Wie kaum einer anderen Künstlerin gelingt es Barbara Yelin, „durch ihre atmosphärisch dichten Zeichnungen (…) eine Sprache für das Unsagbare zu finden.“ Außerdem setzt sich die Münchnerin gegen Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit ein. Und sie engagiert sich „unermüdlich für die Vernetzung der Comic-Szene“. Da kommt also so einiges an Preiswürdigem zusammen, wie diese Auswahl an Argumenten zeigt, mit denen die Jury des Max-und-Moritz-Preises 2024 die Auszeichnung von Barbara Yelin mit dem diesjährigen „Spezialpreis der Jury“ begründet. Verliehen bekommt ihn die Münchner Comic-Künstlerin am 31. Mai bei der Max-und-Moritz-Gala im Erlanger Markgrafentheater, bei der diesjährigen Ausgabe des Comic-Salons.
Die Gala ist wie immer einer der Höhepunkte des wichtigsten deutschen Comic-Festivals, das vom 30. Mai bis 2. Juni in Erlangen stattfindet. Wer dort den Sonderpreis für ein herausragendes Lebenswerk bekommt, steht ebenfalls schon fest. Und zwar wird das der französische Comic-Künstler, Regisseur, Drehbuchautor und Romancier Joann Sfar sein, den man vor allem für seine 2001 gestartete Serie „Die Katze des Rabbiners“ kennt. Sein neuestes Werk „Die Synagoge“ ist im letzten Oktober auf Deutsch erschienen. Ansonsten können in diesem Jahr 25 Titel auf den Max-und-Moritz-Preis hoffen. Davon erwähnt sei hier nur Anke Feuchtenbergers Buch „Genossin Kuckuck“, das als erste Graphic Novel überhaupt in diesem Jahr auch für den Leipziger Buchpreis nominiert war.
Und das völlig zu Recht. Zeigt Feuchtenberger mit dieser in der DDR verorteten Comic-of-Age-Geschichte, wozu das Medium Comic fähig ist. Beim Comic-Salon weiß man das natürlich schon lange, zu dessen Programm neben der beliebten Verlagsmesse wieder zahlreiche Ausstellungen gehören. Eine davon ist die erste deutsche Werkschau zu Joann Sfar, die den französischen Künstler zusätzlich ehrt. Das Kunstmuseum würdigt mit den „Katzenjammer Kids“ den „ältesten Comic der Welt“. Im Kunstpalais gibt es unter dem Titel „Wasserzeichen“ Comics über das fluide Element zu sehen und im Kunstverein Werke von Steven Appleby, der 2022 für seinen Comic „Dragman“ den Max-und-Moritz-Preis erhielt. Und eine Schau in der Ladengalerie widmet sich der weltweiten „Urban Sketching“-Bewegung.
Ebenfalls in der Ladengalerie fragt die Ausstellung „Draw for Change. Künstlerischer Widerstand“, welchen Wert politische Zeichnungen haben, angesichts der vielen Übeln in der Welt. Passend dazu werden am selben Ort unter dem Titel „Leben in der Kriegszone“ Comics aus der Ukraine gezeigt. Außerdem wird das im Januar gestartete Online-Comic-Projekt „Wie geht es dir? Zeichner*innen gegen Antisemitismus, Hass und Rassismus“ vorgestellt. Und damit wären wir beim anderen, die täglichen Nachrichten bestimmenden Krieg: dem in Gaza.
Dass dieser nicht nur die Literatur- und Film-, sondern auch die Comic-Szene mehrheitlich entzweit hat, das hat vor ein paar Wochen der Tagesspiegel-Redakteur Lars von Törne in einer erhellenden Reportage gezeigt. Beim Comic-Salon wird er nun am 30. Mai um 17.30 Uhr in der Orangerie mit Andrea Karimé, Véronique Sina und Birgit Weyhe über das Thema „Der Nahost-Konflikt im Comic“ sprechen. Die drei Frauen gehören genauso wie Barbara Yelin zu den Initiatorinnen des Projekts „Wie geht es dir?“. Gestartet haben sie es im Januar mit der Hoffnung oder auch Überzeugung, dass gerade das in Erlangen gefeierte Medium Zeichnung zum Dialog beitragen, „aufklären und Nähe schaffen kann“.