Süddeutsche Zeitung

DAB Bank in Laim:Münchner Bank unter neuer Flagge

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Einst war sie Deutschlands Pionierin im Online-Banking, nun wird die Münchner DAB Bank an die französische BNP Paribas verkauft. Der Gründer begrüßt die Entwicklung, doch die Mitarbeiter in Laim fürchten um ihre Arbeitsplätze.

Von Simone Boehringer

,,Endlich", sagt Matthias Kröner nur. Endlich. Zwanzig Jahre nach der Gründung der Direktbank DAB in München gehört sie nun mehrheitlich der französischen Großbank BNP Paribas. Ein Münchner Pionier des Onlinegeschäfts wird Teil eines französischen Unternehmens, und das wird auch sichtbar sein: die alten Firmenschilder werden abmontiert, neue werden kommen. Die einst vom Hotelfachmann und späteren Banker Matthias Kröner gegründete Bank wird unter dem neuen Dach auch mit dem anderen ehemals deutschen Internetpionier Cortal-Consors zusammengeführt. Der gehört schon seit einigen Jahren zur BNP.

"Endlich" sagt Kröner auch deshalb, weil er diesen Vorschlag noch zu seiner Zeit als DAB-Vorstandschef bis 2002 selbst dreimal eingebracht haben will, "das erste Mal Ende der 90er Jahre vor dem Höhepunkt der New Economy", erinnert er sich, ,,das zweite Mal, als die Blase gerade am Platzen war Anfang 2001. Das dritte Mal, als die Schmidt-Bank kriselte". Das war Ende 2001. ,,Da wollten wir deren Tochter Consors aus der Insolvenzmasse herauskaufen." Die fränkische Privatbank wurde in einer Schieflage von einem Verbund an Großinstituten filetiert, Kredite wurden übernommen, die Bank geschlossen.

Die DAB gehörte mehrheitlich der Hypo-Vereinsbank

Kröner und der Consors-Gründer Karl-Matthäus Schmidt wollten damals einen ,,europäischen Marktführer mit Sitz in Bayern kreieren", sagt Kröner. Schmidt war der Sohn von Karl-Gerhard Schmidt, dem letzten Chef der Schmidt-Bank. Die DAB gehörte, wie bis zum Verkauf, mehrheitlich der Hypo-Vereinsbank. Sogar der damalige bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu sei eingeweiht gewesen. Aber zwei Schmidts wollten nicht: Erst nicht Schmidt-Bank-Schmidt, dann Kröners eigener Oberboss gleichen Namens, der damalige HVB-Chef Albrecht Schmidt - und auch nicht dessen Finanzvorstand und späterer Nachfolger an der Konzernspitze, Wolfgang Sprißler.

Nun kann Gründer Kröner seinen Frieden machen mit der DAB, die er im Mai 1994 selbst, damals noch als Telefon- und Fax-Bank, an den Markt brachte. 2002 musste er die Bank nach zwei Verlustjahren verlassen. Der Hauptaktionär HVB und er hatten sich zerstritten. Kröner hatte die europäische Expansion der Bank vorangetrieben. Dann kam der Börsenkrach, der erwischte den Münchner Online-Broker voll. Die DAB habe mit Kröner Fehler gemacht, zum Beispiel sei sie zu früh dran gewesen mit einer internationalen Strategie, sagt ein ehemaliger Topmanager.

Mehr Präsenz geht für eine Online-Bank kaum

So sei er vom Pionier zum Nachzügler geworden. Tatsache ist: Während die Konkurrenz, allen voran die ING-Diba und die Comdirect nach der New-Economy-Zeit schnell zur elektronischen Vollbank wurden und neue Kunden fanden, konzentrierte sich die DAB lange aufs Wertpapiergeschäft. Zu lange, wie man heute weiß. 630 000 Kunden hat die DAB heute, Cortal-Consors etwas mehr. Die Comdirect hat 1,8 Millionen, die ING-Diba acht Millionen.

Nach Größe, nach Wachstum sah zumindest das Bild aus, das sich die DAB nach außen gab: Nach langer Zeit in einem schmucklosen Büro in der Landsberger Straße residiert sie seit einigen Jahren im auffällig modernen Laimer Würfel, genau an der Grenze zwischen Laim und Nymphenburg. Hausnummer 300, mehr Präsenz geht für eine Online-Bank kaum.

