Partys in der KarwocheWo trotz Tanzverbot gefeiert wird

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„Nicht nur Ungläubige sind willkommen“, betont der Bund für Geistesfreiheit, der zu 40 Veranstaltungen einlädt (wie hier in der Nachtgalerie).
„Nicht nur Ungläubige sind willkommen“, betont der Bund für Geistesfreiheit, der zu 40 Veranstaltungen einlädt (wie hier in der Nachtgalerie). (Foto: Robert Haas)

In München wird eine „Club-Revolution“ gegen die Stillen Tage ausgerufen: 40 Partys steigen in 28 Lokalen in der Karwoche dank eines Verfassungsgerichtsurteils. Das klappt in einer anderen bayerischen Metropole noch nicht so gut.

Von Michael Zirnstein

Bevor sich jemand nun aufregt, was da für eine Gängelei der Clubs in München an den sogenannten Stillen Tagen herrscht, lohnt sich ein Blick nach Nürnberg. Dort ist alles noch viel schlimmer. Aus Sicht der verhinderten Veranstalter zumindest. Eine kurze Erinnerung: Wie die Kollegen aus der Landeshauptstadt wollten dort schon 2024 endlich auch 14 Clubs am Karfreitag zum Feiern aufschließen.

Mit Berufung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 wollte man Artikel 5 des bayerischen Feiertagsgesetzes, welcher Veranstaltungen mit unterhaltendem Charakter an den neun Stillen Tagen in Bayern verbietet, aushebeln. Denn die Initiative Bund für Geistesfreiheit (BfG) hatte sich durch alle Instanzen geklagt und einen Ausnahme-Freibrief für ihre „Heidenspaß statt Höllenqual“-Partys und alle andere Feten erstritten, wenn sich diese explizit weltanschaulich gegen das katholische Trauergebot richten.

In Nürnberg sah es das Ordnungsamt allerdings anders, machte laut BfG „allerlei unnötige Auflagen“ gegen die geplante Reihe „Nürnberg will tanzen“. Der BfG wollte eine einstweilige Anordnung erwirken, doch das Bayerische Verwaltungsgericht in Ansbach gab dem Ordnungsamt recht. Und es blieb auch im Hauptsacheverfahren am 5. März 2025 dabei, mit der Begründung, dass es sich bei den Clubs um publikumsstarke Betriebe in der Innenstadt handele. So darf auch an diesem Karfreitag in Nürnberg einzig und allein im Club Rakete in einem Gewerbegebiet gefeiert werden.

Beim BfG ist man sauer, zumal am ebenfalls stillen Karsamstag das große Nürnberg Volksfest mit etwa 125 000 Besuchern täglich startet. „Wie da der ernste Charakter des Tages gewahrt werden wird, kann sich jeder selbst ausmalen. Gar nicht!“, sagt die BfG-Wortführerin Assunta Tammelleo. Dass in Nürnberg „offensichtlich mit zweierlei Maß“ gemessen werde, hält sie für „verlogen“. Und auch die Betroffenen, etwa beim Club Stereo, beklagen die „Zwangspause“, in der mit einem Ordnungsgeld rechnen müsse, bei dem „der Ball im Tischkicker zu laut ist oder die Discokugel sich dreht“ – zumal die „Clubkultur zu einem großen Teil ums Überleben kämpft“.

In München ist man weiter, da lobt Assunta Tammelleo die erneute kooperative und reibungslose Zusammenarbeit mit dem Kreisverwaltungsreferat. Bis zur Feier der Auferstehung Jesu am Ostersonntag also wieder ausnahmslos und offiziell alle fröhlich sein dürfen, können demnach bereits an Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag 40 Veranstaltungen in 28 Münchner Clubs, Bars und Tanzschulen ein „buntes Programm“ mit Musik und Tanz bieten.

Am Gründonnerstag (ein stiller Tag, obwohl gearbeitet werden muss) wird sogar die „Clubrevolution München“ ausgerufen: Bei „Bayerns größter Party gegen das Tanzverbot“ kommt man mit einem Sammelticket für zehn Euro in insgesamt 21 Clubs (von 21 bis 5 Uhr): Das Angebot reicht vom „After University Clubbing“ in Die Bombe über Live-Musik in der Keg Bar zu „Partysound und Gin“ im Gin City bis zum „Abriss vorm langen Osterwochenende“ auf allen fünf Tanzflächen der Riesendisco Neuraum, etwa mit Techno-Star Niels van Gogh. Bei der „Club-Revolution“ machen mit (in alphabetischer Reihe): 089 Bar, Americanos, Bistro No. 2, Die Bombe, Filmcasino, Gin City, Goldener Reiter, Helene, Kölsch Bar, La Nuit, Lenbachs, Milchbar, Nachtgalerie, Nachtwerk, Neuraum, Pacha, Prosecco Bar, Schlagergarten, Sugar Shack, Sweet Club, The Keg Bar und Unter Deck.

Einige wenige dieser Clubs machen dann auch Freitag- und Samstagnacht weiter. Dabei werden die Gäste allerdings nicht nur „heiße Pop-Beats und Bunny Vibes“ (Prosecco Munich) auf die Ohren bekommen, sondern auch Reden. Denn laut Auflagen müssen die Geistesfreien bei ihren Veranstaltungen „regelmäßig ihre Anliegen erläutern“. Nichts leichter als das: „Tanzverbote sind Instrumente der Bevormundung und Kontrolle von Menschen. Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, Menschen Vorschriften zu machen, wie sie an einem Feiertag ihre Freizeit verbringen sollen“, erklärt Assunta Tammelleo. Der BfG will seine Ansicht niemandem aufdrängen, gleichwohl aber alle einladen: „Nicht nur Ungläubige sind willkommen, sondern auch Gläubige, Andersdenkende, Zweifelnde jeden Alters, jeden Geschlechts, jeder sexuellen Orientierung, jeder Herkunft.“

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