Es ist ein großer Schritt Richtung neue Normalität: Musik, Theater, Kino und Kunst dürfen in Bayern wieder stattfinden, in echt, mit Zuschauern, ganz offiziell. Gleich am Montag haben Künstlerinnen und Künstler deshalb auf vielen Bühnen gespielt, musiziert - und ordentlich desinfiziert. Eine Kampfansage an die widrigen Umstände. Ein riesiges Trotzdem. Die SZ-Kulturredaktion war in München und Bayern unterwegs, um sich dieses neue Normal anzuschauen.
Backstage
Schweißnasse Körper, die an schweißnasse Körper klatschen. Wildfremde, die sich ins Gesicht spucken. Nicht-desinfizierte Hände, die in Jeanshosen verschwinden. Luftgitarrensoli, Zungenküsse, Bierduschen, Pogo. Punk-Konzerte sind aktuell die Horrorvorstellung jedes Virologen, Menschenmassen der feuchte Traum der Tröpfcheninfektion. Also nichts mit schweißnassen Körpern, die an schweißnasse Körper klatschen. Abstand ist das Gebot beim ersten Punk-Konzert nach dem Lockdown im Backstage. 50 Besucher sind am Montagabend beim Auftritt der Münchner Misfits-Coverband The Munich Fiend Club erlaubt. Für das Konzert-Experiment verteilt man sie auf zehn Biertische. Am Boden erkennt man mit Kreide aufgezeichnete Abmessungen zwischen den Bänken. Auf jeder sitzen maximal vier Person, zwei Reihen mit drei, die mittlere Reihe mit vier Bänken. Die Band auf der Bühne ist mit rot-weißem Absperrband vom Publikum abgetrennt. Die Bühne selbst ist mit Absperrband in vier Zonen geteilt. Jeder Musiker bewohnt ein Quadrat, das er während dem Auftritt nicht verlassen darf. Der Sänger Evil Eye Axely hält sich daran und schreit in eine OP-Maske, die er säuberlich mit Kunstblut verziert hat.
Ist Punk also endgültig tot? Nein, der Mensch hat den Aufsitzrasenmäher erfunden, probiotisches Joghurt, Joggingschuhe für Hunde, Penicillin - und er wird Wege finden, Konzerte in der Corona-Pandemie wieder zu einem gemeinschaftsstiftenden Erlebnis zu machen. Kein Lebewesen kann sich in unwirtlichen Umständen so schnell einrichten wie der Mensch - und so beschließen einige Mutige, sich am Montagabend im Backstage von ihren Bänken zu erheben. Sie steigen auf die Sitzflächen und tanzen. Es ist gewiss kein Pogo und ganz gewiss nicht so ausgelassen wie zu Beginn dieses höchst seltsamen Jahres, aber sie tanzen. Das ist doch schon mal ein Anfang. Stefan Sommer
Royal Filmpalast
Das erste Mal seit drei Monaten öffnet der Royal Filmpalast seine Pforten. In der Lobby stehen Menschen Schlange und kaufen Snacks und Getränke. Überall Menschen mit Masken, brav mit Abstand. Die online gekauften Tickets werden gescannt, dann geht es in den ausgebuchten Kinosaal. In Zeiten der neuen Normalität bedeutet das: 25 Personen sitzen in einem Saal mit ungefähr 110 Plätzen. "Momentan bringen wir Geld mit, damit wir wieder aufmachen können", sagt der Betreiber Robert Englberth. Er hofft auf weitere Lockerungen und neue Filme, damit der Betrieb sich finanziell wieder trägt. Die Sitzplätze sind so gewählt, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden kann. Da zwischen den Reihen aber nur ein Abstand von einem Meter liegt, können Gäste nur schräg voreinander sitzen. Teilweise bleiben ganze Reihen leer.
