80 Stimmen:Saubere Leistung

80 Stimmen: Christiane Höft braucht keine großen Gesten, um zu dirigieren.

Christiane Höft braucht keine großen Gesten, um zu dirigieren.

(Foto: Toni Heigl)

Kammerchor singt Mozart-Messe bei minimaler Orchesterbesetzung

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

Der Dachauer Kammerchor ist eine exzellente Chorvereinigung von etwa 25 Sängerinnen und Sängern, wobei das Verhältnis von Frauen- und Männerstimmen mit sechs Sopran-, sechs Alt-, sechs Tenor- und sechs oder sieben Bassstimmen absolut ausgeglichen ist. Das ist eine Seltenheit, bei fast allen anderen Chören überwiegen die Frauenstimmen. Die Spezialität des Dachauer Kammerchors ist die deutsche Musik des 17. Jahrhunderts etwa um Heinrich Schütz bis hin zu Johann Sebastian Bach, dessen Weihnachtsoratorium dieser Chor alle zwei Jahre zur Weihnachtszeit aufführt. Jetzt aber wagte er sich an Mozart, und zwar an das Mozart-Requiem, das unter allen geistlichen Werken Mozarts, ja der ganzen Wiener Klassik, mit Abstand am häufigsten aufgeführt wird. Keine größere Sing- oder Chorgemeinschaft geht am Mozart-Requiem vorbei - auch in Dachau nicht. Gesungen wird Mozarts Requiem vom 80-stimmigen großen Chor mit entsprechend stark besetztem Orchester bis (zahlenmäßig) hinab zum Kammerchor mit Orchester in kleiner oder gar Minimalbesetzung.

Das war jetzt in der Dachauer Kirche Mariä Himmelfahrt der Fall. Das Streichorchester war winzig - nur ein Streichquartett mit Kontrabass - dazu aber alle von Mozart und dessen Schüler Süßmayer, der das von Mozart unvollendet hinterlassene Werk ergänzte, vorgeschriebenen Bläserstimmen. Das sind zwei Bassetthörner (Klarinetten), zwei Fagotte, zwei Trompeten mit Pauke, dazu drei Posaunen und die für Kirchenaufführungen obligate Orgel. Die Aufzählung der Instrumente des Orchesters lässt bereits ein klangliches Missverhältnis von Streichern und Bläsern erahnen. Das machte sich vor allem bei den immer mit großer Erwartung verbundenen sieben Takten der Orchestereinleitung mit den Einsätzen von Fagotten und Bassetthörnern, dazu die Posaunen über dem (fast fehlenden) Streichorchester, bemerkbar.

Später fiel das Fehlen des eigentlich unerlässlichen Streicherteppichs im Orchester weniger auf. Das hing damit zusammen, dass sich die fünf Streicher im Ensemble Stross mächtig ins Zeug legten - und mit dem Gesamteindruck dieser Aufführung. Die tragende Säule war allein der ideal besetzte, sehr gut geschulte und für die Aufführung des Mozart-Requiems ausgezeichnet vorbereitete Dachauer Kammerchor. Das war von Anfang an zu hören, das war aber auch zu sehen. Christiane Höft mit dem Dirigentenstab in der Hand genügten kleine, oft wirklich minimale Handbewegungen für Einsätze und Fermaten und Andeutungen für eine gewisse dynamische Differenzierung des Chorklangs. Die Aufführung des Mozart-Requiems war im wahrsten Sinne des Worts eine Aufführung des Dachauer Kammerchors.

Von der untergeordneten Rolle des Orchesters war bereits die Rede, zu rühmen ist aber das Solistenquartett mit Monika Klamm (Sopran), Jutta Neumann (Alt), Bernhard Schneider (Tenor) und Matthias Lika (Bass). Das sind vier junge Stimmen, deren Sologesang mit Wohlgefallen anzuhören war, die aber vor allem ein ungemein homophones Ensemble bildeten. Die Dachauer Kirchenmusikerin Christiane Höft leitet alle großen Aufführungen des Dachauer Kammerchors mit Orchester, also Kantaten und Oratorien. Sie dirigiert mit Minimalbewegungen, gibt dabei aber immer das richtige Tempo vor. Alles andere machen die Sänger und Musiker allein - die Solisten schauen oft nicht einmal hin. Wenn man an jedem Pult so großartige Musiker hat wie Stross als Konzertmeister und Hans Blume fürs Bassetthorn und die Klarinette, lässt sich das machen. Zurück bleibt der Eindruck einer sauberen, vor allem vom Gesang des Dachauer Kammerchors (in der hervorragenden Akustik der Dachauer Kirche Mariä Himmelfahrt) bestimmten Aufführung des Mozart-Requiems.

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