Allenfalls ein paar kleine Schauer könnte es geben, so die naturgemäß noch sehr wackelige Wetterprognose. Ansonsten aber soll der Himmel vielversprechend aussehen an jenem 18. Mai, den sich ausgehfreudige Münchner wohl schon rot im Kalender markiert haben. Leicht bewölkt, sechs Stunden Sonnenschein. Könnte also klappen mit dem ersten Gaststättenbesuch seit vielen Wochen, die abendliche Abholung von Styroporpackungen einmal außen vor gelassen. Halbwegs akzeptable Temperaturen sind allerdings die Mindestvoraussetzung, denn erst einmal dürfen nur Freischankflächen und Biergärten öffnen.
Wie genau das ablaufen wird, ist noch ähnlich unsicher wie die langfristige Wetterprognose. Denn die Konzepte müssen erst noch erarbeitet werden. Erst als bayernweites "Gerüst", dann abgestimmt für jedes Lokal einzeln. Thomas Geppert, der Landesgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands, ist positiv gestimmt. Auch wenn die Operation sicher nicht einfach wird. Reservierungspflicht im Biergarten? Separate Ein- und Ausgänge, wenn am 25. Mai auch die Innenräume der Speiselokale folgen? Zumindest Letzteres hält Geppert flächendeckend für ziemlich unrealistisch. Und Supermärkte hätten doch auch oft nur einen Eingang. Selbst Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnet die neuen Hygienekonzepte für die Gastronomie als "sportliche Sache". Geppert hofft, dass sich so manches noch entschärfen lässt.
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Am 3. April entfallen fast alle Vorschriften. Nur noch in Nahverkehr, Kliniken und Heimen gibt es dann eine Maskenpflicht. Ungeimpfte dürfen wieder überall hin. Die neuen Vorschriften im Überblick.
Bislang ist alles im Fluss, selbst im Wirtschaftsministerium ist längst nicht alles en détail festgezurrt. Die Münchner Wirte müssen sich aber darauf einstellen, dass erst einmal nicht jeder Tisch besetzt werden darf, wahrscheinlich nur jeder zweite. Und das auch nicht immer bis auf den letzten Platz. Stattfinden dürfen der Einzelbesuch, ein Tête-à-Tête oder aber ein Familientreffen, aber keine Geburtstagsparty unter Freunden. Viele Stühle werden also leer bleiben, die Kontaktbeschränkungen gelten ja weiter. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) kann sich immerhin vorstellen, an den Enden langer Biergartentische jeweils Duos zu platzieren. Dann ist es nicht gar so leer im Schatten der Kastanien.
Klar ist schon, dass die Maskenpflicht zumindest beim Betreten des Lokals oder beim Toilettengang weiter gilt. Dass die Lokale unangenehm früh zumachen müssen (anfangs draußen um 20 Uhr, die Innengastronomie ab 25. Mai um 22 Uhr). Und dass Bars, Clubs und Diskotheken weiterhin dicht haben, das Nachtleben also weiterhin komplett ausfällt. Was die Frage aufwirft, was eigentlich ein Speiselokal ist - denn nur ein solches Etablissement darf am 25. Mai seine Innenräume öffnen. "Das wird sicherlich interessant", sagt auch Geppert. Denn eine verbindliche Definition gebe es nicht. Muss es ein sorgsam zusammengestelltes Speisensortiment sein oder reicht das hastig ins Sortiment aufgenommene Pizzastück im Bar-Ambiente aus? Auch im Wirtschaftsministerium rechnet man in diesem Punkt mit einer gewissen Kreativleistung der Wirte. Laut Münchner Kreisverwaltungsreferat genügt es, "tatsächlich zubereitete Speisen" anzubieten - ob es sich nur um kleine Gerichte handelt, sei dabei unerheblich.
Der Hotel- und Gaststättenverband hofft, dass die von der Staatsregierung angekündigte "atmende Strategie" keine Einbahnstraße ist - dass also nicht nur Verschlechterungen, sondern möglicherweise auch zusätzliche Lockerungen möglich sind, falls die Situation danach ist.
Denn über den Berg sind die Wirte mit dem nun vorgestellten Fahrplan natürlich noch lange nicht. Geppert hofft weiter auf einen Nothilfefonds mit direkten Zahlungen für Gastronomen und Hoteliers. Und dass vielleicht auch Kommunen wie die Stadt München ein bisschen großzügiger sind. Ausladendere Freischankflächen zulassen beispielsweise, damit mehr Gäste Platz haben. Bislang achten städtische Kontrolleure streng darauf, dass Tische und Stühle nicht über die auf den Boden gepinselten Markierungspunkte hinausragen.
In diesem Punkt kann Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle den Wirten jedoch keine große Hoffnung machen. Pauschale Vergrößerungen der Freischankflächen könne die Stadt nicht in Aussicht stellen - es gelte auch weiterhin, die Breite des Gehwegs, die Interessen der Anwohner und Geschäftsleute sowie die Sicherheitsbedürfnisse der Feuerwehr zu berücksichtigen. Allerdings könne wie bisher im Einzelfall ein entsprechender Antrag gestellt werden. Von diesem Verfahren könne auch in der aktuellen Ausnahmesituation nicht abgewichen werden. Böhle erinnert daran, dass die Stadt den Wirten bereits die Gebühren für die Nutzung öffentlicher Gehwege erlassen hat. So lange die Außenbereiche coronabedingt nicht genutzt werden können, kosten sie nichts - und wenn die Fläche zeitweise nur eingeschränkt nutzbar ist, kostet sie entsprechend weniger.
Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) räumt ein, dass Hotels und Gaststätten besonders hart von der Krise betroffen seien. Nun aber gebe es einen Pfad zur Wiedereröffnung, und die Münchner könnten sich - wenn sich die Wirte entsprechend vorbereiten - auf ihren ersten Biergartenbesuch freuen. Allerdings warnt der SPD-Politiker vor allzu großem Optimismus: "Lockerungen bergen immer auch die Gefahr, dass viele Menschen das Gefühl haben, die Corona-Krise ist überstanden. Das ist sie leider nicht." Jede Öffnung bedeute auch, dass die Zahl der Neuinfizierten wieder steigen kann. Reiter mahnte daher, die Hygieneregeln - vor allem den Mindestabstand - einzuhalten. "Wenn das auch weiterhin so gut gelingt, werden wir gut durch die Krise kommen."