Der Vorhang geht auf, die Werbung beginnt. Die Filmankündigungen machen da weiter, wo sie aufgehört haben. "Mulan" - ab Frühjahr 2020 im Kino. Das beruhigende Gefühl macht sich breit, dass es neue Filme gibt, die bald im Kino gezeigt werden können. Raschelndes Popcorn, blubbernde Softdrinks, tuschelnde Besucher. Nur beim Essen dürfen die Masken abgenommen werden, der Kinosnack wird zur Verschnaufpause. "The Hunt" läuft zum ersten Mal in München. Der Film, der vor allem in den USA umstritten ist, wurde Mitte März veröffentlicht, schaffte es in Deutschland aber nicht mehr in die Kinos. Online konnte man ihn bereits ansehen, jetzt ist er auf der großen Leinwand angekommen. Die Masken kratzen im Gesicht und halten davon ab, sich der Geschichte hinzugeben. Doch dann wird man in den Bann gezogen und vergisst die Welt um sich herum. Für die nächsten zwei Stunden wirkt es fast so, als sei alles wie immer. Eric Hartmann
Jazzbar Vogler
Thomas Vogler gab zu, dass er den ganzen Tag richtig nervös war, nervöser fast als vor 23 Jahren, als er seine Jazzbar in der Rumfordstraße eröffnete. Aber da war er einer von vielen im Karpfenteich, jetzt, an diesem Montag stand bei ihm das erste Münchner Indoor-Jazzkonzert mit Publikum seit dem Shutdown an. Wenn irgendetwas aus dem Ruder laufen würde und die Bar erneut schließen müsste, wäre das wohl der Todesstoß gewesen. Doch alles war besser, als man es erwarten konnte.
Sicher ist es lästig, abseits seines zugewiesenen Platzes Maske tragen zu müssen. Gewöhnungsbedürftig auch die lichte Besetzung des Saals: Immer zwei am Vierertisch, mit gehörigem Abstand zum nächsten Pärchen, ebenso jeweils eine Lücke zwischen den Gästen an der Bar. Die übliche Jazzclub-Stimmung kann da nicht aufkommen, andererseits kommt es der Aufmerksamkeit für die Musik deutlich zugute. Selten ist im Vogler eine so gespannte, ja andächtige Ruhe zwischen dem betonten, von niemand ausgelassenem Applaus zu erleben gewesen. Was dann, abgesehen von der aufgestauten Lust, sichtlich auf die Musiker einwirkte. Das Quartett des Saxofonisten Tom Reinbrecht spielte keine "Mucke", da waren alle mit unbändigem Spaß bei der Sache. Der Bassist Patrick Scales und der Schlagzeuger Manfred Mildenberger spielten das erste Mal überhaupt zusammen, was angesichts der Vorliebe für funkige Grooves und die melodische Spielweise ihrer Rhythmusinstrumente kein Problem war. Zusammen mit dem Pianisten Jan Eschke folgten sie Reinbrechts immer soulig interpretiertem Swing, vor allem aber den vielen Latin-Nummern brasilianisch-kubanischer Provenienz, mal Standards, mal eigene Stücke.
Ihr Auftritt machte einem bewusst, wie gut unsere Münchner Jazzer eigentlich sind. Wenn ein Jan Eschke zu seinen wieselflinken Läufen ansetzt, ein Patrick Scales es richtig slappen lässt oder Tom Reinbrecht ein Sopransaxofon-Melodie hauchzart über einen Rumba-Rhythmus gleiten lässt, dann kann man das in Rio oder New York auch nicht besser hören. Das einzige echte Manko dieses Neustarts des Jazzbetriebes - denn gerade bei dieser Musik aus dem und für den Augenblick sind selbst die technisch aufwendigsten Streams ein Notnagel - war das frühe und abrupte Ende. Um 22 Uhr musste jeder den Vogler verlassen haben. Die angeregte Gesprächsnachbereitung bei einem Erfrischungsgetränk, wie beim Jazz generell und erst recht in einer Jazzbar Usus, die vermisst man schon. Oliver Hochkeppel
Passauer Domplatz
Wer als Münchner derzeit zum Lachen gehen möchte, muss nach Passau. Während hier Till Hoffmann sein Kleinkunstimperium an der Occamstraße Viren und Gästen noch verschließt, gab ihm dort Bürgermeister Jürgen Dupper schon grünes Licht für ein einmonatiges Comedy-&-Co.-Freiluftfestival, als die Staatsregierung derlei noch untersagte. Man muss der Scharfrichterstadt also bestimmt keine Entwicklungshilfe in Humorkultur geben. Wobei es nichts schadet, dass Constanze Lindner beim Ankurbeln des Eröffnungsabends vom "Eulenspiegel Flying Circus" alle auf einen Stand bringt: Das auf dem Domplatz durch zwei orange Siebzigerjahrelampen manifestierte Lach-Lokal Vereinsheim - einigen nur bekannt aus seiner Fernsehpräsenz im BR - gibt es wirklich in Schwabing.
