15 Jahre Stadtbücherei Dachau:"Langweilig wird es bei uns nicht"

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Die Stadtbücherei ist ein wichtiger Treffpunkt in Dachau. Man kann dort aber auch ganz allein in Ruhe in einem Buch schmökern. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wechselnde Ausstellungen, Rezeptbörsen, kostenloser Lastenradverleih, Spiele, Bücher und beliebter Treffpunkt für alle Generationen: Die Stadtbücherei ist eine echte Institution in Dachau. Am Mittwoch feiert sie ein kleines Jubiläum.

Von Petra Neumaier, Dachau

Bücher über Bücher: in langen Regalen an den Wänden, in langen Regalen freistehend im Raum. Dazwischen gemütliche Sessel zum Schmökern, sogar eine kleine Cafeteria gibt es, mit Kaffeeautomat, Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen: Die Stadtbücherei Dachau ist ungewöhnlich. Vor allem, weil sie weit mehr als "nur" Medien bietet - wenn auch deren Zahl von 60 000 plus 68 000 online über die Onleihe "Leo Süd" höchst beachtlich ist. Neben 300 000 Ausleihen im Jahr ist die Bücherei auch ein kommunikativer und sozialer Marktplatz zum Treffen, Austauschen, zum gemeinsamen Spielen, Entspannen und Inspirieren. Davon können sich die Besucher am Mittwoch, 15. Juni, 15 Stunden lang selbst überzeugen, wenn die Stadtbücherei ihren 15. Geburtstag feiert.

Sabine Drexlmaier, diplomierte Bibliothekarin und seit 2001 eine der "guten Seelen" im Bücherei-Team, weiß gar nicht, wo sie mit ihrer Führung anfangen soll: bei den elektronischen Ausleihautomaten im Eingangsbereich, wo in Sekundenschnelle Mitgliedsausweis und Buch aufgelegt, eingelesen und die Quittung ausgedruckt wird? Oder beim Rückgabeautomaten: Buch rein legen. Schwups, ist es hinter der Klappe verschwunden und die Rückgabe verbucht: "Das geht super schnell, auch außerhalb der Öffnungszeiten und entlastet die Mitarbeiter", erklärt Sabine Drexlmaier.

Schwierige Standortsuche

So einfach wie jetzt, mit ihren modernen Apparaten, hatte es die Stadtbücherei in ihrer Geschichte nicht immer - und schon gar nicht die Damen und Herren, die sich für sie engagieren. Sabine Drexlmaier zählt so viele Planungen und Umplanungen auf, dass einem beim Zuhören schwindlig wird. Denn irgendwie ließ sich nach dem Beschluss 1975, die bis dato kirchlich betriebenen Ausleih-Büchereien in eine städtische Hauptbücherei (mit zwei Zweigstellen Dachau-Ost und -Süd) zusammenzufassen und zu betreiben, kein rechter Standort finden. Mal passte die Statik des Gebäudes für so schwergewichtige Medien nicht, dann wieder gab es andere Gründe, weshalb dieses oder jenes Gebäude nicht infrage kam. "Einmal schien alles klar, und wir begannen schon mit der Renovierung, dann wurde wieder alles abgeblasen." Bei der Erinnerung daran muss Sabine Drexlmaier immer noch seufzen.

Erst als die Post ihr Schulgebäude in der damaligen Münchner Straße 7a verließ - der heutige Max-Mannheimer-Platz - war 2007 der ideale Standort gefunden. Zwar nicht mitten in der Altstadt, aber doch nah dran, mit schönem Vorplatz und großem Parkplatz. Im Gebäude selbst ist - obwohl von außen ein Klotz - der Platz für die Medien recht begrenzt. Nicht einmal 1000 Quadratmeter Fläche stehen auf zwei Ebenen zur Verfügung, doch mehr als die Hälfte entfallen auf Nebenflächen: Gänge, Büros, Toiletten, Keller und die große Treppe hinauf zur umlaufenden Galerie, die überwiegend viel leeren Raum einfasst, aber das Haus auch sehr hell und freundlich macht.

"Immer wieder faszinierend, was die Kinder so bauen."

Das Erdgeschoss "gehört" - abgesehen von den beiden öffentlichen PC-Arbeitsplätzen - ganz den Kindern und Familien. Neben gut sortierten Büchern und CDs gibt es hier auch jede Menge Möglichkeiten zum Spielen. Jona und Noah Schmidt hocken vor einem roten Kubus und trommeln wie wild auf die fest installierte Spielkonsole ein: "Kuti" heißt der robuste von einer Hochschule entwickelte Würfel mit pädagogischen Lernspielen und Wissensquizzen, an dem sich Kinder vergnügen können. "Erwachsene haben hier auch viel Spaß", sagt Sabine Drexlmaier schmunzelnd. Besonders stolz ist die Bibliothekarin, die den Kinder- und Jugendbereich betreut, auf "MINT" - den Bereich für Naturwissenschaften, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, gleich nebenan. Hier stehen den Kindern neben Büchern auch Spiel- und Bastelmöglichkeiten zur Verfügung. Besonders begehrt: die vertikale Lego-Wand zum Konstruieren und Experimentieren. "Immer wieder faszinierend, was die Kinder so bauen", staunt Sabine Drexlmaier.

