Aktuelle Kritik aus dem ersten KonzertMit Coldplay kurz die Welt retten

Lesezeit: 3 Min.

Ein gut gelaunter Chris Martin beim ersten von drei Coldplay-Konzerten in München.
Ein gut gelaunter Chris Martin beim ersten von drei Coldplay-Konzerten in München. (Foto: Stephan Rumpf/Stephan Rumpf)

Nach Taylor Swift ist Coldplay dran. Drei Tage am Stück spielt die Band im Olympiastadion. An Tag eins covert Chris Martin Adele, zu Ehren der Freundin, die gerade am anderen Ende der Stadt Hof hält.

Von Michael Zirnstein

Es gibt viel zu tun, schon vor dem Konzert. Der Planet muss gerettet werden, und dafür springen ein paar Dutzend Gäste auf dem Spielfeld des Olympiastadions wie in einem Trampolinpark auf und ab. Coldplay haben dafür einen kinetischen Tanzboden aufbauen lassen, der die Hopserei in Energie umwandelt. 9256 Joules an Energie werden gerade erzeugt, steht auf den runden Bildschirmen über der Bühne. Das reicht aber noch nicht: Für jeden Gast wurde zusätzlich ein Baum im Yellowstone-Nationalpark gepflanzt.

Kein Ticket und auch keinen gepflanzten Baum – insofern sind die Tausenden draußen außerhalb des Stadions natürlich Gäste zweiter Klasse. Aber sie haben ihren ganz entspannten Spaß. Der Olympiaberg ist wieder überstreuselt mit Tausenden bunten Zaungästen und ihren Picknickdecken, es sieht nicht nach weniger aus als bei den Konzerten von Taylor Swift. Das Münchner Pop-Open-Air-Sommermärchen kann weitergehen.

Konzert im Olympiastadion
:Coldplay schickt Liebesgrüße an Adele

Beim ersten Konzert in München liefert die Band eine Mischung aus Lichtorgien, einem Überraschungsauftritt und zahlreichen Pop-Hits. Und sie schafft trotz der Routine solcher Shows individuelle Momente.

SZ PlusVon Michael Zirnstein

Die Menge drinnen im Stadion kann sich nicht ruhig zurücklehnen. Man tanzt sich warm, zu den Pop-Songs von Maggie Rogerts. Die an Vivaldi geschulte, in einem neckischen Beachlook auftretende Singer-Songwriterin hat in den USA schon ein Nummer-2-Album vorzuweisen. Die drei Gebärden-Song-Dolmetscher im Stadion bringen sich schon einmal in Stimmung.

Coldplay denken an alle und an alles. Man soll jetzt ein „Global Citizen“ werden, T-Shirts kaufen, die Ozeane aufräumen und eine App herunterladen. Und nun bitte die Leuchtarmbänder anlegen, steht da auf der LED-Scheibe. Aber man soll sie auch nachher wieder abgeben. 97 Prozent der Konzertbesucher in Helsinki hätten sie dem Recycling zugeführt, steht da. Umweltschutz ist ein Wettbewerb. Ob die Gäste der ersten von drei ausverkauften Coldplay-Shows der „Music of the Spheres World Tour“ im Münchner Olympiastadion ein Stückchen des Planeten retten werden? Sphärischer Klingklang erklingt schon einmal als Intro.

Auf dem Taylor Swift Hill haben es sich diesmal die Coldplay-Fans gemütlich gemacht.
Auf dem Taylor Swift Hill haben es sich diesmal die Coldplay-Fans gemütlich gemacht. (Foto: Stephan Rumpf/Stephan Rumpf)

Volle Schub- und Leuchtkraft

Zwei Umwelt-Aktivisten kommen mit „Servus“ auf die Bühne. Sie holen aber keine Kleberkanister heraus, sondern kündigen nur einen „kurzen“ Beitrag an. Es geht darum, wie wir mit unserem Ticket die Erde retten. Ach so. Für jeden Punkt gibt es Szenenapplaus.

Es wäre jetzt aber schade bei all der Umwelterziehung beim ersten richtigen Song nur an die zugehörige Elektro-Auto-Werbung von BMW zu denken: Mit „Higher Power“, dem Hit der aktuellen Platte, geht es los. Dazu blinken schon die Armbänder in allen Farben, das ganze Publikum eine Pixelleinwand. Schön, was Elektrizität alles schafft.

„Joy is electric“, singt Chris Martin. Er sieht agil aus und lächelt, als hätte er sich auf seinem privaten kinetischen Dancefloor aufgeputscht. In die erste Konfetti-Explosion mischen sich die ersten Wohohoho-Chöre. Der Sänger startet die Tanzparty unter Riesenluftballons mit einem „Freunde, eins, zwei, drei vier…“und dem pluckernden Song „Adventures of a Lifetime“. Nach dem etwas schleppenden Countdown ist das ein Konzertraketenstart von Null auf Hundert in zwei Nummern. Volle Schub- und Leuchtkraft, das Coldplay-Triebwerk läuft, das Publikum lässt sich vom Sog mitreißen, sehr textsicher bei „Paradise“. Das ist der beste Zeitpunkt für einen der größten Knaller der Band: „The Scientist“ am Piano.

Ein Cover für die Freundin Adele

Zum ersten Mal weicht die Band nach Martins herzlicher Ansprache auf Deutsch vom üblichen Plan ab: „Weil unsere Freundin heute in der Stadt ist“, sagt er und spielt „Someone like you“ von Adele an.

Drei Mal füllen Coldplay auf ihrer seit zwei Jahren laufenden Tournee „Music of the Spheres“ das Münchner Olympiastadion, nach dem Auftaktkonzert noch einmal am Samstag und Sonntag. Das ist der bisher größte Stopp der britischen Weltstars hier. Im Laufe ihrer nun bereits 28-jährigen Karriere haben sich die Pop-Rocker auch an der Isar ein treues Publikum erarbeitet. Den ersten geplanten Auftritt im Jahr 2000 im Colosseum (der heutigen Tonhalle) zusammen mit zwei weiteren Newcomern mussten sie allerdings krankheitsbedingt absagen, für sie sprang die Band Starsailor ein.

Ihr erstes Konzert in München war dann zwei Jahre später im Zenith. Mit einem Grammy und der neuen Platte „A Rush of Blood in the Head“ spielten sie in der (mit Tüchern verkleinerten) ehemaligen Eisenbahnreparaturhalle. 2012 füllten Coldplay zum ersten Mal das Olympiastadion, sie trotzten dem Wetter und ihrem nicht gerade umjubelten Album „Mylo Xyloto“.

Als man dachte, Coldplay werden immer größer und größer, spielten sie in München ihr kleinstes Konzert: 2014 traten die Stadionrocker vor 1500 handverlesenen Fans in der BMW-Welt auf und ließen sich danach bei der VIP-Party mit der BMW-Eignerfamilie blicken. Ihr bisher letzter Besuch fand auf der „Head Full of Dreams“-Tour 2017 statt – diesmal wieder Olympiastadion. Danach kündigte Chris Martin an, wegen der großen Umweltbelastung nicht mehr auf Tour gehen zu wollen. Erst seit die Band herausgefunden hat, wie sie ihren CO₂-Fußabdruck verkleinern kann, geht sie wieder auf Weltreise.

Das ist eine Kurzkritik aus dem laufenden Konzert am Donnerstagabend, eine ausführliche Kritik folgt am Freitagfrüh.

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