Autokauf:"Die Preise sind ausgelutscht bis ins Letzte"

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Frühjahrszeit, das heißt auch: Autofrühling. Doch auch das ist in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie anders. Warum Münchens Händler trotzdem eine Kaufprämie für Neuwagen ablehnen - und was sich stattdessen gut verkauft.

Von Christian Rost

Reifen wechseln, den Lack polieren, beim Cabrio das Verdeck zurückklappen und auf zu einer Spritztour übers Land. Im Jahreslauf hat auch das Auto seine große Zeit, wenn das Wetter wie in diesen Tagen mitspielt und zu einem Ausflug einlädt. Normalerweise herrscht im Frühjahr reger Betrieb in den Werkstätten allerorten, da soll das Fahrzeug tipptopp bereitstehen für die anstehenden Unternehmungen und natürlich für die Ferien. Oder es wird gleich ein neues Auto angeschafft. "Alles neu macht der Mai", verheißt eine Redewendung, doch in diesem Jahr ist das anders.

Umweltdiskussionen und teure Spritpreise haben in der Vergangenheit der Affenliebe zum fahrbaren Untersatz nichts anhaben können. Corona schon. Die Krise trübt merklich die Lust der Deutschen auf ihr liebstes Spielzeug. Am Automarkt ist dies deutlich zu spüren. Kfz-Werkstätten sind oft nurmehr zu einem Drittel ausgelastet, der Autohandel liegt darnieder. Da bummelt kaum jemand am Vatertag über die Verkaufsflächen, um sich für neue Modelle zu begeistern. Die Menschen halten ihr Geld zusammen, selbst im reichen München, weil sie sich um die Zukunft sorgen. Das Virus habe die Prioritäten verschoben, sagt Bernhard Hemmerle, der mit seinen Autohäusern an sechs Standorten in und um München vertreten ist. "Die Leute haben gelernt, dass man nichts unbedingt braucht, auch das Auto nicht."

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Die Münchner Händler klagen nicht laut, wenn man sie nach den schwierigen Bedingungen am Automarkt fragt. Nach Jahren der Rabattschlachten und dem harten Wettbewerb mit der Internetkonkurrenz, die Neu- und Gebrauchtwagen in Europa nur so hin- und herschiebt, um die Preise weiter drücken zu können, gehört der Leidensdruck längst zum Alltag. Also stellen die Händler nüchtern fest: "Die Ware steht und fließt nicht ab", wie Thomas Sedlmeier sagt, der Mazda-Händler von der Bodenseestraße. Gerade ältere Kunden, die zur Risikogruppe zählen, kämen momentan überhaupt nicht, und auch den anderen mache es keine rechte Freude, sich mit Masken im Gesicht beraten zu lassen. Sedlmeier und seine 15 Mitarbeiter sprechen nun gezielt Kunden an, deren Leasingverträge auslaufen, bei denen ein Fahrzeugwechsel notwendig ist. Doch auch in diesem Segment stellt er eine deutliche Zurückhaltung fest. "Wenn jemand zwei Autos zu Hause hat, überlegt er sich, ob nicht doch eins reicht." Wie sein Kollege Hemmerle hofft er, dass es nicht noch schlimmer wird.

Gerade die Debatte über eine staatliche Kaufprämie setzt den Händlern zu. Die Kunden hielten sich dadurch zusätzlich zurück, weil sie abwarteten, ob der Staat nicht doch etwas beim nächsten Autokauf zahle. Falls die Prämie komme, sagt Sedlmeier weiter, würden zumeist ohnehin nur Kleinwagen mit einem Neupreis um die 10 000 Euro gekauft. Oder es werden nur fabrikneue Fahrzeuge gefördert. "Was ist dann mit den Autos, die schon auf den Verkaufsflächen stehen?", fragt er. "Allenfalls ein Strohfeuer" würde ein staatlicher Zuschuss bewirken, danach würde der Markt wieder einbrechen, ist sich auch Hemmerle sicher. "Ein klares Nein!", so ist die Meinung der beiden Händler zur Prämie. Sie fordern rasch eine entsprechend klare Aussage der Politik.

Das Geschäft läuft schlecht für Autohändler wie Thomas Sedlmeier. (Foto: Robert Haas)

Zurück zur Normalität, das ist es, was sich die Händler wünschen. Der Weg dorthin ist aber weit. Bernhard Hemmerle verkauft in seinen Autohäusern übers Jahr mehr als 4000 Fahrzeuge. In diesem Jahr, das hat er sich längst ausgerechnet, werden es 1000 Autos weniger sein. "Das kostet mich eine Million Euro, da werde ich am Ende zuschießen müssen." Und wann bessert sich die Situation? "Solange wir keinen Impfstoff gegen das Virus haben, wird es keine Normalität geben."

Ins Autohaus Westend kommen in diesen Tagen überwiegend Kunden, die das Notwendige erledigen lassen. Eine Reparatur nach einem Unfall, ein Servicetermin oder Instandhaltungen wie neue Bremsen beschäftigen die Mitarbeiter in der Werkstatt. Voll ausgelastet sei sein Service-Team damit aber nicht, sagt Geschäftsführer Hans Jürgen Schlosser, der sich auf Gebrauchtwagen aller Größen und Marken spezialisiert hat. Sechs Wochen Kurzarbeit waren auch in diesem Betrieb mit 100 Angestellten notwendig, um durch die Krise zu kommen. Einen Teil der Belegschaft trifft das nach wie vor. Gerade im Verkauf. Statt der üblichen 40 bis 50 Fahrzeuge setzt das Autohaus monatlich vielleicht die Hälfte oder auch nur ein Drittel davon ab, berichtet Schlosser. "Ich wäre schon froh, wenn es nicht noch schlechter wird." Ankurbeln lässt sich der Absatz kaum. Rabatte seien nicht mehr möglich, "die Preise sind ausgelutscht bis ins Letzte". Durch die Überproduktion der Hersteller in den vergangenen Jahren stünden Neufahrzeuge auf Halde, riesige Flächen seien dafür angemietet worden. Dennoch würden die Hersteller an ihren Preisen festhalten, sagt Schlosser. Auf Schnäppchen könnten die Kunden nicht hoffen, die Händler hätten keinen Spielraum mehr: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand."

Motorradwerkstätten haben in diesem Jahr viel zu tun. (Foto: Robert Haas)

Ganz anders sieht es im Zweiradhandel aus. Motorräder und Roller verkaufen sich prächtig. Ob's an der jüngeren Kundschaft liegt oder am schönen Wetter? "Bei uns ist das Haus jedenfalls voll", sagt Jürgen Röhrich. Der Verkäufer bei Motorrad Wimmer und Merkel an der Landsberger Straße merkt die Corona-Krise "gar nicht", auch in den vergangenen Wochen sei das Geschäft normal gelaufen. Einschränken müssen sich allenfalls die Kunden des Händlers. Nicht mehr als acht Leute dürfen in den Verkaufsraum, die anderen müssen sich draußen gedulden - die üblichen Corona-Vorsichtsmaßnahmen halt.

Entsprechend kurz angebunden ist Röhrich, die nächsten Kunden warten schon. Vor allem die kleineren Roller mit bis zu 125 Kubikzentimeter Hubraum sind gefragt, aber auch sonst läuft das Frühjahrsgeschäft. "Es ist halt Frühling", meint der Verkäufer noch im Weggehen und bittet auch um Geduld, falls man einen Werkstatttermin wünsche. Der Service sei auf vier Wochen ausgebucht.

© SZ vom 20.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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