Coronavirus in München:Allein und gelassen im Museum

Die Pinakothek der Moderne in München, zu Corona-Zeiten gibt es nur wenige Besucher.

In der Pinakothek der Moderne teilt man sich die Kunst gerade mit wenig anderen.

(Foto: Catherina Hess)

Touristen fehlen, nur wenige Besucher gleichzeitig sind erlaubt - viele Attraktionen der Stadt lassen sich gerade extrem entspannt erleben.

Von Anna Hoben

Es ist ein bisschen wie in dem Film "Nachts im Museum", nur dass es taghell ist und die Exponate brav an ihrem jeweiligen Platz bleiben. Aber wer schon immer davon geträumt hat, ein großes Museum einmal fast ganz für sich allein zu haben - dessen Zeit ist jetzt gekommen. Zum Beispiel in der Pinakothek der Moderne. Am Dienstag hat sie wieder aufgemacht, zum ersten Mal seit gut zwei Monaten. Zwei Besucher habe er gesehen, sagt Kurt Overlack, der gleich am ersten Öffnungstag hingegangen ist. "Zwei! Und 40 Wärter." Am Donnerstag, Christi Himmelfahrt, ist er gleich noch einmal gekommen, diesmal mit seiner Frau Isa und seiner Enkelin. Die studiert Tanz in London, ist vor den Reisebeschränkungen quasi mit dem letztmöglichen Zug nach München gefahren und sitzt jetzt erst einmal hier fest. Ein Tanzstudium kann man ja eher schlecht ins Internet verlegen - wie es nun weitergeht? "Das weiß keiner", sagt sie, "nur, dass es vor September wohl nicht wieder losgehen kann".

In normalen Zeiten sind die Overlacks regelmäßige Museumsgänger. Isa Overlack sagt mal so: "Das wunderbare München - wer da nicht ins Museum geht, ist selber schuld." Das haben sich am Donnerstag dann wohl auch schon wieder ein paar mehr Menschen gedacht. Immerhin 120 Besucherinnen und Besucher hat die Kasse bis 16.30 Uhr gezählt. Das ist, wenn man das Verhältnis von Wärtern zu Besuchern betrachtet, immer noch ein beeindruckender Betreuungsschlüssel - und verglichen mit sonst: sehr wenig. Die Touristen fehlen. Und vielen Münchnern ist es vielleicht noch nicht so wohl mit Unternehmungen. Ihr selbst, sagt die Frau an der Information, ging es ja auch so. Sie wollte ins Lenbach-Haus, dann las sie im Internet, dass sich höchstens drei Personen in einem Raum aufhalten dürfen. Sie ist dann doch lieber zu Hause geblieben.

Coronavirus in München: Händeschütteln im Biergarten: nicht erlaubt.

Händeschütteln im Biergarten: nicht erlaubt.

(Foto: Catherina Hess)

Dabei kann man nun im Museum so lange vor einem Kunstwerk stehen, wie man möchte. Man kann sich wundern, wie eng die Porträtierten auf ausgestellten Fotografien zusammensitzen. Man kann in der Pinakothek der Moderne dank einer Videoinstallation in der Ausstellung "Feelings" sogar fast so etwas wie Ersatzkino erleben - zusammen mit maximal drei weiteren Besuchern im Raum.

"An der Isar, da darf man ja gar nicht hinschauen, wie es da zugeht", sagt eine Frau draußen vor dem Eingang zu ihrer Begleiterin, "hier dagegen, ein Traum." Das Ehepaar Overlack will später noch mit der Enkelin ins Museum Brandhorst, aber nun erst einmal: Masken zurechtrücken. "Man sieht deine Nase", sagt er zu ihr. Die sogenannte neue Normalität, sie ist halt doch immer wieder von Neuem ganz schön gewöhnungsbedürftig.

Coronavirus in München: Die Aufsicht im Valentins-Musäum strickt nebenbei.

Die Aufsicht im Valentins-Musäum strickt nebenbei.

