allem die Lagerräume drumherum." Der jetzt e.V. organisiert unter anderem das Dachauer Kult-Festival, zu seinem Inventar zählen rund 250 Stühle, sperrige Dekorationen und Berge von Stoffen. Die können die Mitglieder nicht alle zuhause im Wohnzimmer horten, "obwohl wir das zum Teil jetzt schon machen", wie Seeholzer anmerkt.
Die Statik bleibt Problemzone
Die Entscheidung hatte so lange auf sich warten lassen, weil die Stadt erst ein Gebäudegutachten in Auftrag gegeben hatte. Zum Nachbargebäude muss nun eine Brandmauer ertüchtigt werden, ein Stahlträger über dem Erdgeschoss mit feuerfesten Trockenbauplatten soll verkleidet werden, außerdem kommen die elektrischen Leitungen auf den Prüfstand. Verzichtet wurde dagegen auf statische Verbesserungen wie eine Verstärkung der Decke zum Obergeschoss. Dies hat zur Folge, dass sich nur noch maximal 25 Personen im ersten Stock aufhalten dürfen.
In der Kleinen Altstadtgalerie sind mehrere Vereine zuhause, auch der Dachauer Jugendrat trifft sich hier.
(Foto: Toni Heigl)Der beliebte Balkon ist jetzt Sperrgebiet.
(Foto: Toni Heigl)Mehr als 150 Ausstellungen hat der jetzt e.V. in diesen Räumen schon gezeigt.
(Foto: Toni Heigl)Für die statischen Untersuchungen wurden Löcher in den Boden gefräst. Papierkunstwerke verdecken sie jetzt.
(Foto: Toni Heigl)Schon in den vergangenen Monaten hatte Frank Donath bei Kunstschauen vorsichtshalber abgezählte Legosteine an die Besucher ausgegeben, doch auf Dauer ist diese Einschränkung für ihn nicht vereinbar mit dem Anspruch der Kleinen Altstadtgalerie. Bei Vernissagen war das Haus in der Vergangenheit oft rappelvoll, nur 20 Gäste gleichzeitig einzulassen, während die anderen draußen, womöglich draußen auf dem Hof im Regen, warten müssen, das komme für ihn nicht infrage, sagt Donath.
"Kleinstadtgalerie on Tour"
Komplett gesperrt wurde der überdachte, von dichtem Efeu überwucherte Balkon, auf der Galeriebesucher sich in der Vergangenheit nach dem Kunstrundgang oft tummelten. "Da waren immer zehn Leute draußen, die geratscht und geraucht haben", sagt Donath, "das war genial im Winter". Deshalb sei er nun auch etwas "zwiegespalten" über die an sich erfreuliche Nachricht, weil sie einhergeht mir einem "Rückschritt, der für uns nicht passend ist". Demnächst werde er das Schild "Kleine Altstadtgalerie" von der Fassade abmontieren. Hatte er eh vor.
Bereits geplante Ausstellungen versucht er nun, in anderen Galerien der Stadt zu zeigen, nach dem Motto "Kleinstadtgalerie on Tour". Die frei gewordenen Räume im eigenen Haus will er drei Mal im Jahr Künstlerinnen und Künstlern aus Dachau und Umgebung sowie aus den Dachauer Partnerstädten für jeweils vier Wochen als "Atelier auf Zeit" zur Verfügung stellen. In den übrigen neun Monaten kann der Gastverein Schere Stein Papier die Flächen bespielen; er hat weniger Probleme mit einer Besucherlimitierung.
Wie es mittelfristig nach Ablauf der fünf bis zehn Jahre weitergehen soll, ist eine Frage, auf die derzeit weder Kulturschaffende noch Vertreter der Stadt eine Antwort haben. Beim jetzt e.V. gehen sie davon aus, dass sie sich früher oder später einen anderen Ort werden suchen müssen, an dem sie ihre Arbeit fortsetzen können. Und so sehr ihnen das Haus am Alten Metzgerhof ans Herz gewachsen ist, so sehr war es doch auch bisher nicht ganz ideal. "Wir bräuchten eigentlich einen größeren Veranstaltungsraum", sagt Donath. Susanne Seeholzer wünscht sich vor allem "trockene Lagerräume" für das umfangreiche Inventar. In ihrem Schreiben an die Stadt hat der Verein bereits vorausschauend um Hilfe gebeten bei der "Suche nach geeigneten Räumlichkeiten".