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Kritik: Eine Barock-Oper, transferiert ins Ägypten der Zwanzigerjahre: "Giulio Cesare".

Eine Barock-Oper, transferiert ins Ägypten der Zwanzigerjahre: "Giulio Cesare".

(Foto: Veranstalter)

Die Truppe von Così Facciamo bringt Händels "Giulio Cesare" ins Cuvilliés-Theater.

Von Egbert Tholl, München

Für Puristen ist dieser Abend nichts. Weder für die des einen, noch für die des anderen Lagers. Die beiden Lager sind: Freunde der Barock-Oper und Jazz-Liebhaber. Denn die freie Operntruppe Così Facciamo und ihr außerordentlich unternehmungslustiger Leiter Hans Huyssen führen zwar einerseits Händels "Giulio Cesare" im Cuvilliés-Theater auf, mit einem kleinen Orchester und historischen Instrumenten, mit Counter-Tenören und für die barocke Musik prädestinierten Stimmen. Andererseits tauchen in der Aufführung viele Jazznummern auf, jede Solo-Partie hat mindestens eine, begleitet von Klavier und Saxofon.

Der Grund hierfür ist: Regisseurin Martina Veh verlegt die Handlung vom Ägypten zu Zeiten Cäsars in eines der Zwanzigerjahre - dass die hier erklingenden Jazznummern erst später geschrieben wurden, darf man nicht so eng sehen. Der Ort des Geschehens ist Nirenos Café, das sehr an das von Rick im Film "Casablanca" erinnert, so wie es Stefan Wintersberger liebevoll gebaut hat. Vor allem ist das Café deshalb prima, weil sein Wirt Christopher Robson ist, der wundervoll spielfreudige Counter, hier der Conferencier, der Spielmacher, der Crooner, der auch nur mit dem Mund barocke Trompete (eigentlich Horn) spielt.

Orchester und Solisten beglücken

Den Ein- und Umbauten fallen einige Lieblingsarien zum Opfer, für die Stellen, an denen sich Jazz und Händel unmittelbar mischen, muss man sich manchmal gegen Ungemach wappnen. Das in Cleopatras zweitschönster Arie spazierengehende Saxofon ist schlechterdings grässlich. Doch über weite Strecken erzeugt die Fusion der Stile, oder besser: deren permanenter Wechsel, eine gut gelüftete Leichtigkeit. Nicht zu jeder Sekunde weiß man, was gerade los ist, dass weiß man in der Barockoper pur auch nicht immer. Das Rätsel wird dadurch größer, dass die bockbeinig kunstfeindliche Residenzverwaltung den Einsatz der Übertitel torpedierte, das Geschehen vermittelt sich dennoch. Zwischen Gospel, Jazz und Arie entsteht ein Fluidum aus Kolonialismus, Intrigen und Krieg, der auch immer wieder akustisch konkret hereinbricht. Orchester und Solisten beglücken, vor allem Franziska Weber, Milena Bischoff, Joël Vuik, Eva Summerer.

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