Süddeutsche Zeitung

Zwischenbilanz:Behandlung von Covid-19-Patienten "langwierig, aber erfolgreich"

Das zeigt eine Analyse der Mediziner des Klinikums Großhadern, die Krankendaten von 63 Patienten ausgewertet haben. Sie warnen aber davor, die Krankheit zu unterschätzen.

Von Ekaterina Kel

Nach mehr als zwei Monaten mit Covid-19 ziehen die Intensivmediziner des LMU-Klinikums Großhadern eine Zwischenbilanz. Eine Intensivbehandlung der am Coronavirus Erkrankten sei zwar "langwierig, aber erfolgreich", heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Das zeige eine Auswertung der Krankendaten von 63 Patienten, die zwischen dem vierten März und dem vierten Mai auf der Intensivstation in Großhadern betreut wurden.

Mit 61 Patienten mussten die meisten von ihnen invasiv beatmet werden, schreiben Bernhard Zwißler, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, und Michael Irlbeck, Leitender Oberarzt, in ihrem Bulletin. Das bedeutet, dass die Ärzte eine Intubation über Mund, Nase oder durch die Luftröhre vornehmen mussten. 26 Patienten konnten im Berichtszeitraum auf eine Normalstation verlegt werden, davon sind 19 inzwischen nach Hause entlassen worden oder traten eine Anschlussheilbehandlung an. Zwei weitere Patienten konnten direkt von der Intensivstation zur Anschlussheilbehandlung oder zum Entwöhnen von der Beatmungsmaschine verlegt werden.

Selbst wenn diese Patienten noch lange brauchen werden, um sich zu erholen, zeigten die Zahlen, dass eine Heilung bei schwerem Verlauf durchaus möglich ist. "Wir schätzen eine Überlebensrate von etwa 70 Prozent", sagt Zwißler. In der Gruppe der 63 Patienten liege sie bei etwa 50 Prozent, diese Zahl werde aber weiter steigen, weil etwa ein Drittel noch auf Station liegt und viele davon überleben werden.

Aber man dürfe Covid-19 auch nicht unterschätzen, warnt Zwißler. Es sei eine "recht komplizierte Erkrankung", die Ärzte beobachten eine ungewöhnlich lange Behandlungsdauer. Durchschnittlich lagen die Patienten in Großhadern 18 Tage auf der Intensivstation, die längste Zeit waren 61 Tage. Beatmet werden die Patienten durchschnittlich 16,7 Tage. Probleme bei der Behandlung bereite darüber hinaus der Umstand, dass das Virus nicht nur die Lunge, sondern auch viele andere Organe angreife. Fast die Hälfte der Behandelten benötigte während der Therapie zum Beispiel ein sogenanntes Nierenersatzverfahren, etwa eine Dialyse.

"Insgesamt wurden in Großhadern im betrachteten Zeitraum 173 Patienten mit Covid-19 stationär behandelt. Etwa 20 Prozent aller Patienten seien im Verlauf intensivpflichtig geworden, sagt Zwißler." Der Großteil der dokumentierten Patienten, nämlich 86 Prozent, war männlich. Der jüngste Patient war 41, der älteste 87 Jahre alt. Das mittlere Alter der Patienten lag bei 64 Jahren. Von den acht Verstorbenen sind fünf direkt an den Folgen der Covid-19-Erkrankung gestorben, drei Patienten hatten andere Todesursachen, sind also "mit" dem Virus, aber nicht "an" ihm gestorben. Das mittlere Alter der Verstorbenen lag bei 70 Jahren.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4908021
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.05.2020/syn
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.