Dann führt sie hinaus und zu einer weiteren Besonderheit der Stadtbücherei: den Lesegarten. Lounge-Möbel laden hier neben Bambus und heimischen Büschen zum Lesen und Chillen ein - leider nur in der prallen Sonne. "Eine Überdachung wäre toll", wünscht sich die Bibliothekarin zum Geburtstag der Stadtbücherei - neben einem Anbau für mehr Platz. Denn der fehlt dem engagierten und ambitionierten Büchereiteam hinten und vorne und sowohl für Bücher als auch für Veranstaltungen, von denen es allein für Kinder rund 200 im Jahr gibt, wenn nicht gerade Corona den Veranstaltungsbetrieb ausbremst. Um dafür nicht immer den sowieso zu engen Kleinkinderbereich mit seinen flexiblen Möbeln ausräumen zu müssen, wurde jetzt im Obergeschoss ein größerer Raum freigemacht. Hier finden jetzt auch Lesungen für Erwachsene statt, zudem steht der Raum auch für außerbibliothekarische Aktivitäten und Kooperationen zur Verfügung.

Das Gebäude der Hauptstelle am Max-Mannheimer-Platz wirkt von außen wuchtig, trotzdem ist der Platz recht knapp. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Etwa 5000 Nutzer zählt derzeit die Stadtbücherei, Tendenz seit der Pandemie steigend. Die Jahresgebühr ist überschaubar: 15 Euro für Erwachsene, Kinder bis 16 Jahre frei, Schüler, Senioren und Ukrainer zahlen 7,50 Euro. (Foto: Niels P. Jørgensen)

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Stadtbücherei-Mitarbeiterin Sabine Drexlmaier am Ausleih-Scanner. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Lehrreicher Spaß: Jona und Noah am Lernspiel-Computerwürfel. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Sehr beliebt bei den kleinen Besuchern: die große Lego-Steckwand. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Enger zusammenrücken mussten hier oben allerdings die Regale für all die Romane und Sachbücher, darunter auch Sprachkurse und eine Auswahl ukrainischer Bücher - die Stadtbibliothek ist schließlich für alle Bürger da. Eng ist es auch in der Mediathek geworden mit einer unglaublich großen Auswahl an Hörbüchern auf CDs und USB-Stick, MP3, Blu Rays, DVDs und Tonies für Kleinkinder.

Um Platz in den Regalen zu schaffen, wird fast ständig ausgemustert - und neu eingekauft. Im Foyer ist ein permanenter Flohmarkt eingerichtet. Einen Euro kosten jedes Buch, jede CD oder DVD: Ein Schnäppchen. Denn selbst bei den ausgemusterten Medien spiegelt sich der hohe Anspruch der Stadtbibliothek wider.

Sabine Drexlmaier ist ganz außer Atem und längst nicht zu Ende mit dem Aufzählen all der Dinge, die die Stadtbücherei noch zu bieten hat: Wechselnde Ausstellungen, Aktionen wie die Rezeptbörse, der kostenlose Lastenräderverleih in Zusammenarbeit mit LASDAH, die kostenlosen Bilderbücher für Kinder bis drei Jahre, Leseaktionen... Sie lacht: "Nein, langweilig wird es bei uns nicht", verspricht sie. Immer gern gesehen sind darum auch ehrenamtliche Helfer, die den Mitarbeitern zur Hand gehen: "Ohne sie würden wir das gar nicht alles schaffen."

Entsprechend abwechslungs- und facettenreich ist auch das Programm zum 15. Geburtstag der Stadtbücherei. Um 10 Uhr ist in der Kinderbibliothek die "Kleine Raupe Nimmersatt zu Besuch" - mit einem Probierbuffet. Von 11 bis 12 Uhr werden dann unter dem Titel "Buch & Bohne" in der "LesBar" aktuelle und lesbare Tipps serviert. Kinder ab sechs Jahren können von 15.30 bis 16.30 Uhr Blumenpressen aus Holz basteln. Und von 15 bis 19 Uhr wird Sabine Magnet mit "Poetry to go" und einer Schreibmaschine Poesie zu den Besuchern bringen. Eine Lesung ist von 19 bis 20.30 Uhr mit Heidi Rehn geplant - ihr Roman heißt "Die Buchhandlung in der Amalienstraße". Von 21 bis 23 Uhr findet eine Pyjama-Lesenacht für Kinder ab acht Jahren statt. Ab 23 Uhr bis Mitternacht ist schließlich die "Silent Reading Party": eine Entdeckungstour der Bücherei bei Nacht.

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