Christopher Street Day in München – worum geht es 2025?
Der CSD ist eine der allergrößten Partys in der Stadt – und die größte Politfeier ihrer Art in Süddeutschland. Mehr als eine halbe Million Menschen werden zum Pride-Wochenende am Samstag und Sonntag, 28. und 29. Juni, in die Stadt strömen – es soll sogar „das größte Straßenfest in der Geschichte des Münchner CSD“ werden, sagen die veranstaltenden fünf Trägervereine.
Der Christopher Street Day (CSD) in München hat sich seit der ersten „Stonewall-Demo“ am 28. Juni 1980 beim Chinesischen Turm zu einem riesigen, regenbogenbunten Spektakel entwickelt – für Schwule, Lesben, Bis, Transgender, Nonbinäre, die ganze queere Gemeinde und alle, die auch noch mitfeiern wollen. Richtig voll wird es bei „den großen Drei“: der Politparade, dem Straßenfest und dem Rathaus-Clubbing. Darüber hinaus laufen im Pride-Month Juni, in dem die LGBTIQ*-Gemeinde sich stolz zeigt, bis 29. Juni noch insgesamt 80 weitere Veranstaltungen.

Queer-feindliche Teilnehmer:Christliche Fundamentalisten treffen sich während des CSD in der Matthäuskirche
Kritiker verweisen auf die diskriminierende Haltung beteiligter Gruppen gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen. Die evangelische Kirche überlässt den Veranstaltern nicht nur eines ihrer wichtigsten Häuser – hochrangige Kirchenmänner treten dort sogar auf.
„Der CSD war immer eine Party“, sagt Münchens zweiter Bürgermeister Dominik Krause, „aber er ist auch immer eine Demonstration“. Und die müsse besonders gestärkt werden, denn obwohl die queere Gemeinde in der Mitte der Gesellschaft gut akzeptiert sei, gebe es gerade von rechts zunehmend Anfeindungen und auch körperliche Angriffe, vor allem gegen Trans-Personen. Deswegen hat man sich 2025 wieder ein kämpferisches, an die Französische Revolution angelehntes Motto gegeben: „Liberté. Diversité. Queerité.“ Denn mit dem Hass gegen LGBTIQ* sei letztlich jeder freiheitsliebende Mensch gemeint. „Deshalb ist dies der wichtigste CSD seit Langem“, sagt Krause.
Wo zieht die Politparade am 28. Juni entlang?

Die 200 Gruppen stellen sich von 8 Uhr an am Maria-Hilf-Platz auf und ziehen um 12 Uhr los auf die 3,5 Kilometer lange Strecke, die Letzten setzen sich gut drei Stunden später in Bewegung. Mit viel Musik und Tamtam geht es über die Reichenbachbrücke die Fraunhoferstraße entlang. Nach dem „eindrucksvollen Einmarsch“ über die Isar zieht die Politparade laut und quirlig ins Szeneviertel – lässt aber zum zweiten Mal wieder das einstige Herzstück des Umzugs, den Gärtnerplatz, links liegen, denn der war meist überfüllt und für die großen Musik-Lkw gab es fast kein Durchkommen mehr.
Die Parade macht eine Schleife über die Müllerstraße an den queeren Zentren Sub und LeZ und den Interviewern des Live-Streaming-Teams vorbei zur Blumenstraße Richtung Sendlinger Tor. Dann geht es weiter über den Stachus zum Maximiliansplatz, der Umzug endet am Karolinenplatz.

Die 124 Fußgruppen und 76 motorisierten Einheiten werden traditionell von den „Dykes on Bikes“ auf Motorrädern, Oberbürgermeister Dieter Reiter und der Münchner Aids-Hilfe angeführt. Diesmal sind auch neue Gruppen wie „Omas gegen Rechts“, die „Queersteiger“ vom neuen CSD in Berchtesgaden, das Staatstheater am Gärtnerplatz und die „Queerfriends“ der Bayerischen Staatsverwaltung dabei. Das Ende bilden zwei Sambagruppen.
Wo rennen die Pumps beim Straßenfest?

Das zweitägige CSD-Straßenfest ist so bunt wie die überall flatternden Regenbogenflaggen und seine Teilnehmenden - und auch so divers. Für jede und jeden gibt es ein Plätzchen oder mehrere. Das umfangreiche Programm findet sich auf der Homepage www.csdmuenchen.de.
Der Marienplatz ist „das Zentrum des Geschehens, die ganze Wucht queerer Kultur“: Hier auf der Hauptbühne treten 30 Live Acts auf, allen voran der Stargast Myss Keta, eine maskierte Punk-Performerin, Rapperin und „Diva ohne Gesicht“ aus Mailand (29. Juni, 21.15 Uhr), aber auch Szene-Darlings wie Dornika, King Tenu, Lydia Kayn, Kasey Klett oder Phenix & Robin mit ihren Performances. Es ist der Ort für die „politischen Shout Outs“ und Gedenkmomente, genauso wie für den BR-Podcast-Talk „Willkommen im Club“ und das fotogene Highlight: das Pumps-Race, den „kultigen Drag-Wettbewerb“ (29. Juni, 16.20 Uhr).