Lohnte, also aus Sicht der Auswärtigen, die Anreise? Für die Künstler, die Allstars der Abende "Blickpunk Spot" und "Schaumschläger-Show", allemal, je nach dem vereinsamt, überstreamt oder "blödgesoffen", sehnten sie sich nach ihren Wurzeln als tingelnde Marktplatzbespaßer und nach körperlichem Publikum. Das wiederum bekommt die lang vermisste Leichtigkeit und Lustigkeit geboten. Schon die als "Lotusblüte" gepriesene Hänger-Bühne reizt zum Schmunzeln, gleicht sie doch mit ihren hochgeklappten grauen Seitenteilen und der bunten Markise tatsächlich eher einem Zirkuselefanten.
Als wären sie gemeinsam kaserniert gewesen und endlich losgelassen, albern die Vereinsmeier drauflos und bringen alles zurück: Lindner die derbe Überdrehtheit; Moses Wolff (der die Open-air-Weite in seiner Guru-Parodie auf sein Gesicht fokussieren kann) die Groteske; die Oldies-Sängerin Julia von Miller die Eleganz; Peter & The Lost Boy Ergriffenheit mit ihrem Folk; Barkeeper Björn Puschka intellektuelle Gaudi mit seiner Deutsch-Latein-Simultanübersetzung vom "Watsch'nbaum"; Bumillo sprachgewaltige Empörung über Verteilungsungerechtigkeit am Beispiel widriger Wurstsemmelbelegung; und Michael Sailer ein Ein-Mann-Stück über die Verwandtenflut, die einem die Corona-Einzelhaft im Nachhinein als Segen erscheinen lassen kann. Ja, es macht wieder Spaß - in München dann im Juli, wenn der "Flying Circus" im Hof des Deutschen Museum gastiert. Michael Zirnstein
Kammerspiele
Ein bisschen bedröppelter als sonst sieht er schon aus, Matthias Lilienthal, wie er mit seinem Kammerspiele-Mundschutz die Besucher begrüßt. Es sind immerhin die letzten beiden Premieren seiner Intendanz, die an diesem Tag stattfinden: "Oracle", ein Parcours für eine Person von Susanne Kennedy und Markus Selg, und dann "Wunde R", inszeniert von Felix Rothenhäusler. Eigentlich ein Anlass für Ausgelassenheit. Deshalb hält Lilienthal die gute Laune hoch, was will man auch machen, ist halt jetzt so, wie es ist. Vor der Kammer 3 gibt es statt der dramaturgischen Einführung jetzt eben eine Hygiene-Einführung. Abstand halten, Maske auflassen, Hände nochmal desinfizieren.
