CSU vor der Landtagswahl:Viel Kritik schon vor dem Auszählen

SZ-Leser stimmen ein ins vorzeitige Konzert der Schuldzuweisungen zwischen Söder und Seehofer

CSU vor der Landtagswahl: Stark im Fokus vor dem Wahlsonntag: Die CSU in Bayern und die ehedem selbstverständliche Messlatte einer absoluten Mehrheit.

Stark im Fokus vor dem Wahlsonntag: Die CSU in Bayern und die ehedem selbstverständliche Messlatte einer absoluten Mehrheit.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

"Spott über Söder in sozialen Medien" vom 4. Oktober, "CSU laut Umfrage bei 33 Prozent" und "CSU fällt in Umfrage auf Rekordtief" vom 5. Oktober, "Schuldfrage" vom 6./7. Oktober:

Seehofer im Trump-Modus

Seehofer behauptet, er habe sich "in den letzten sechs Monaten weder in die bayerische Politik noch in die Wahlkampfführung eingemischt". Dies ist Unsinn trumpschen Formats. Richtig ist, dass Seehofer als Parteivorsitzender und Innenminister über Mediendominanz ganz wesentlich Erscheinungsbild, Politik und Wahlkampf der CSU bestimmt. Nun mag man vom bayerischen Ministerpräsidenten halten, was man will - einen Seehofer hat Söder jedenfalls nicht verdient. Karl Haschke, Olching

Schädlicher Kreuz-Erlass

Söder sucht die Schuld für die schlechten Umfragewerte der CSU bei anderen. Als einer der schwersten Fehler seines Wahlkampfs hat sich aber der Erlass herausgestellt, in allen staatlichen Gebäuden Kreuze (im Eingangsbereich; d. Red.) anbringen zu lassen. Zustimmung kam von CSU- und AFD-Kernwählern, die sowieso für ihre jeweilige Partei stimmen. Alle anderen sehen diesen Erlass jedoch als Ausdruck eines intoleranten Dogmatismus oder als Missbrauch eines religiösen Symbols zu Wahlkampfzwecken an. Diesen Erlass hat jedoch allein Söder zu verantworten. Gerhard Rampp, Augsburg

Viel Aufwand, wenig Stimmen

Ich kann die CSU im Freistaat mittlerweile gut verstehen, dass sie den Fokus nur noch auf ihr Märchenland legt und mit der CSU in Berlin nichts mehr zu tun haben will. Hat doch Markus Söders "Emotion des Nachdenkens" zu keinerlei Umdenken bei Horst Seehofer geführt. Deshalb ist die Partei nach dem noch tieferen Fall in den Umfragen sicher schon jetzt eifrig bemüht, den Grund für die vermeintlich völlig verpatzte Wahl auszumachen. Als Sündenbock für die Misere ist unserem Ministerpräsidenten grundsätzlich jeder recht. Am allerliebsten wäre ihm natürlich der Parteichef. Schon, damit er ihn beerben kann. Einen gravierenden Nachteil hätte das für den Geschassten sowieso nicht, sondern führt nicht selten auch zu einem rasanten Aufstieg oder einer luxuriösen Altersversorgung.

Dass der Niedergang der CSU an den politischen Entscheidungen der letzten Monate liegt, gilt in der Staatskanzlei übrigens als völlig ausgeschlossen. Was soll die denn nach der erfolgreichen Vertreibung der drei Flüchtlinge durch die neue bayrische Grenzkavallerie, dem innovativen Polizeiaufgabengesetz und der 700 Millionen Euro teuren Weltalleroberung noch alles machen, um das Volk endlich zufrieden zu stellen? Manfred Jagoda, Ismaning

Neuanfang ohne CSU

Ich habe eine Vision: Ab dem 15. Oktober 2018 fassen die Sieger der Wahl neuen Mut und beschließen, doch eine Regierung bilden zu wollen. Denn, so sagen sie sich, es kann nur besser werden, ohne CSU. Es sind die Grünen, die Freien Wähler, die FDP und die SPD. Ministerpräsident wird der Hartmann oder der Aiwanger oder die Kohnen, das ist, sagen die Verantwortlichen, unerheblich. Wichtig ist nur, sagen sie, dass ein großer Neuanfang gemacht wird, ein Aufbruch in ganz Bayern.

Und dann kommt es: Ein großes Vergnügen breitet sich in Bayern aus. Die CSU muss in die Opposition. Fast alle freuen sich über die Gesichter, über die Panik in den Reihen dieser Partei und über das Entsetzen in den Schranzen-Vereinen.

Sicher ist nur, dass der Horst Seehofer in Ingolstadt Eisenbahn spielt, und der Dobrindt in Berlin so tut, als sei nichts passiert, denn in Berlin regiert die CSU ja immer noch mit. Innenminister wird der Herrmann, der ja in München keinen Job mehr hat und nun beginnt, die Merkel anzuhimmeln. Andi Scheuer widmet sich wieder seiner wissenschaftlichen Karriere an der Uni Prag. An seiner Stelle kommt Ilse Aigner wieder nach Berlin, denn in Bayern ist ja nichts mehr, und sie schwört nicht nur der Merkel die Treue, sondern auch der SPD.

Markus Söder ist unentschlossen, ein seltenes Ereignis. Es kann sein, dass er auf "Kreuzfahrt" geht und die Kreuze in den bayrischen Ämtern eigenhändig abhängt, quasi als Buße. Oder er sagt der großen Politik ade und plant als Landratskandidat in einer fränkischen Metropole eine Rückkehr zu den Wurzeln der Politik. Nur der Stoiber hat Schwierigkeiten, denn er raunt immerdar, dass er das alles hat kommen sehen, nur keiner habe auf ihn gehört.

Und wie geht es dem Gemeinwesen? Sehr gut, denn die wahre Arbeit machen weiterhin die zu Recht hochgelobten Beamten der bayerischen Verwaltung, und die nötigen Entscheidungen kriegt die neue Regierung auch hin. Ein frischer Wind weht durch die bayrischen Amtsstuben, es riecht nach Frühling und nach Aufbruch.

Nur eine Vision? Florian Fischer, München

Söders Mondfahrt

Im Original des Märchens "Peterchens Mondfahrt" von Gerdt von Bassewitz fliegt der Maikäfer Sausemann begleitet von den Kindern Peter und Anneliese zum Mond, um dort sein verloren gegangenes sechstes Bein zu holen. Ähnliches plant jetzt der bayerische Ministerpräsident. Er hat zwar kein Bein, aber die absolute Mehrheit der CSU verloren, die er mit der Rakete "Bavaria One" zurückholen will. Das könnte ihm auch gelingen. Vorausgesetzt, er nimmt seine Freunde Dobrindt, Scheuer, Blume, Mayer & Co. und seinen ärgsten Feind Seehofer gleich mit und bleibt mit ihnen auf dem Mond. Aber bitte auf der Rückseite. Claus Lehner, München

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