Corona-Folgen:Stützen der Gesellschaft

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Mit heißer Nadel: Hilfe und Selbsthilfe für Künstler

Von Rita Argauer, München

Am härtesten trifft der durch die Corona-Krise bedingte kulturelle Shut-Down die freien Künstler. Schon in der Pressekonferenz der Bayerischen Staatsoper kündigte der Bayerische Kunstminister Bernd Sibler (CSU) Rettungsschirme an. Der Bayerische Finanzminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) stellte am Dienstag ein Hilfspaket vor, das auch für die freiberuflichen Kulturschaffenden und Künstler gilt. Betroffene mit Liquiditätsproblemen können online Anträge zur finanziellen Unterstützung stellen. Die Stadt München kündigt ebenfalls Hilfen an, verzichtet beispielsweise auf die Rückzahlung bereits bewilligter Förderungen für nun abgesagte Veranstaltungen. Die Deutsche Orchester-Stiftung hatte schon vergangene Woche zu Spenden aufgerufen.

Die Jazz- und die Popmusikszene ist von den Schließungen und Absagen aber wohl noch einmal stärker und umfassender betroffen als der Klassik-, Opern- und Theaterbereich. Denn hier gibt es das Konzept von festangestellten Musikern und subventionierten Häusern nicht. Die Szene besteht hauptsächlich aus Freiberuflern, die im besten Fall regelmäßige Engagements haben. Wenn diese von einem Tag auf den anderen wegbrechen, wird dies sofort existenzbedrohend. Auch für die Veranstalter oder weiterreichenden Dienstleister der Branche fallen große Einnahmebereiche weg. So verwundert es nicht, dass gerade aus dieser Szene Spendenaufrufe und Petitionen kommen. Etwa von Thomas Vogler, Betreiber der Jazzbar Vogler, der Künstler in dieser Situation bittet, sich an ihn zu wenden, um "gemeinsam, als 'Jazzbar-Vogler-Solidar-Gemeinschaft', Lösungen und Hilfen für die Betroffenen" zu finden, wie er auf Facebook schreibt.

Im Popbereich haben zu dem eiligst aus dem Boden gestampften Online-Sender "One" nun auch Stefan Schröder und Fabian Rauecker ein ähnliches Konzept vorgestellt. Zusammen betreiben die beiden die Agentur "Unterhaltungsreederei", unter dem Hashtag "Kulturretter" wollen sie einen "Kulturrettungsfond" ins Leben rufen. Dafür bitten sie um Spenden, mit denen selbstständigen Künstlern und Technikern, aber auch privaten Theatern und Musikclubs eine virtuelle Bühne geschaffen werden soll. Ihr Argument: Die Kredite, die von der Politik bereitgestellt würden, müssten irgendwann zurückgezahlt werden. In ihrem Konzept aber soll der Kulturbetrieb virtuell weiterlaufen und die Künstler und Kunstschaffenden sollen so für das entlohnt werden, was sie tun. In den leeren Hallen, ungenutzten Clubs, Probenräumen und Musikstudios soll vom 26. März an jeden Tag eine Veranstaltung live für den Stream produziert werden - kostenlos zugänglich, finanziert über Spenden. Derzeit rechnen sie mit circa 5000 Euro, die pro Veranstaltung gebraucht würden. Umgesetzt werden kann dies nur, sofern keine allgemeine Ausgangssperre verhängt ist.

Gleiches gilt auch für das Konzept von Künstlern, die noch nicht von ihrer Kunst leben müssen, weil sie etwa noch studieren: Die HFF-Studentinnen Katharina Kolleczek und Lea Neu haben Kommilitonen dazu aufgerufen, jetzt andere Menschen ehrenamtlich zu unterstützen: etwa durch Erledigungen für solche, die unter Quarantäne stehen, oder als Kinderbetreuung für arbeitende Eltern.

© SZ vom 19.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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