Bei der Uraufführung "Wunde R", einem Auftragswerk der Autorin Enis Maci, versammeln sich dann drei Schauspielerinnen und ein Schauspieler um einen gläsernen Tisch zu einer Art Kaffeekränzchen der ungeschönten Wahrheiten. Es geht um Körperbilder, Optimierungswahn, Verletzung, Krankheit und die Frage, wie man gemeinsam zu einem "Wir" kommen kann. Die Zuschauer bewegen sich vorsichtig um die Szene, die mitten im Raum stattfindet. Die Texte, mit verfremdeter Stimme vorgetragen, wirken bedrückend. Zu einem Wir findet diese Runde nicht. Rothenhäusler hat das Gefühl der Vereinzelung, das viele so stark empfanden in letzter Zeit, damit gut eingefangen. Eine Stunde vorbei, 18 Händepaare klatschen Applaus. Ist das jetzt trostlos oder trotzig? Wie lang, fragt ein Zuschauer beim Rausgehen, wird das wohl anhalten, diese Freude über das Überhaupt? Macht es für die Kunst einen Unterschied, ob hundert Prozent Auslastung 800 oder 18 Menschen sind? Diese Woche nur wird gespielt, dann muss kurzarbeitsbedingt wieder pausiert und dem Team von Barbara Mundel für ihre Vorproben für den Herbst Platz gemacht werden. Eine Premierenfeier gibt es nicht, Bier auch nicht mehr, "sorry", sagt der strenge Mensch am Eingang des Blauen Hauses, um 22 Uhr muss Schluss sein. So stehen die Künstlerinnen und Künstler mit ihrem Publikum eben noch im Hof herum. Im Dauerregen treffen sie sich unter großen Sonnenschirmen, um sich gemeinsam über das Erreichte zu freuen, wenigstens eine Weile lang. Christiane Lutz
Nationaltheater
Wirklich neu ist der Nationaltheaterbesuch am Sonntagabend nicht. Die Bayerische Staatsoper lotet die Möglichkeiten von Aufführungen vor Publikum schon seit einigen Wochen aus. Bei den Streifzügen am Mittwoch vor je 20 Personen und nun schon seit zwei Wochen je Samstag und Sonntag vor 50 Zuschauern. Die sitzen auf der Bühne und schauen gen Publikumsraum - der so leer, so erhaben und unheimlich immer noch eine ganz eigene Sensation ist. Sensationell sind auch die Schutzmaßnahmen, die das Betreten von Trambahnen oder Supermärkten um ein Weites übertreffen. Es gibt zwei Eingänge, die Besucher werden aufgeteilt und einzeln hereingebeten. Als erstes werden die Hände desinfiziert, dann wird man zügig, aber nicht zu schnell zur Garderobe und zu seinem Platz geleitet. Es ist abstrus und kafkaesk. Immer mehr Menschen schreiten so über die Bühne zu ihren Plätzen. Dabei fühlt man sich wie auf dem Laufsteg, jeder Besucher hat seinen eigenen kleinen Mini-Auftritt. Auch wenn das gesellschaftliche Meet & Greet ausfallen muss. Aber man erkennt in dem schummrigen Bühnenlicht und so maskiert sowieso niemanden.
Die Regisseurin und Performerin Yana Thönnes, die an diesem Abend das Nationaltheater zum "Club Silencio" erklärt, nutzt die sowieso unheimliche Stimmung eines leeren Theaters für sich. Vorlage dafür ist die somnambule Sequenz in David Lynchs "Mullholland Drive", in der Antonio Banderas ein leeres Theater unterhält und eine Sängerin einen hoch emotionalen Fado singt, der sich letztlich als Playback herausstellt. Mit diesen Täuschungen und Illusionen arbeitet auch Thönnes. Sie fügt den Lynch'schen Szenen einige neue hinzu. Ein Flügel steht auf der Bühne, der aber nicht bespielt wird. Sänger singen Playback, man hört - außer Stefan Ambrosius' Tuba - an diesem Abend nichts live. Das spiegelt die Lockdown-Streaming-Erfahrung schön, hält aber das Publikum, das so durstig nach Live-Tönen und -Musik ist, hin. Dieser "Freie Sonntag", wie es im Konzept der Staatsoper heißt, denn die Samstage werden je aus dem Ensemble heraus, die Sonntag von freien Künstlern gestaltet, bietet ein theaterreflexives Stimmungsbild, dem die Sinnlichkeit eines Live-Theaterabends abgeht. Trotz einiger grandioser Momente, wie etwa Brigitte Hobmeier, träge im leeren Publikumsraum hängend, oder eine Art klanglich zerschmetterte Alien-Arie aus der Königsloge. Das mag durchaus so gewollt sein. Befriedigend ist es nicht. Das waren aber auch die meisten Streams nicht. Rita Argauer
Hypo-Kunsthalle
Montagmorgen, kurz nach zehn Uhr: Der Einlass in die Hypo-Kunsthalle und in die Ausstellung "Thierry Mugler. Couturissime" ist problemlos spontan möglich. Angenehmer Nebeneffekt der Besucherbegrenzungen und des Mindestabstands: Man hat einen freien Blick auf die 150 verschiedenen Haute-Couture- und Prêt-à-porter-Outfits, Bühnenkostüme, Videos und Fotografien. Und deren Beschreibungen. Gerade Letzteres ist wichtig, weil es wegen des Hygienekonzepts (noch) keine Audioführungen gibt. "It's all about getting a great fuck, darling", sagt der Modedesigner in Robert Altmans Film-Satire "Prêt-à-Porter" über seine Profession. Dennoch zeigen seine signifikantesten Entwürfe Frauen meistenteils nicht als geschmeidige Verführerinnen, sondern vielmehr als karosserieverkleidete Geschöpfe.
