Coworking in München:Schreibtisch zu mieten

"Coworking Spaces" sind die neue Heimat für Freiberufler. In Bürogemeinschaften können sie sich einen Schreibtisch mieten - tage- oder wochenweise. Nun auch in München.

Lisa Sonnabend

Der Boden verrät, dass hier eine Mannschaft agiert. Er ist grün, in einem so satten Farbton wie der Rasen in der Allianz-Arena. Doch hier dribbeln keine Fußballer, stattdessen schlendern Freiberufler hinüber zur Kaffeemaschine.

Coworking-Büro München

Sina Brübach-Schlickum hat Münchens erstes Coworking-Büro gegründet.

(Foto: Foto: sonn)

Am Samstag eröffnet das "Combinat 56" in der Adams-Lehmann-Straße 56 in Schwabing - Münchens erster Coworking-Space. Die neue Arbeitsform ist eine Bürogemeinschaft auf Zeit, bei der sich Selbstständige je nach Auftragslage stunden- oder tageweise einen Arbeitsplatz anmieten können und im Idealfall von den anderen im Raum profitieren. Beim Coworking soll es nicht nur um das Abarbeiten von Aufgaben gehen, sondern auch um Inspiration, Netzwerken und um Teamgeist.

"Grafiker sitzen hier neben Lektoren, Buchhalter neben Journalisten", erklärt Sina Brübach-Schlickum, die das Coworking-Büro in München gegründet hat. "Und wenn das Konzept aufgeht, bekommen sie in einer Kaffeepause vielleicht die Idee, gemeinsam ein Kinderbuch zu machen."

"Der gut 200 Quadratmeter große, helle Raum im "Combinat 56" liegt im Erdgeschoss, der Blick führt hinaus auf eine grüne Wiese. Flexible Trennwände teilen den Raum in mehrere Arbeitsecken. Es gibt eine Küche und zwei kleine Besprechungsräume. Noch wird gebohrt und geschraubt. Die Schreibtische müssen noch herangeschafft werden, die Lampen sind noch nicht installiert. Der Drucker, das Fax und die Telefone sind auch noch nicht am richtigen Platz. Doch am Tag der Arbeit kann dann auch in München das Coworking beginnen.

Coworker sind so etwas wie professionell gewordene Digitale Bohèmians. Diese haben bislang in Cafés bei einem Latte Macciato gearbeitet, um zu verhindern, dass ihnen daheim die Decke auf den Kopf fällt und um die Miete für einen Büroplatz zu sparen.

Vor einigen Jahren Jahren entstanden in San Francisco und New York erste Coworking-Büros. Auch in Berlin, Frankfurt und anderen deutschen Städten hat der Trend Einzug gehalten, der nun auch - natürlich mal wieder etwas später - in München angekommen ist. Hier bieten lediglich seit längerem Firmen freistehende Einzelbüros zur tageweisen Vermietung an .

Im "Combinat 56" zahlt man 30 Euro pro Tag bzw. 350 Euro im Monat für einen Arbeitsplatz, im Berliner "betahaus" nur knapp ein Drittel davon. Doch Sina Brübach-Schlickum ist überzeugt, dass sich die Investition lohnt. Für Freiberufler, die nur tageweise arbeiten - und für Mütter, die keinen Vollzeitjob machen können. "Ein fester Büroplatz wäre viel teurer", sagt Brübach-Schlickum, die selber drei Kinder hat. Die 32-Jährige betreibt eine kleine Agentur für Marktforschung und hat bislang von zu Hause aus gearbeitet. Nun will auch sie nun einen Arbeitsplatz in dem Büro beziehen. "Denn die Einsamkeit habe ich satt."

18 Plätze gibt es im "Cominat 56". Doch wenn es gut läuft, sollen bald neue Räume dazukommen. Brübach-Schlickum hat bereits einen 300-Quadratmeter großen Raum im zweiten Stock des Gebäudes im Auge. Und auch ein Café mit Bänken zum Draußensitzen ist geplant.

Doch wer meint, die Freiheit und Flexibilität der Coworker ist grenzenlos, irrt. Denn am Ende des Arbeitstages muss jeder Coworker seinen Schreibtisch aufräumen.

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