Kirche und Corona:Segen mit Schutzmaske

Kirche und Corona: Lorenz Wolf werden Fehler im Umgang mit Missbrauch vorgeworfen. Der promovierte Kirchenjurist ist seit 1997 Chef des Kirchengerichts, Domdekan und er leitet das Katholische Büro in Bayern.

Lorenz Wolf werden Fehler im Umgang mit Missbrauch vorgeworfen. Der promovierte Kirchenjurist ist seit 1997 Chef des Kirchengerichts, Domdekan und er leitet das Katholische Büro in Bayern.

(Foto: Catherina Hess)

In Gotteshäusern darf wieder gemeinsam gebetet werden - mit besonderen Regeln. Diese werden unterschiedlich umgesetzt.

Von Bernd Kastner

Am Anfang, sagt Markus Hepp, waren zwei Fragen: "Wo kann man auf den gesunden Menschenverstand und die Corona-Übung der Menschen vertrauen?" Wo braucht es klare Regeln? Seit Montag sind Gottesdienste mit Besuchern wieder erlaubt, es gab viel zu klären in allen Gemeinden. Herausgekommen ist in der evangelischen Dreieinigkeitskirche von Pfarrer Hepp ein Regelwerk, das den ersten normalen Gottesdienst seit Wochen erlaubt.

Wobei, was ist schon normal, wenn ehrenamtliche Ordner am Eingang die Besucher empfangen, ihnen eine Nummer nennen und so den Weg zu einem bestimmten Platz in der Kirchenbank weisen? Jede Nummer findet sich an den Bänken, jeder Besucher hat mindestens zwei Meter Abstand zum Nachbarn. So sehen es die offiziellen Corona-Regeln der Behörden vor. Dabei ist in der Kirche von Markus Hepp immerhin auch eine spezielle Gruppenbildung erlaubt: Familien dürfen direkt nebeneinander sitzen. Wer in den ersten Gottesdienst um zehn Uhr nicht mehr reinkommt, weil es nur 50 Plätze gibt, hat um elf Uhr eine weitere Chance. Da beginnt in Corona-Zeiten der zweite Gottesdienst - nach gründlichem Lüften und Desinfizieren der Sitzplätze.

In der katholischen Welt haben sie in der Frauenkirche wohl die meiste Erfahrung; dort finden Gottesdienste schon seit Montag wieder mit Publikum statt. Es dürfen maximal 70 Besucher in den Dom, auch dort nur auf markierte Plätze, und auch dort muss jeder Mund- und Nasenschutz tragen. Nur der Geistliche vorne am Altar nicht. Aber das sei unproblematisch, sagt Domdekan Lorenz Wolf. Er habe mal nachgemessen: Zwölf Meter etwa betrage der Abstand vom Altar zur ersten Bankreihe, da dürfte nichts passieren, so weit fliegt kein Tröpfchen.

Während sie in der Gemeinde von Markus Hepp aufs Abendmahl vorerst verzichten, wird im Dom die Kommunion ausgeteilt. Damit es zu keinen Corona-Pannen kommt, trägt dabei auch der Priester einen Mundschutz. Die Gläubigen haben schon zu Beginn der Messe einen kurzen Standard-Vortrag gehört: "Sie werden von den Ordnern bankweise nach vorne gebeten." Alle sollen nach vorne, auch jene, die gar keine Kommunion wünschen. Man will verhindern, dass die Leute "über den anderen drübersteigen" müssen. "Treten Sie dann an die Tische heran bzw. gehen Sie am Tisch vorüber, wenn Sie nicht kommunizieren möchten, ziehen Sie den Mundschutz kurz herunter und strecken Sie Ihre geöffneten Hände möglichst weit nach vorne, um den Leib Christi zu empfangen." Anschließend sofort die Maske wieder anziehen und im Außengang zurück auf den Platz. "Mundkommunion ist derzeit nicht möglich." Die Reaktion auf die Wiederöffnung der Gottesdienste sei unterschiedlich, sagt Wolf. Hier die entsetzte Feststellung, dass das doch viel zu riskant sei - dort die Briefe mit dem Ausdruck großer Freude: Endlich!

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Etwas beunruhigt klingt Ahmad Popal, Imam der muslimischen Civitas-Gemeinde in Sendling. Es sei sehr schwierig, die "sehr, sehr strengen Regeln" umzusetzen, weshalb seine Moschee wohl die einzige sei, die schon seit Montag offen ist. Laut Muslimrat öffnen dieses Wochenende nur eine Handvoll Moscheen. Deren Name wolle man aber nicht nennen, um keinen zu großen Ansturm zu provozieren. Muslime müssen sich also direkt in ihren Moscheen erkundigen. Weil seine Gemeindemitglieder jünger und meist in Deutschland aufgewachsen sind, seien ihnen die Vorschriften eher zu vermitteln als erst kürzlich zugewanderten Migranten mit geringen Deutschkenntnissen, sagt Popal. Man habe auf den Teppich im Gebetsraum mit Klebeband Quadrate markiert, um den Abstand zu garantieren. Die Sanitärräume sind geschlossen, die Gläubigen müssen die rituelle Waschung daheim vornehmen. Alles kompliziert, aber besser als gar kein gemeinsames Gebet wie zuletzt, sagt Popal: "Ein Ramadan ohne Moschee ist ein großer Schmerz."

Während in der Israelitischen Kultusgemeinde dieses Wochenende noch keine Gottesdienste stattfinden, fährt in der Dreieinigkeitskirche in Bogenhausen Pfarrer Hepp zweigleisig. Weil bestimmt nicht alle Mitglieder am Sonntag kommen, werde er wie bisher seine Predigt auf Video aufzeichnen und sie im Netz anbieten. Und sie wollen weiterhin auf "Lesegottesdienste" setzen: Sie werfen Gemeindemitgliedern die jeweiligen Texte für Gebete, Lieder und Lesungen in den Briefkasten, verbunden mit ein paar Regieempfehlungen, dass man zum Bespiel eine Kerze entzünden könne.

So seien während der Gottesdienstzeit weitere Menschen, vor allem ältere ohne Internetzugang und einsame, mit der Gemeinde gedanklich verbunden. Singen werden sie nicht in der Kirche, das wäre unter der Maske keine Freude, sagt Hepp, dafür werde ein Musiker mit seiner Geige spielen. Für die nächsten Wochen überlegen sie, einen Schritt weiter zu gehen, das ein oder andere Lied dann doch zu verteilen. Zum Mitsummen.

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