"Bis zu dem Zeitpunkt, als mich der Kurator Thierry-Maxime Loriot fragte, ob ich zwei Räume der Ausstellung gestalten wollte, war mir gar nicht klar, wie viele seiner Kostüme in Musikvideos auftreten", sagt der aus Augsburg stammende, in Berlin lebende Künstler und Bühnenbildner Philipp Fürhofer. Diese Erfahrung teilt er offensichtlich mit vielen Besuchern, die sich immer wieder gegenseitig aufmerksam machen auf die hier ausgestellten Bühnenkostüme, die Mugler für Stars wie David Bowie, Céline Dion, Madonna, George Michael oder Lady Gaga entwarf. Wie näherte er sich Muglers faszinierender Ästhetik in den beiden dunklen Sphären-Räumen zum Thema "Gynoid Couture", den Bodysuits komplett aus Metall? "Indem ich seine gelackten Harley-Davidson-Bodys, seine überhöhten und überformten Körper in Leuchtkästen aufgebaut habe", sagt Fürhofer. Dazu habe er sich einen möglichst "abgewrackten" Kontrast überlegt, Techno-Trash wie Wellblech-Gitter und Stromkabel, die sich zu den Füßen der Puppen ringeln. Dieses Gewirr nehmen zwei ältere Damen genauer ins Visier, dann kommentiert die eine fachmännisch: "Endlich kann man hier auch mal die Schuhe richtig sehen, das war ja damals nicht möglich, bei der Schau ging alles so schnell". Als man zwei Stunden später, endlich mit gelüfteter Maske, auf die Theatinerstraße hinaustritt, ist die Warteschlange schon mehrere Meter lang. Barbara Hordych
Gärtnerplatztheater
Irritierend ist es ja schon, wenn man am Freitagmittag über den Viktualienmarkt zum Gärtnerplatztheater radelt, mitten durch fröhliches Leben, vorbei an vollen Wirtsgärten. Dann kommt man zur Hochkultur und wird einer von einer guten Handvoll Hausgeister, die die Presse-Voraufführung von "Einmal König sein!" anschauen dürfen. Einkaufen geht, Saufen geht, Kultur geht kaum, auch weil deren eigentlich größter Fürsprecher in Bayern, Kunstminister Bernd Sibler, kaum für sie zu sprechen imstande ist.
Die Künstler kämpfen dagegen, die Voraufführung ist volle Gala in Frack und Abendkleid, und wenn der Vorhang aufgeht, kommt der Cellist Clemens Weigel auf die Bühne, einer der Gärtnerplatzmusiker, der am wenigsten still sitzen kann. Der muss etwas machen, wie jetzt zusammen mit Cornelius Rinderle einen Satz aus Mozarts Fagott-Sonate spielen. Sozusagen die Mini-Ouvertüre für ein Programm, bei welchem in der Folge Sängerinnen und Sänger des Hauses Arien aus Opern und Operetten darbieten, begleitet von der unerschrockenen, fabelhaft dramatischen, mit hohen musikalischem Instinkt ausgerüsteten Pianistin Ekaterina Tarnopolskaja.
Man kann davon ausgehen, dass die zwei Runden des halbstündigen Programms am Montagabend genau so gewesen sein werden. Die Voraufführung wurde nötig, weil sonst nur noch Pressemenschen dagewesen wären - maximal 16 Gäste verteilen sich auf die Königs- und Proszeniumslogen. Mit Maske, eh klar. Keiner da, aber Maske! Die U-Bahnen sind derweil wieder knallvoll, und im Restaurant sitzen viel mehr Menschen ohne Mundschutz.
Dennoch, egal: Der Solipsismus eines wahrhaft königlichen Erlebnisses wirkt. Dank an Jennifer O'Loughlin, Gyula Rab, Christoph Seidl, Mária Céleng. Levente Páll und Matija Meić. Egbert Tholl