Container Collective:Kaffee trinken im Schiffscontainer

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Kaserne De Janeiro: So sieht das schicke Café im Schiffscontainer aus. (Foto: Florian Peljak)

Wie bunte Legosteine stehen die Stahlquader am Eingang zum Werskviertel. Und langsam kommt Leben in die kleine Stadt - Künstler und hippe Unternehmer ziehen ein. Ein Tagescafé hat schon geöffnet.

Von Laura Kaufmann

Das mit dem Fernweh, das musste sich Neville Kuhlmann eben jetzt abschminken. Oder besser nicht abschminken, sondern umwandeln. Das Fernweh kanalisieren und in einen Schiffscontainer stecken, der nirgendwo hin transportiert wird, das musste er machen. Eigentlich hatte Kuhlmann eine Weltreise geplant, wollte eine Zeit lang in Rio leben. Aber für eine Gelegenheit wie das "Container Collective" kann man Fernweh auch mal Fernweh sein lassen.

Die massigen Überseecontainer des "Container Collective" stehen am Ostbahnhof. Sie sind gedämmt, beheizt, und der, den Neville Kuhlmann gerade in Betrieb genommen hat, verkauft guten Kaffee. Langsam kommt Leben in die bunte Stahlquaderstadt, die die Einlassschneise zum Werksviertel bildet. "Kaserne Da Janeiro" heißt der Part des Kollektivs, den Neville Kuhlmann verantwortet; ein Tagescafé mit lachsfarben gestrichenen Wänden, großzügigen Sandwiches und frisch gepressten Säften.

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Der Kaffee kommt von der Münchner Rösterei "Emilo", dazu gibt es anständige Bocadillos, vegetarisch, mit Lachs oder Salami. Die Wintersonne scheint, so sie denn scheint, auf die Stufen vor dem Stahlquader, auf das Kräuterbeet und auf die Gesichter der Leute, die ihren frisch gepressten Orangensaft trinken.

Die Menschen aus den anderen Containern bekommen Rabatt in der "Kaserne Da Janeiro". Eine wachsende Gemeinschaft ist es, die in die Schiffscontainer einzieht, die zusammengestellt sind wie bunte Legosteine von Architekt Panagiotis Doumakis. Streetart-Künstler haben ihre Außenflächen gestaltet. Auf einem hochkant stehenden Container wacht ein getigerter Fuchs aus Loomits Dosen über das Gelände, einer der Überseecontainer hat sich in einen Pool verwandelt, auf dem pinke Flamingoreifen schwimmen.

Und Robinson Kuhlmann ist mit seinem Bruder Neville und mit Markus Frankl für das verantwortlich, was in den Containern und um sie herum passiert. Das Gastronomen-Trio vermietet 15 der 27 Container an Künstler und junge Unternehmer. Ein Video-Artist hat hier sein Lager aufgeschlagen und ein junges Radio, ein DJ produziert seine Musik, eine Cocktailschule hat sich eingemietet und einer der Container ist in eine Nähstube verwandelt worden. Drei Stahlquader sind zu einem Veranstaltungsraum zusammengeschmolzen; hier können Videopremieren gefeiert werden oder Salsa-Abende oder neue Kollektionen vorgestellt werden. Kinderskateboards werden aus einem Container verkauft, dazu soll es Workshops für die Kids geben.

Die ersten Mieter ziehen gerade erst ein

Anfang März werden alle Mieter ihre neuen Räume beziehen. Dann soll auch das Restaurant eröffnen, das über dem Café untergebracht ist. Eine Dachterrasse hat es, von der aus man über die Gleise am Ostbahnhof in die Stadt blicken kann, die Sonne im Gesicht, so sie denn scheint. Was genau es zu essen geben wird, das ist noch nicht spruchreif. In dem Lokal von dem Macher des "Cornelius 14" und der "Wedding Chapel" Robinson Kuhlmann sowie von Markus Frankl von der "Schnelle Liebe" wird es aber auch Drinks geben, natürlich. Mit diesen in der Hand können sich die Künstler des Kollektivs und die Besucher über das Gelände verteilen; zwischen den bunten Containern sind Hochbeete, Sitzgelegenheiten und Lichtquellen arrangiert.

Einen Bauernmarkt könnte sich Robinson Kuhlmann gut vorstellen, bei dem sich die Angestellten des Werksviertels morgens etwas für die Mittagspause oder für daheim besorgen; ein Flohmarkt ließe sich über das Gelände verteilen und ein Open-Air-Kino würde sich auch ganz gut machen. Die Ideen sind vielfältig und jeder Besucher lässt eine neue einfließen, die verschachtelten Container laden geradezu zum Fantasieren ein; eine bunte Spielstadt für Erwachsene; für Künstler und Veranstalter. Es könnte das junge, wilde Vorzeigeprojekt des Werksviertels werden, der Gegenpol zum Konzertsaal. Vorzeigeprojekte der Hochkultur und Subkultur einen Steinwurf voneinander entfernt.

Noch ist es ruhig im Container Collective. Die ersten Mieter ziehen gerade ein, gestalten sich die Container so aus, wie sie sie brauchen. Was wild und industriell wirkt, hoch stehende Container, eingefräste Glasfronten und Stahlgeländer, ist sorgfältig geplant und abgestimmt. Die Container sind gedämmt, damit die Leute drinnen nicht frieren, Stromleitungen wurden verlegt. Befristet ist das Projekt erst einmal auf drei Jahre. Schluss muss dann noch nicht sein. Die Ideen reichen für das doppelt und dreifache.

© SZ vom 17.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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