CSU-Fälschungsaffäre:"Unanständiger Mitgliederkauf"

Der Prozess um die so genannte Fälschungsaffäre der CSU hat der Gruppe um den Stadtrat Christian Baretti Geldstrafen eingebracht und den Landtagsabgeordneten Joachim Haedke seinen Sitz im Bezirksvorstand der Partei gekostet.

Von Jan Bielicki

Das Gericht verurteilte Graber zu einer Geldstrafe von 170 Tagessätzen, Baretti zu 160 und Lütge zu 120 Tagessätzen, also zu Strafen zwischen 2400 und 5100 Euro. Richterin Petra Axhausen sieht es als erwiesen an, dass Baretti und Graber im Machtkampf in der Perlacher CSU zunächst Mitgliederanträge heimlich aufbewahrt und später gemeinsam mit Lütge einen Teil der Dokumente, obwohl notariell beglaubigt, vernichtet haben. Damit wollte das Trio verbergen, dass es Neumitgliedern Geld gezahlt hatte - und dass sich unter den Anträgen auch Fälschungen befanden. Graber selbst fälschte auf einem Antrag die Angabe zur Staatsangehörigkeit des Neumitglieds, um Nachfragen anderer Parteistellen an das Mitglied zu verhindern.

CSU-Fälschungsaffäre: Zu Geldstrafen verurteilt: Christian Baretti (li.) und Rasso Graber

Zu Geldstrafen verurteilt: Christian Baretti (li.) und Rasso Graber

(Foto: Foto: dpa)

Als Anstifter und Geldgeber des "nicht strafwürdigen, aber höchst unanständigen" Mitgliederkaufs nennt das Gericht den Landtagsabgeordneten Haedke. Bezirkschefin Monika Hohlmeier gab am Nachmittag den Rückzug Haedkes aus dem CSU-Stadtvorstand und von allen anderen Parteiämtern bekannt. Landtagsmandat und Parteibuch soll der Abgeordnete aber behalten.

Haedke erklärte, er habe "Abwahlvorgänge in der Partei nicht kritisch genug beurteilt und daher nicht verhindert" sowie "Parteifreunden geschadet und sie persönlich verletzt, wofür ich mich entschuldige". Den Vorwurf des Stimmenkaufs erwähnte Haedke in seiner Erklärung nicht.

Nach Überzeugung des Gerichts hat er aber im Jahr 2002 bis zu 500 Euro pro geworbenes Mitglied an ein junges CSU-Mitglied gezahlt, um im Perlacher Ortsverband die Wahl Heinrich Traublingers zum Landtagskandidaten sicher zu stellen. Das Gericht geht auch davon aus, dass Maximilian J. auch von Curt Niklas, Ex-Stadtrat und CSU-Kreischef in Giesing, 2500 Euro für den Einkauf von Mitgliedern bekam. J. und sein Freund Oliver M. fälschten jedoch Anträge, um an das Geld zu kommen. Beide wurden in einem abgetrennten Verfahren bereits zu Geldstrafen verurteilt.

"Unanständiger Mitgliederkauf"

Wie das Geständnis von J., aber auch sichergestellte E-Mails beweisen, kümmerten sich Graber und Baretti um die Einzelheiten des Mitgliederkaufs. Baretti hatte die Idee, die Mitgliedsanträge notariell beglaubigen zu lassen. In fünf Paketen wurden so 47 Anträge, davon 35 echte und 12 gefälschte, mit notariellem Siegel versehen und erst am Abend der Ortsverbandswahl im Februar 2003 als Beleg für Neuaufnahmen präsentiert.

Als es nach der umstrittenen Wahl zu einem Verfahren vor dem Parteischiedsgericht kam, beschlossen Baretti, Graber und Lütge, die Notarsiegel zu zerstören und die gefälschten Anträge zu vernichten.

Die Parteichefin begrüßte Haedkes Rücktritt. Der Abgeordnete habe "klare Konsequenzen gezogen" und "ein echtes Zeichen von ein Stück weit Reue gezeigt", sagte Hohlmeier. Er müsse jedoch am kommenden Montag vor dem Bezirksvorstand "klar Stellung beziehen" und befinde sich nun "in einer Bewährungsphase". Dagegen will die Bezirksvorsitzende, wie bereits gegen Baretti, auch gegen Rasso Graber ein Parteiausschlussverfahren einleiten.

Hohlmeier betonte, sie habe entgegen den Aussagen von Maximilian J. "keine Kenntnis von Mitgliederkäufen" gehabt. Fraktionschef Podiuk forderte, der Bezirksvorstand müsse am kommenden Montag "härteste Konsequenzen" aus dem Urteil ziehen: "Das wird ein Schicksalstag für die CSU."

Baretti und Graber wollen Berufung einlegen. Baretti sieht sich als Opfer von Podiuk, den er vom Kreisvorsitz gestürzt hatte: "Ich bin bestraft worden, weil ich es gewagt habe, gegen einen langjährigen Parteibonzen anzutreten." Graber kündigte an, in nächster Instanz sein Schweigen zu brechen und umfassend auszusagen - auch darüber, so Graber zur SZ, dass Hohlmeier "vollumfänglich informiert" über die notariell beurkundeten Mitgliedsaufnahmen gewesen sei.

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