Bei der „kleinen Schwester“, der Community-Bühne in der Kaufingerstraße, verschafft sich die Szene mit vielen Redebeiträgen Gehör. Auch hier treten Künstler auf, wie die amtierenden Maiköniginnen (29. Juni, 15 Uhr) oder die Groove Sistaz, Münchens einzige Frauen-Big-Band (29. Juni, 14 Uhr).
Die Bühne am Wittelsbacher Platz wird erstmals zwei Tage lang bespielt mit Drag Shows und Queer Poetry Slams. Neben der Party-Area mit vielen DJs in der Ludwigstraße entsteht diesmal am Odeonsplatz ein Imbiss-Bereich mit 20 Buden. Neu ist auch die „unschmuddelige“ Fetisch-Area des Münchner Löwen Clubs vor der Feldherrnhalle. Die „Regenbogenfamilie“ hat ihren ruhigeren Bereich mit Bücherbus vor der Frauenkirche. Und all das wird verbunden durch 80 Infostände.

Einsatz für die Menschenrechte:„Ohne Druck von der Straße wird selten etwas erreicht“
Ungarn hat den Budapest Pride March verboten. Das Münchner CSD-Team schickt trotzdem eine Delegation dorthin. Henryk Hoefener erklärt, warum man nicht aufgeben soll – und warum die Demo-Organisation auch in Deutschland schwieriger geworden ist.
Wie kommt man noch zum Rathaus-Clubbing?

Es ist der Party-Gipfel des CSD – und daher sehr exklusiv: Wo sonst Politiker und Beamte arbeiten, wird am Samstag, 28. Juni, von 22 Uhr an die Nacht durchgemacht: Das Rathaus wird zum Ballroom, zum Club, zum Techno-Rave-Ort, zur Salsa-Bude und zum Prosecco-Pop-Floor. Die Karten für 2025 waren in Rekordzeit (angeblich in der Sekunde des Freischaltens) online vergeben. Aber es gibt Hoffnung, nämlich auf gutes Wetter: Wenn es nicht regnet, darf auch im Hof gefeiert werden, dann ist noch einmal Platz für 500 Gäste mehr – die letzten Karten werden am 28. Juni von 11 Uhr an beim Info-Stand am Fischbrunnen ausgegeben.
Was gibt es in der Woche vor dem CSD zu entdecken?
Viele Besucher sind schon vor dem CSD-Wochenende in der Stadt. Für sie gibt es in den Prideweeks viel zu entdecken. Das Rainbow Sound Orchestra Munich und ein Ensemble der Münchner Philharmoniker spielen das große „Regenbogen-Konzert“ im Alten Rathaus (24. Juni, 19.30 Uhr). Der Lesbenchor Melodiva, in dem Frauen zwischen 20 und 70 Jahren von Pop über Klassik, Musical und Gstanzl alles Mögliche singen, lädt zum Kennenlernen bei einer offenen Probe (25. Juni, Trafo Neuhausen). Bei einer Stadtführung wandelt Rosa Alter mit den Teilnehmenden „Auf den Spuren der Unsichtbaren“ durch die Geschichte der Frauen- und Lesbenbewegung (26. Juni, 14 Uhr, Treffpunkt am Fuß der Bavaria).
Beim ökumenischen Gottesdienst des CSD in der Kreuzkirche stehen biblische Befreiungsgeschichten im Mittelpunkt, „die dazu befähigen, Queersein als Geschenk Gottes aktiv wertzuschätzen“ (28. Juni, 10 Uhr).
Und warum mit dem Demonstrieren bis zum CSD-Samstag warten? Schon am 27. Juni macht sich der „TINQ*March“ um 18 Uhr am Stachus oder am Sendlinger Tor, das wird noch auf der Homepage verkündet, auf den Weg, um die Sichtbarkeit von Trans, Inter-, nicht-binären und genderqueeren Menschen zu steigern.
Was wird für die Sicherheit getan?
Sicherheit steht für das Veranstalter-Team des CSD an oberster Stelle. So gibt es in diesem Jahr zum Beispiel 22 Straßenbarrikaden zum Schutz. Gefährlich könnte es aber auch werden, wenn zu viele Teilnehmenden zu den Party-Hotspots drängen, die Veranstalter können daher die Areale am Marienplatz, Wittelsbacherplatz, Odeonsplatz und an der Ludwigsstraße absperren. Damit es gar nicht dazu kommt, werden alle gebeten, sich am Ampelwarnsystem zu orientieren: Wer zum Pride-Wochenende kommen möchte, erfährt auf der Homepage, auf Facebook, Instagram, im Live-Stream, über Durchsagen und auf den MVG-Monitoren über die Farben, wo noch Platz ist (grün), wo es bereits eng ist (gelb) und wo es schon dicht ist: Bei Rot können Plätze und U-Bahn-Zugänge auch gesperrt werden.
Die Einsatzzentrale des CSD im Rathaus arbeitet eng mit der Polizei, die auch in Zivil unterwegs ist, und der Feuerwehr zusammen, man sendet selbst Sicherheits- und Sanitätsdienste auf dem ganzen Gelände aus. Auch Teams für Awareness und Inklusion schauen, dass es allen gut geht. Wer übergriffiges Verhalten erlebt, kann sich unter der Hotline 0160/99802994 melden.
Erstmals kooperiert der CSD auch mit der Münchner Taxigesellschaft: An ausgezeichneten Taxiständen werden die Fahrgäste direkt vom Fest nach Hause gebracht.