Doch bald könnte dort statt des DAB-Logos ein anderer Schriftzug hängen: Cortal-Consors oder "Hello Bank", eine Untermarke der BNP fürs Online-Geschäft, die aber in Deutschland bislang kaum funktioniert. Bis Jahresende, erklärte jüngst der Deutschland-Chef von Cortal-Consors, Kai Friedrich, soll es "zu einer Harmonisierung der Marken auf dem deutschen Markt kommen".

Bis dahin soll auch die neue Strategie für die DAB stehen. ,,Wir rechnen, dass der Integrationsprozess einige Monate dauern wird", sagt ein Sprecher. Mehr sagt er nicht. Es sei zu früh, um im Detail Auskunft zu geben, heißt es auch beim Betriebsrat und bei DAB-Chef Ernst Huber. In der offiziellen Mitteilung zum Verkauf der Bank heißt es nur: ,, Der Vorstand der DAB Bank AG steht auf Basis der ihm mitgeteilten Informationen einer Übernahme grundsätzlich positiv gegenüber."

Alle wesentlichen Ansagen kommen nun aus Paris, von der BNP. Immerhin, es gibt eine Standortgarantie, für Nürnberg, wo Consors seinen Sitz hat, und für München, Hauptsitz der DAB. Ein Übernahmeangebot für die verbliebenen Aktionäre ist auch schon da: 4,78 Euro pro Anteilschein soll es geben. Schon nach ersten Gerüchten über den anstehenden Verkauf Anfang Juli legte die Aktie zu, nun sind es fast 25 Prozent Kursgewinn. Die drei Jahre davor war der Kurs kaum vom Fleck gekommen. Rund 600 Mitarbeiter beschäftigt die DAB Bank in München, bei der österreichischen Tochter Direktanlage.at sind es noch einmal rund 130.

Geliebt, gehasst und jetzt verkauft

Viele machen sich Sorgen um ihren Job. Verständlich, denn Cortal-Consors macht das Onlinebanking praktisch deckungsgleich, nur mit regional anderen Schwerpunkten. Im Broker-Geschäft für Profikunden, also Vermögensverwalter und Banken, gilt die DAB aber als die stärkere. Bei der Münchner Online-Bank sind 60 Mitarbeiter in der Profi-Abwicklung tätig.

"Die DAB Bank wurde von der HVB alles schon mal: geliebt, gehasst, jetzt verkauft", sagt ein Ex-Mitarbeiter in damals mittlerer Position. Warum sollte es ausgerechnet diesmal Beistand von der langjährigen Mutter geben, nachdem der Verkauf mit einem Buchgewinn von 100 Millionen Euro abgeschlossen ist? Nicht wenige rechnen mit ,,zentralen Ansagen aus Paris" und einem Stellenabbau, vor allem bei Jobs, die mit dem Zahlungsverkehr zu tun haben. Das IT-System dafür ist nämlich bei DAB und Consors dasselbe.

"Kunden mit digitalem Lebensstil"

DAB-Gründer Kröner sieht trotzdem weniger schwarz als andere. "Cortal-Consors-Chef Friedrich ist ein einstiges DAB-Eigengewächs. Ich bin überzeugt davon, dass er die beiden Wettbewerber gut zusammenführt." Tatsächlich ist Kröner, der vor vier Jahren mit der Fidor ein neues Pionierinstitut gründete, dem Consors-Mann freundschaftlich verbunden.

Er selbst will aber mit seiner einstigen Bank vorerst nichts mehr zu tun haben. Wieder einsteigen? Er zuckt, lacht. ,,Wir sind nun mit Fidor profitabel, haben mehr als 60 000 Kunden, verfolgen eine internationale Strategie." Fidor kümmere sich um ,,Kunden mit digitalem Lebensstil". Eine Art Fortsetzung des Internetbankings à la DAB. Mitmach-Bank sagen manche auch dazu.

Bleibt zu hoffen, dass Kröner nicht wieder ,,zu früh" dran ist mit Fidor. Die Börsen gelten wegen der vielen Krisen als ähnlich labil wie 2000. Kröner will expandieren - wie damals. Der Unterschied: Er hat keinen Hauptaktionär im Nacken, muss selbst gerade stehen. Endlich.

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SZ vom 13.08.2014
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