(Foto: Catherina Hess)

Nicht alle Museen sind freilich mit Weitläufigkeit gesegnet. Das Valentin-Karlstadt-Musäum am Isartor zum Beispiel. Enge Wendeltreppen, kleine Räume - wie setzt man da die obligatorischen Hygieneregeln um? Mit Desinfektionsständern, Maskenpflicht und natürlich ebenfalls einer Wegeführung, wie die Leiterin Sabine Rinberger erläutert. Das Turmstüberl ist noch geschlossen, es soll kommende Wochen öffnen. Man liest beim Besuch am Feiertag auch diesen Valentin-Spruch: "Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut!" Ob es den Münchnern ebenso ergangen ist, als sie über einen potenziellen Museumsbesuch nachgedacht haben? Bis zum frühen Nachmittag haben sie an diesem sonnigen Tag vier Gäste gezählt, bis zum späteren zehn. "Wir brauchen jetzt mehr Personal für viel weniger Menschen", sagt Rinberger. Und dass es gerade "wahrscheinlich wie nach jeder Seuche Zeit brauche, bis die Leute wieder den Mut haben, das wissen wir ja vom Schäfflertanz". Dabei sei ein Museum ein sicherer Ort, "man darf eh nichts anfassen". Der Eintritt ist nun frei, weil es am Eingang zu eng ist, um die Kasse zu öffnen. Netter Nebeneffekt für die Aufsicht: Sie habe endlich alles einmal ausführlicher anschauen können, erzählt die Frau im ersten Stock. "Sonst mach' ich nur die Lichter an und aus." Sie hat angefangen zu stricken, eine grau-pinke Decke für ihre Enkelin.

Am 12. Mai hat das Museum zum ersten Mal wieder geöffnet. Am ersten Sonntag kamen - bei schönstem Wetter - 25 Menschen. "Wir haben uns darüber gefreut, früher hätten wir geweint", sagt Rinberger. An einem Sonntag sind sie andere Zahlen gewöhnt, 200, bei schönem Wetter 100, bei Regen auch mal 400. Ihr habe das Herz geblutet, das Museum so lange zu schließen. Selbst 2007/08, als sie das Haus runderneuert haben, war es nur mal eine Woche zu. Eigentlich hat sie es am liebsten "brechend voll und ganz dicht", gerade bei Veranstaltungen im Turmstüberl. "Dann ist die Atmosphäre richtig schön." Aber brechend voll und ganz dicht, das ist in diesem Jahr nicht angesagt, und überhaupt ist sie ja froh, dass sie wieder öffnen darf. Die Gäste, die an den vergangenen Tag kamen, seien "dankbar und verständnisvoll" gewesen.

Coronavirus in München: An der Kletterwand ist nur jede zweite Linie offen.

An der Kletterwand ist nur jede zweite Linie offen.

(Foto: Catherina Hess)

Ganz im Norden der Stadt ist Christian Weindl ebenfalls dankbar - dafür, dass er mit seinem Sohn Daniel wieder klettern gehen kann im Kletter- und Boulderzentrum des Deutschen Alpenvereins in Freimann. Die beiden packen gerade ihre Sachen ein, sie sind auf dem Sprung. "Wir sind schlechter geworden", räumt der Vater ein. "Die Kraft, die man nicht zum Haarkämmen und Zähneputzen braucht, ist schnell weg." Da half auch das Ersatztraining zu Hause nicht viel, mit Klimmzugstange und Kletterbrett am Türrahmen. "Man hat beim Klettern schnell ein gewisses Niveau erreicht", sagt Weindl, 51, - wenn man nicht regelmäßig übe, werde man nicht besser. Zwei- bis dreimal die Woche trainiert er normalerweise, sein 20-jähriger Sohn einmal. Als das Zentrum schließen musste, als gar nichts mehr ging, "das war schon traurig".

Aber jetzt geht es wieder, seit einer guten Woche. Die Halle ist zwar gesperrt, einzig Olympia-Athleten dürfen dort trainieren. Den Hobbykletterern bleiben die Wände im Freien. Dort ist nun nur noch jede zweite Linie benutzbar, beim Bouldern darf auf eine Fläche von zehn Quadratmetern nur ein Sportler kommen. Weil weniger Menschen gleichzeitig trainieren können, haben sie auch die Zeiten begrenzt: auf drei Stunden fürs Klettern und zwei Stunden fürs Bouldern. "Es tut gut, dass wir unser Stammpublikum wieder begrüßen dürfen", sagt Betriebsleiter Markus Wiedemann. Und eine Besucherin freut sich einfach, dass die Anlage nicht so überlaufen ist: "Sonst ist es oft so voll, dass man ein Ticket ziehen muss."

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